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Mehr Bewegungs­frei­heit: Parla­ment­san­hö­rung zur Residenz­pflicht in Schles­wig-Hol­stein

29. Oktober 2010

Mitteilungen Nr. 210 (3/2010), S. 30-31

Am 25. August fand vor dem Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags die Anhörung zur Lockerung der Residenzpflicht statt. Neben sechs weiteren Organisationen, die im Vorfeld ihre schriftliche Stellungnahme abgaben, war auch die HU bei der mündlichen Anhörung vertreten.

Mit dem 1982 eingeführten Gesetz über Asylverfahren (AsylVfG) schränkt Deutschland das Grundrecht auf freie Bewegung für AsylbewerberInnen und Geduldete massiv ein. Für derzeit 200.000 Menschen bedeutet dies, dass sie sich aus dem Landkreis, in dem sie gemeldet sind, nur mit einer vorher zu beantragenden Verlassenserlaubnis (für die Grund und Ziel der  Reise zu nennen sind) entfernen dürfen. Neben Fahrtkosten und Zeitaufwand müssen für diese Erlaubnis in einigen Kreisen und Städten wie in Flensburg auch noch Gebühren von 10 Euro entrichten  werden, für die keine Rechtsgrundlage besteht (Verwaltungsgericht Halle, 26.10.2010). Besuche zu Kindern, Verwandten, Veranstaltungen, Ärzten etc. werden so massiv erschwert. Verletzungen der Residenzpflicht können mit Geldstrafen und im Wiederholungsfall auch mit Freiheitsentzug geahndet werden. Die so straffällig gewordenen gehen in die Kriminalstatistik ein, ihr „Delikt“ ist ein Abschiebungsgrund. 

Seit Jahren setzen sich Bürgerrechtsorganisationen für die Abschaffung der in Europa einmaligen Residezpflicht ein. Gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Brandenburg gab die HU 2009 die Broschüre „Keine Bewegung“ heraus und beteiligte sich an  einem Rechtsgutachten zur Residenzpflicht.  Auf Landesebene kann danach der Innenminister mit einer Rechtsverordnung die Aufenthaltsbeschränkung  für  mehrere Landkreise und das gesamte Bundesland  gestatten. Nordrhein-Westfalen und Brandenburg gestatteten in diesem Jahr die Bewegungsfreiheit für  das gesamte Bundesland. Berlin und Brandenburg haben  am 29. Juli 2010 erstmals mit Geltung für zwei gesamte Bundesländer einen solchen Erlass in Kraft gesetzt. Damit ist ein weiterer Schritt auf dem langen Weg zur Abschaffung der Residenzpflicht geschafft.

Der Schleswig-Holsteinische Innenminister Schmalfuß kündigte wenige Stunden vor der mündlichen Anhörung an, noch im Herbst eine Ausweitung der „Aufenthaltsbezirke“ auf das ganze Land Schleswig-Holstein zu veranlassen. Während der Anhörung sicherte er zu, mit den benachbarten Bundesländern Gespräche aufzunehmen, um AsylbewerberInnen und Geduldeten auch grenzüberschreitende Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Initiativen und eine kürzlich abgeschlossene Onlinepetition dazu führen, dass die gesetzlichen Grundlagen der Residenzpflicht auch auf Bundesebene bald abgeschafft werden.

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