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Antrag von Abgeord­neten der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die Linke

26. Mai 2006

BT-Drucks. 16/1622 vom 26.05.2006

„Richtlinie zur Vorrats­da­ten­spei­che­rung durch den Europä­i­schen Gerichtshof prüfen lassen“

Die Abgeordneten der Bundestagsfraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die Linke fordern die Bundesregierung auf, gegen die erlassene Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung eine Nichtigkeitsklage vor dem EuGH zu erheben.

Begründet wird der Antrag damit, dass die Richtlinie auf eine falsche Rechtsgrundlage ergangen sein soll. Ursprünglich sollte ein Rahmenbeschluss nach den Artikeln 31 und 34 EU-Vertrag erlassen werden. Aufgrund der fehlenden Einstimmigkeit konnte dieses Vorhaben jedoch nicht umgesetzt werden. Daraufhin wurde beschlossen, dass die Richtlinie 2006/24/EG auf Grundlage des Artikels 95 EG-Vertrag verabschiedet wird, welcher eigentlich als Rechtsgrundlage für die Harmonisierung des Binnenmarktes dient und mithin primär im Bereich des freien Warenverkehrs zur Anwendung kommt. Dies bildet auch den Kernpunkt der Kritik der Opposition im Deutschen Bundestag. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH müsse sich die Wahl der Rechtsgrundlage für einen Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften nach objektiven, gerichtlich nachprüfbaren Umständen richten. Zu denen zählen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsaktes. Das Ziel der vorliegenden Richtlinie sei es, mit Hilfe der Vorratsdatenspeicherung die Strafverfolgung europaweit zu verbessern und die Regelungen in diesem Bereich zu vereinheitlichen. Dieses Ziel wird in der Richtlinie auch ausdrücklich benannt (Erwägungsgründe 5 bis 11 Richtlinie 2006/24/EG). Dies hat zur Folge, dass nicht die EG, sondern die EU auf Grundlage der Art. 31 und 34 EU-Vertrag in diesem Bereich die alleinige Kompetenz zur Regelung gehabt hätte und dies auch nur im Bereich der sogenannten 3. Säule für die „polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen“. Die Begründung, dass die gewählte Ermächtigungsgrundlage die richtige sei, stützt sich auf zwei Gutachten: zum einen auf das Gutachten des Juristischen Dienstes und zum anderen auf ein Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission. Beide Gutachten kommen zum Ergebnis, dass durch die Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG ein gemeinschaftlicher Besitzstand geschaffen wurde und in diesen gemäß Art. 47 EG-Vertrag nicht eingegriffen werden darf. Mithin sei die gewählte Rechtsgrundlage die richtige. Dagegen halten die Oppositionsabgeordneten jedoch, dass ein Verstoß gegen Art. 47 EG-Vertrag nur vorläge, wenn in der Datenschutzrichtlinie auch die Vorratsdatenspeicherung geregelt wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. In der Richtlinie 2002/58/EG findet man lediglich eine Klausel (Punkt 11), die besagt, dass die Mitgliedsstaaten Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung erlassen dürfen, ohne damit die Datenschutzrichtlinie zu verletzen. Ein Besitzstand wurde somit nicht geschaffen. Das vorgebrachte Argument wäre mithin nicht haltbar.

Die Abgeordneten bemängeln außerdem, dass der Wechsel von der dritten in die erste Säule rein politisches Interesse verfolgt hätte. Solchen Präzedenzfällen müsse man auf EU-Ebene vorbeugen, da andernfalls eine willkürliche Anzahl von Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass von Rechtsakten vorprogrammiert sei.

Deshalb müsse die Bundesregierung Nichtigkeitsklage erheben und bis zur Entscheidung des EuGH die Umsetzung der Richtlinie aussetzen. Der Schaden, der entstehen würde, wenn man eine nichtige Richtlinie umsetzt, um anschließend nach der Entscheidung des EuGH das Umsetzungsgesetz wieder zurückzunehmen, wäre gravierend.

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