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Kirche und Arbeits­recht - zurück ins Mittelalter!

01. Juli 2015
Datum: Mittwoch, 01. Juli 2015
Uhrzeit:20:00:00 Uhr

Diskussionsveranstaltung mit Dr. Till Müller-Heidelberg

Mittwoch, 1. Juli 2015, 20 Uhr c.t.

Universität Freiburg, Platz der Universität 3, Kollegiengebäude I, Raum 1098

Mit ca. 1,3 Millionen Beschäftigten sind die Kirchen in Deutschland die größten Arbeitgeber nach dem Staat. In vielen Bereichen unseres Landes sind die Kirchen Monopol-Arbeitgeber: Ärzte, Erzieher, Sozialarbeiter, Pflegekräfte haben häufig keine Wahl, ob sie in einer staatlichen oder kirchlichen Institution arbeiten wollen.
Die Beschäftigten kirchlicher Einrichtungen arbeiten und leben in einem arbeitsrechtlichen Sonderregime. Ein solches Sonderrecht ist dort gerechtfertigt, wo es um den eigentlichen kirchlichen Verkündigungsbereich geht, also insbesondere bei Pfarrern und sonst seelsorgerisch tätigen Personen. Der aus der Weimarer Reichsverfassung in unser Grundgesetz übernommene Art. 137 schließt alle kirchlichen Beschäftigten, ob seelsorgerisch tätig oder nicht, von der Geltung des Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht aus, verhindert weitgehend den Abschluss von Tarifverträgen, verbietet den Gewerkschaften und Beschäftigten, vom grundgesetzlich geschützten Streikrecht Gebrauch zu machen; und lässt es zu, dass Beschäftigte, die aus der Kirche ausgetreten sind, fristlos gekündigt werden können.
In den letzten 15 Jahren hatte die Dominanz kirchlicher Vorgaben im Arbeitsrecht allmählich zu bröckeln angefangen, um nun noch abgesegnet durch das Bundesverfassungsgericht eine Rolle rückwärts ins gleichsam kirchliche Mittelalter zu machen.

Spektakulärster Fall in jüngster Zeit: Die Kündigung eines Chefarztes eines kirchlich betriebenen Krankenhauses, das zu 100 Prozent von der öffentlichen Hand finanziert ist. Der Chefarzt hatte nach einer Scheidung erneut geheiratet. Alle drei Vor-Instanzen hatten die Kündigung für unwirksam befunden, nicht so das Bundesverfassungsgericht.

Unser Referent: Dr. jur. Müller-Heidelberg war langjähriger Vorsitzender der Humanistischen Union, die neben Themen des Datenschutzes, der Wahrung von Freiheitsrechten u.a. immer schon für die Trennung von Staat und Kirche eintritt und für die Aufhebung jeglichen Sonderarbeitsrechts für die Kirchenbeschäftigen. Sein jüngster Beitrag zum Thema befindet sich im soeben erschienenen „Grundrechte-Report 2015. Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“, der jährlich von acht Bürgerrechtsorganisationen unseres Landes herausgegeben wird (Fischer TB 03288, € 10.99).

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