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Der Patien­ten­brief "Ihre Rechte als Patient"

16. Dezember 1978

Aus: vorgänge 36 Heft 6 Dezember 1978, S. 113-115

Beth Israel Hospital, Boston

Das Beth Israel Hospital in Boston war eines der ersten Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten, die jedem neu eingelieferten Patienten ein Papier mit dem Titel Ihre Rechte als Patient ausgehändigt haben. Im folgenden der Text:
Das Beth Israel Hospital, seine Ärzte, seine Schwestern und sein gesamtes Personal sind verpflichtet, Ihnen als unserem Patienten hervorragende Pflege zu gewährleisten. Es ist immer unsere Haltung gewesen, Ihre Individualität und Ihre Würde zu respektieren. Diese Auflistung veröffentlichen wir, um sicherzugehen, dass Sie Ihre althergebrachten Rechte als Patient von Beth Israel kennen.

  1. Sie haben das Recht auf die beste medizinisch indizierte Pflege Ihres Falles, das heißt auf die angemessenste verfügbare Behandlung ohne Ansehen der Hautfarbe, Rasse, Religion, nationalen Herkunft und Quelle der Geldmittel für Ihre Behandlung.
  2. Sie haben das Recht auf respektvolle Behandlung seitens anderer; das Recht, mit Ihrem richtigen Namen und ohne unzulässige Vertraulichkeiten angesprochen zu werden; das Recht, angehört zu werden, wenn Sie eine Frage haben oder weitere Auskunft wünschen, und das Recht auf eine angemessene und hilfreiche Antwort.
  3. Sie haben das Recht zu erwarten, dass Ihre Individualität respektiert wird und dass dabei Unterschiede im kulturellen und Bildungshintergrund berücksichtigt werden.
  4. Sie haben das Recht auf unangetastete Privatsphäre. In den Kliniken sollten Sie mit Ihrem Arzt, der Schwester, anderem Pflegepersonal oder dem Verwaltungsangestellten in völliger Diskretion sprechen können und wissen, dass Auskünfte, die Sie geben, weder abgehört noch ohne Ihre Einwilligung an andere weitergegeben werden. Vom Hospital können Sie, wenn Sie sich in einem halbprivaten Raum aufhalten, ein angemessenes Bemühen erwarten, die Unterredung privat zu halten. Wenn Sie untersucht werden, haben Sie ein Recht auf Privatsphäre — dass alle Vorhänge zugezogen werden, dass man Sie unterrichtet, welche Rolle ein eventueller Beobachter in Ihrer Pflege spielt, dass jedweder Beobachter, der mit Ihrer Pflege nicht befasst ist, den Raum zu verlassen hat, wenn Sie dies wünschen. Wenn Sie stationär behandelt werden, darf kein Außenstehender Sie ohne Ihre Erlaubnis aufsuchen. Ihr Krankenblatt unterliegt ebenfalls der völligen Diskretion, und keine Person und Instanz außer denen, die Sie pflegen, darf ohne Ihre ausdrückliche Erlaubnis Einsicht in Ihr Krankenblatt nehmen.
  5. Sie haben das Recht, den Namen des Arztes zu erfahren, der für Ihre Pflege verantwortlich ist; mit diesem Arzt oder anderen Personen, die Sie pflegen, zu sprechen; sämtliche Auskünfte zu erhalten, die notwendig sind, damit Sie Ihre medizinischen Probleme, den geplanten Behandlungsverlauf (einschließlich voller Information über die Verfahren und Tests jeden Tages) und Ihre Prognose oder den medizinischen Ausblick auf Ihre Zukunft ganz erfassen können; angemessene Unterweisung hinsichtlich Selbstpflege, Verhinderung von Invalidität und Erhaltung der Gesundheit zu erhalten. Sie haben das Recht, dem Arzt jedwede Frage zu stellen, die Ihnen im Hinblick auf Ihre Gesundheit Sorgen bereitet. Sie haben das Recht zu erfahren, wer eine Operation oder eine Untersuchung durchführen wird, und Sie haben das Recht, diese Prozeduren abzulehnen. Da unser Haus eine Universitätsklinik ist, können Sie in Kontakt mit Ärzten, Schwestern und anderem Personal kommen, die sich in der Ausbildung befinden, oder Sie können gebeten werden, sich für besondere Studien zur Verfügung zu stellen. Wir meinen, dass die Anwesenheit von Lernenden die Qualität der Pflege und Versorgung hebt. Nichtsdestoweniger haben Sie das Recht auf volle Erläuterung jedweden Forschungsprojekts oder jedweden Ausbildungsprogramms für Studenten, ehe Sie Ihre Einwilligung zur Teilnahme daran geben, und Sie haben das Recht, die Teilnahme abzulehnen. Wenn Sie den von Ihrem Arzt empfohlenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zustimmen, können Sie aufgefordert werden, eine schriftliche Einwilligung zu unterzeichnen; lehnen Sie die Maßnahme hingegen ab, haben Sie ein Recht auf die bestmögliche Hilfe, die das Hospital Ihnen unter den gegebenen Umständen noch bieten kann.
  6. Sie haben das Recht, das Krankenhaus selbst dann zu verlassen, wenn Ihre Ärzte Ihnen gegenteiligen Rat geben, solange Sie nicht unter bestimmten Infektionskrankheiten leiden, die die Gesundheit anderer beeinträchtigen können, oder solange Sie nicht unfähig sind, Ihre eigene Sicherheit zu gewährleisten, wie sie durch das Gesetz definiert ist. Wenn Sie sich entscheiden, das Krankenhaus zu verlassen, ehe Ihre Ärzte es Ihnen raten, ist das Hospital für irgendwelche Schäden, die Ihnen daraus erwachsen, nicht haftbar oder verantwortlich, und Sie werden aufgefordert, ein Formblatt mit dem Vermerk „Entlassung erfolgt entgegen ärztlichen Rat” zu unterschreiben.
  7. Sie haben das Recht, die Möglichkeiten finanzieller Beihilfen zur Begleichung Ihrer Krankenhausrechnungen zu erkunden und das Recht auf Information über solchen Beistand und auf Hilfe zu seiner Erlangung.

Allerdings obliegen dem Patienten auch bestimmte Verpflichtungen, die sie im eigenen Interesse einhalten sollten:

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