vorgänge Nr. 174: Die Grenzen Europas?

vorgänge Nr. 174: Die Grenzen Europas?

Die Grenzen Europas?

vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, 45. Jahrgang, Heft 2 (Juni 2006)

 

Nach den Grenzen Europas zu fragen kommt auf dem ersten Blick dem Versuch gleich, sich einen Reim auf eine Contradictio in adjecto zu machen. Denn nicht in der Festlegung sondern in der Überwindung von Demarkationslinien manifestiert sich die Gründungsphilosophie dessen, was mittlerweile zu einer Europäischen Union gereift ist. Die Einbeziehung immer neuer Staaten war die Wegmarke, an der europäischer Fortschritt gemessen wurde. Und so galt noch bis in jüngster Zeit die EU als ein nach vorne offenes Projekt. Erweiterung und Integration schienen wie zwei Seiten einer Medaille zu sein. Natürlich hat es auch schon frühzeitig Rückschläge gegeben, angefangen mit der Luftnummer einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, doch diese ließen sich als temporäre Widrigkeiten, als nationaler Eskapismus einer Entwicklung verbuchen, der man allseits eine geradezu historische Notwendigkeit zusprach. Diese Historie hat sich als gemeinsame Sinnressource erschöpft. Sie war vornehmlich eine der Kernländer der EU. Mittlerweile wird offen und geradezu mit Erleichterung über die Finalität Europas nachgedacht, als wäre es der einzige Deckel, der auf diesen Topf noch passen kann. 

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