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Kritik an Dublin IV

09. September 2016
Datum: Donnerstag, 23. Juni 2016

Antrag an und Diskussionsvorschlag für die Mitgliederversammlung der Humanistischen Union 2016

Antrag:

Die Humanistische Union (HU) schließt sich dem Protest gegen den vorliegenden Entwurf zur Dublin IV-Regelung an. Die HU fordert die Einführung einer Geldquote für diejenigen Länder, die Flüchtlinge aufnehmen. Die dafür nötigen Mittel sollen von den Ländern aufgebracht werden, die keine oder nur wenige Flüchtlinge aufnehmen. Die Aufnahme von Geflüchteten ist mit strikten Kontrollen zur Einhaltung von menschenrechtlichen Standards für die Aufnahme zu verbinden.

Erläuterungen:

Vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten anderthalb Jahre mehrten sich die Stimmen, die das Dublin-System für gescheitert erklärten. Auch Bundeskanzlerin Merkel stellte im Herbst 2015 in einer Rede vor dem Europäischen Parlament fest, dass das Dublin-System in seiner derzeitigen Form überholt sei. Umso mehr verwundert es, dass nun statt einer vollständigen Neuordnung des europäischen Asylsystems Pläne für eine Verschärfung des Dublin-Systems geschmiedet werden. „Dublin IV“ könnte gemäß dem am 4. Mai 2016 vorgelegten Entwurf die folgenden Neuregelungen enthalten:
Der Ablauf der im Dublin-Verfahren vorgesehenen Überstellungsfrist (in der Regel sechs Monate) soll nicht mehr zum Zuständigkeitswechsel führen. Dies hätte zur Folge, dass Geflüchtete noch nach Jahren in den Ersteinreisestaat abgeschoben werden könnten.

Der Selbsteintritt eines Staates soll auf familiäre Konstellationen beschränkt sein. Bislang stand die Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Ermessen des jeweiligen Staates. So hat Deutschland in der Vergangenheit häufig bei besonders schutzbedürftigen Personen den Selbsteintritt ausgeübt, was so nach Inkrafttreten der Neuregelung nicht mehr möglich wäre.

Die Drittstaatenregelung soll Vorrang gegenüber den Zuständigkeitskriterien haben. Dies bedeutet, dass zukünftig die Abschiebung in einen „sicheren Drittstaat“ zwingend Vorrang vor den Schutzgarantien der Dublin-Verordnung (z.B. Familienzusammenführung) hätte. Somit müsste ein in Griechenland ankommender Schutzsuchender, dessen Kernfamilie in Deutschland wohnt, beispielsweise direkt in die Türkei abgeschoben werden, anstatt nach Asylantragstellung zu seiner Familie weiterreisen zu können.
Künftig sollen auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Staat abgeschoben werden, in dem sie den ersten Asylantrag gestellt haben.
Perspektivisch wird sogar über diese menschenverachtenden Neuregelungen hinaus gedacht. So werden derzeit in EU-Kreisen z.B. Sanktionen für Asylsuchende, die in einen anderen Staat weiterreisen, erwogen.

Antragstellerin: Helga Lenz, HU Lübeck

Weitere Informationen:
Pro Asyl: Geplante Reform des Dublin-Systems: Verschärfungen stellen Flüchtlinge schutzlos, Pressemitteilung v. 23.06.2016
Pro Asyl: Geplante Reform des Dublin-Systems – Humanitäre Spielräume sollen abgeschafft werden, Positionspapier vom Juni 2016

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