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Empfeh­lungen für eine Social Media-Stra­tegie der Humanis­ti­schen Union

12. Juni 2017
Datum: Montag, 12. Juni 2017

Antrag 4 & Empfehlungen an die Mitgliederversammlung 2017

Bearbeitungsstand: 12.6.2017

0. Vorbe­mer­kungen

Die letzte Mitgliederversammlung der Humanistischen Union (HU) hat eine Arbeitsgruppe mit der Erstellung eines Social Media Strategie beauftragt. Der Beschluss lautete diesbezüglich:

„Der Vorstand wird beauftragt, mit Hilfe einer Arbeitsgruppe bis zur nächsten Mitgliederversammlung ein Online-Kommunikationskonzept unter Einschluss Sozialer Medien und unter Berücksichtigung der dafür nötigen Ressourcen vorzulegen.“

Nach Beratungen im Bundesvorstand und der Abstimmung über die Vorgehensweise hat sich eine Arbeitsgruppe konstituiert, der neben dem Geschäftsführer vier Mitglieder angehörten: Nadine Freialdenhoven, Stefan Hügel, Wolfgang Killinger und Norbert Reichling. Die Gruppe hatte ein Auftakttreffen am 5.3.2017 in Hannover und zwei Telefonkonferenzen; die Zwischenergebnisse wurden dem Bundesvorstand im April 2017 vorgelegt.

Die Arbeitsgruppe hat sich ausgiebig mit den Gefahren und dem möglichen Nutzen eines Social Media-Einsatzes befasst, hat eine Online-Umfrage unter (potenziellen) Nutzer/innen eines solchen Angebots gestartet, um die Erwartungen an einen solchen Auftritt abzufragen und hat darüber hinaus Social-Media-Verantwortliche aus ca. 15 NGOs zu ihren Erfahrungen und dem Ressourcenaufwand befragt. Die Ergebnisse dieser Umfragen und Befragungen sind in die vorliegenden Vorschläge eingeflossen.

Das vorliegende Papier fasst die Ergebnisse der Recherchen und Überlegungen der Arbeitsgruppe zusammen und spricht einige Empfehlungen zum Social Media Einsatz aus. Die Arbeitsgruppe sieht sich nicht in der Lage, eine fertige Social Media Strategie für die HU vorzulegen. Eine solche Strategie ist auf die konkreten Arbeitsschwerpunkte und Vorhaben der Organisation auszurichten. Je nachdem, ob sich die HU in der nächsten Zeit vor allem auf Lobbytätigkeiten, Musterklagen oder andere Formen des Protestes konzentriert, wären die Social Media-Aktivitäten entsprechend anzupassen.

1. Für und Wider eines SoMe-Ein­satzes in der HU

Die Arbeitsgruppe hat sich ausführlich mit den Chancen und Risiken eines Social Media-Einsatzes der HU befasst. Um der Mitgliederversammlung eine informierte Entscheidung zu ermöglich, sollen diese hier kurz erläutert werden:

Die Chancen liegen allgemein in der Erhöhung der kommunikativen Reichweite und damit in einer verbesserten Sichtbarkeit der Positionen und Inhalte der HU. Dieser Reichweitengewinn besteht vor allem darin:

  • Durch Facebook ergibt sich ein neuer Kommunikationskanal, der potenziell auch neue Interessenten anspricht. Facebook nutzen einerseits immer mehr Menschen, um sich – auch über das politische Tagesgeschehen – zu informieren; darüber hinaus nutzen mittlerweile viele Parteien (allen voran: AfD) und Bewegungen (etwa: #ichbinhier) dieses Medium, um sich mit Gleichgesinnten zu organisieren und gemeinsame Aktionen zu steuern. Indem die HU dort präsent ist, kann sie Menschen erreichen, die über andere Medien nicht mehr erreichbar sind. Voraussetzung dafür ist jedoch: Inhalte müssen „Social-Media-gerecht“ aufbereitet werden; analytische und abwägende Texte müssen auf klare Kernaussagen zugespitzt werden (kommunikative Ausrichtung), niedrigschwelliger gestaltet werden (einfache Sprache) und auf die in der Öffentlichkeit diskutierten Fragen reagieren (Heraustreten aus dem Eigendiskurs). Damit sich die HU an den politischen Debatten auf Facebook & Co. beteiligen kann, muss sie diese kontinuierlich beobachten, sich zeitnah einschalten und ihre Botschaften so formulieren, dass evtl. Alleinstellungsmerkmale der HU-Positionen klar erkennbar sind.
  • Facebook bietet die Möglichkeit, eine eigene Community aufzubauen und zu pflegen. Dazu lassen sich themen-/projektbezogene Gruppen einrichten, Themenlisten und Events verwalten etc. Die HU könnte dies einerseits für eine engere Kommunikation mit Mitgliedern nutzen (gerade für diejenigen, die keiner Regionalgruppe angehören). Wenn die HU geeignete Aktionsformen auf Facebook anbietet, könnte sie darüber zugleich Außenstehende / Interessenten zum Mitmachen einladen.
  • Die Präsenz in den Social Media ermöglicht „Zufallsbegegnungen“ mit der HU, für die es angesichts schwindender regionaler Verbandsstrukturen in der Fläche ansonsten weniger Gelegenheit als vor zwei Jahrzehnten gibt. Dies wird voraussichtlich wenig „Mitgliedschaft produzieren“, vergrößert aber den Resonanzraum für die HU-Positionen.
  • Der Zwang zur Komplexitätsreduktion, Zuspitzung und Visualisierung, dem wir uns bei Facebook etc. aussetzen, könnte auch für die übrige Öffentlichkeitsarbeit der HU ein hilfreicher Impuls für eine prägnantere Formulierung unserer Anliegen und Positionen sein.

Demgegenüber sind die Risiken eines Social Media-Engagements nicht zu leugnen. Sie beziehen sich vor allem auf die prekären Datenschutzbestimmungen der Anbieter sowie auf mögliche Anpassungseffekte bei der Nutzung dieser Medien:

  • Datennutzung durch das Unternehmen: Facebook (wie andere Social Media Anbieter auch) behält sich das Recht vor, alle Inhalte und Nutzerdaten (Verweildauer, Weiterleitungen, Kommentare …) zu lesen, auszuwerten und anderweitig zu verwenden. Soweit es um Inhalte der HU geht, die der Verein bereitstellt, ist das unkritisch – diese Daten sind ohnehin zur Veröffentlichung bestimmt und enthalten keine personenbezogenen Angaben. Die Auswertung durch Facebook betrifft jedoch auch alle Nutzer/innen und Besucher/innen des Angebots: um partizipieren zu können, müssen sie sich bei Facebook anmelden, werden identifiziert und zur Bereitstellung eigener Inhalte animiert; ihr Nutzerverhalten wird umfassend ausgewertet. Wer sich zum/zur Freund/in eines politischen Angebots macht, offenbart dadurch seine politische Einstellung – bspw. auch gegenüber potenziellen Arbeitgebern. Das kann im Einzelfall unerwünscht sein. Es gab bereits Fälle, in denen ein falsches „Like“ zu Konsequenzen im Arbeitsverhältnis führte. Die Datennutzung betrifft außerdem auch die Mitarbeiter/innen der Geschäftsstelle. Selbst wenn sie einen Verbandsaccount nutzen, ist ihr individuelles Nutzerverhalten für das Unternehmen höchstwahrscheinlich zuzuordnen.
    Der Umgang des Unternehmens mit persönlichen Nutzerdaten, wie er in den AGB festgelegt ist, wird von Verbraucher- und Datenschützern teilweise als rechtswidrig bewertet. Es besteht damit das Risiko, Mitglieder/Freunde (freiwillig) und Mitarbeiter (ggf. per „Weisung“) rechtswidrigen Praktiken auszusetzen. Die Nutzung sollte deshalb auf einen dedizierten Rechner und den HU-eigenen Account beschränkt bleiben.
  • Risiko für die Glaubwürdigkeit der HU in Datenschutzfragen: Die Symbolwirkung von Facebook als ein „datenschutzfeindliches“ Unternehmen (u.a. ausgezeichnet mit BigBrotherAward) beinhaltet das Risiko, dass die Glaubwürdigkeit der HU beschädigt wird, wenn sie den Dienst aktiv nutzt. Einige Datenschutzorganisationen (z.B. Chaos Computer Club, Digitalcourage, FIfF) verzichten bewusst auf die Nutzung von Facebook und vertreten das teilweise offensiv; einzelne Teilnehmer/innen der Online-Umfrage forderten, dass die HU auf keinen Fall bei Facebook aktiv werden dürfe.
  • Zensur-/Manipulationsgefahr: Das Unternehmen Facebook behält sich alle Rechte vor, Nutzer-Inhalte zu löschen, wenn sie gegen die Unternehmens-Policy verstoßen. Die orientiert sich häufig am US-amerikanischen Recht bzw. Moralvorstellungen. Die Verantwortlichkeiten des Unternehmens für angezeigte Inhalte sind Thema des derzeit diskutierten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Möglicherweise führt dieses Gesetz zu einer restriktiveren Löschpraxis der Anbieter, weil diese ihr Risiko einer Strafbarmachung mindern wollen. Aus den Snowden-Dokumenten sind zudem gezielte Manipulationstechniken bekannt geworden, mit denen Geheimdienste über Facebook organisierte Proteste (Demonstrationen etc.) sabotierten, indem sie Inhaltsdaten veränderten.
  • Erwartungskonformität: Um in den Sozialen Medien wahrgenommen zu werden und „auf Augenhöhe“ mitdiskutieren zu können müssten die HU-Inhalte so angepasst werden, dass sie in den Medien anschlussfähig sind und auch von Personen wahrgenommen werden, die nicht gezielt nach der HU suchen.

Angesichts zunehmender Schwierigkeiten der HU (und anderer NGOs), mittels klassischer Öffentlichkeitsarbeit ein größeres Publikum zu erreichen, erachten wir eine Nutzung durch die HU dennoch für sinnvoll und angezeigt. Bei ihrer Entscheidung für oder gegen einen Social Media-Einsatz durch die HU sollte die Mitgliederversammlung mögliche Risiken und konkrete Ziele sorgsam abwägen. Die Entscheidung sollte in jedem Fall konsequent sein. Ein halbherziger Einsatz (etwa Nutzung nur als Verkündungsplattform oder ohne zusätzliche Ressourcen) kann nicht die nötige Reichweite erzielen und wäre am Ende wirkungslos. Wenn sich die Versammlung umgekehrt gegen einen Social Media-Einsatz ausspricht, sollten umgehend Ideen für eine anders ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit der HU gesammelt werden.

EMPFEHLUNG 1

Die Arbeits­gruppe empfiehlt der Mitglie­der­ver­samm­lung der Humanis­ti­schen Union:

  • die Mitgliederversammlung spricht sich dafür aus, dass die HU – zunächst begrenzt auf eine zweijährige Erprobungsphase – sich eine Präsenz in den Social Media aufbaut und diese für ihre politische Öffentlichkeitsarbeit aktiv nutzt
  • der Bundesvorstand wird beauftragt, das Konzept für diesen Auftritt in Abstimmung mit den weiteren Arbeitsschwerpunkten der HU zu entwickeln und die notwendige Arbeitskapazität in der Bundesgeschäftsstelle dafür vorzusehen,
  • eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die das Engagement begleitet und evaluiert, und nach zwei Jahren der Mitgliederversammlung eine Empfehlung vorlegt, ob und in welcher Form es weitergeführt werden soll.

Für das Social Media-Engagement der HU empfiehlt die Arbeitsgruppe folgende Grundsätze:

  • Das Engagement sollte darauf ausgerichtet sein, die Reichweite und Wirksamkeit dieser Medien für die HU zu nutzen – ein Alibi-Engagement wäre ein schlechter Kompromiss.
  • Für Mitglieder und Interessenten muss es weiterhin möglich sein, alle von der HU bereitgestellten Inhalte (Pressemitteilungen, Veranstaltung, Publikationen etc.) auch ohne Social Media zu nutzen und sich an den Vereinsaktivitäten beteiligen zu können.
  • Die HU vermeidet es, Werbung für Social Media zu machen. Sie will die dort vorhandenen Nutzer/innen adressieren, nicht neue Nutzer/innen anlocken.
  • Die Humanistische Union ist sich der Verantwortung gegenüber Mitgliedern und Öffentlichkeit bei der Nutzung von Social Media bewusst und handelt entsprechend.

(Weitere Hinweise zur Umsetzung dieser Grundsätze folgen in Abschnitt 5.2)

2. Auswahl der geeigneten Dienste

Die Auswahl der geeigneten Dienste für eine Social Media-Strategie sollte drei Faktoren berücksichtigen:

  • beabsichtigte Zielgruppen
  • Verbreitungsgrad und Kommuniktations-/Nutzercharakteristiken der einzelnen Plattformen
  • verfügbare / bereitgestellte Inhalte und Besonderheiten des Anbieters.

2.1 Zielgruppen der HU

Mit ihrem Social Media-Einsatz spricht die HU drei unterschiedliche Zielgruppen an:

A) „Anti-Populisten“ und linksliberales Milieu: Angesichts des Aufschwungs rechtspopulistischer sowie nationalistischer Bewegungen und Parteien verzeichnen Meinungsforscher eine Rückbesinnung des liberalen Milieus auf Werte der Rechtsstaatlichkeit, des Parlamentarismus und der Demokratie. Während sich populistische Kreise zunehmend von den Verfassungswerten distanzieren, identifiziert sich das liberale Milieu immer stärker mit ihnen. Die HU mit ihrer vergleichsweise langen Tradition in solchen Themen scheint geeignet, um diesem Milieu eine politische Heimat zu bieten. Dazu müsste die HU Angebote für diese Menschen entwickeln, die einen hohen Identifikationswert bieten (Beispiel: Bekämpfung von Hass mit zivilgesellschaftlichen Mitteln anstatt mit staatlicher/privatwirtschaftlicher Zensur). .

B) Mitglieder, Freundinnen, Interessierte sowie deren Umfeld: Soziale Medien bieten die Chance, Mitglieder und Umfeld des Vereins stärker an der Vereinsarbeit partizipieren zu lassen. Sie können in dieser Hinsicht z.T. fehlende Regionalgruppen und Vereinserfahrungen vor Ort ersetzen.

C) Die rechtspolitische Fachöffentlichkeit aus Abgeordneten und Parteivertreter/innen, deren Mitarbeiter/innen sowie Fachjournalist/innen und Wissenschaftler/innen soll gezielt angesprochen werden: Durch die gezielte Ansprache dieser Kreise soll die Expertise der HU besser platziert, die Vernetzung und Verankerung der HU in der Fachöffentlichkeit verbessert sowie die mediale Resonanz der HU erhöht werden. („Journalisten, die uns von Twitter kennen, berichten eher über uns.“)

2.2 Verbrei­tungs­grad und Charak­te­ris­tiken der Dienste

Die Liste der reichweitenstärksten Dienste führen in Deutschland YouTube, Facebook, WhatsApp und Google+ an – je nach Erhebung in unterschiedlicher Reihenfolge. Einzelne Foren und Blogs haben einen deutlich engeren Wirkungskreis:

[Grafik Nutzerzahlen/Reichweite der Sozialen Medien in Deutschland]
Quelle: Marktforschung Faktenkontor

2.3 Inhalte der HU

Bisher produziert die HU vor allem Textinhalte: Pressemitteilungen, Stellungnahmen/Gutachten, Fachartikel … Hinzu kommen gelegentlich Bilder (von größeren Veranstaltungen) sowie vereinzelte Audio-/Videoaufzeichnungen. Alle Materialien bedürfen einer professionelleren Aufbereitung, um in Sozialen Medien eingesetzt werden zu können.

EMPFEHLUNG 2

Mit Blick auf die starke Texto­ri­en­tie­rung der HU, den Verbrei­tungs­grad verschie­dener Angebote in Deutschland sowie die begrenzten Ressourcen empfiehlt die Arbeits­gruppe:

  • die Social Media Aktivitäten der HU konzentrieren sich auf den Aufbau einer Facebook-Präsenz und die erweiterte Nutzung des bestehenden Twitter-Accounts.
  • Die neu einzurichtenden Facebook-Präsenz soll Externe ansprechen, Arbeitsergebnisse und Positionen der HU zeitgemäß präsentieren und nach Möglichkeit an bestehende Onlinedebatten anknüpfen. Zugleich sollen dort Angebote für Mitglieder und Freunde unterbreitet werden, die auf eine stärkere Beteiligung am Verbandsleben und Mitwirkungsmöglichkeiten ausgerichtet sind.
  • Mit dem Ausbau des Twitter-Accounts soll die Vernetzung mit Medien und Fachöffentlichkeit verbesser werden, um die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins wirkungsvoller zu gestalten.
  • Für die Einbindung multimedialer Daten sollten Flickr (Bilderpool) sowie YouTube (Einbindung von Audio-/Videomitschnitten) genutzt werden – jedoch mit deutlichem Hinweis auf den „Ablagecharakter“ dieser Angebote und Verweis auf die eigenen Webangebote der HU.
  • Begleitend wird eine redaktionelle Mitarbeit an der Wikipedia vorgeschlagen, um Argumente und Informationen der HU in relevanten Themenfeldern der Onlineenzyklopädie zu verankern.

Gründe für diese Auswahl:

  • Soweit vereinsexterne Personen angesprochen werden sollen, sollte sich die HU auf eine Plattform konzentrieren. Facebook ist die mit Abstand reichweitenstärkste Plattform in Deutschland.
  • Twitter eignet sich besonders für die Kommunikation in die Fachöffentlichkeit hinein, da der Dienst stärker von Journalist/innen, Politiker/innen und Wissenschaftler/innen genutzt wird, um z.B. kurzfristige Rückfragen zu stellen, Argumente auszutauschen …
  • Da die HU aus Kapazitätsgründen nicht immer tagesaktuell arbeiten kann, wäre eine Verankerung von Argumenten und Informationen der HU in der Wikipedia eine gute Ersatzstrategie, um die Sichtbarkeit des Vereins in Kernthemenfeldern zu verbessern.
  • Die multimediale Aufbereitung ihrer Inhalte muss die HU schrittweise lernen. Derzeit wäre eine auf Video- oder Bildinhalte fokussierte Social Media-Präsenz der HU nur mit großem Aufwand zu betreiben bzw. könnte nur wenige / qualitativ minderwerte Inhalte bereitstellen. 
3. Aufwand und Ressourcen

3.1 Intensität und Aufwand

Jenseits der Chancen und Risiken ist die Realisierung eines Social Media-Auftritts auch mit erheblichen Ressourcenaufwand verbunden:

  • Personalaufwand: ein ansprechender Facebook-Auftritt erfordert eine regelmäßige Betreuung. Es müssen Inhalte aufbereitet und bereitgestellt werden, laufende Debatten auf der Plattform sind zu verfolgen, um ggf. kurzfristig reagieren zu können … (s. 3.2.).
  • Externe Kosten: Obwohl die Grundfunktionalität von Facebook unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, sind für einen reichweitenstarken Auftritt Investitionen nötig, etwa für Zusatzfunktionalitäten und Werbeplätze innerhalb der Plattform; für Grafikleistungen und Bildlizenzen etc.

Die Intensität eines Social Media Engagements ist grundsätzlich nach oben offen. Sofern sich die Mitgliederversammlung für den Einsatz von Social Media ausspricht, sollte der Vorstand bei der Umsetzung folgende Fragen berücksichtigen:

  • Welche Aktivitätsschwerpunkte setzt der Verband mittelfristig und welche Rolle können dabei Social Media spielen?
  • Welche Prioritäten haben die Ziele/Zielgruppen des Social Media-Einsatzes (s. Abschnitt 2.1) für die HU?
  • Welche Ressourcen stehen zur Verfügung?

Die Intensität, mit der Organisationen Social Media einsetzen, lässt sich grob in drei Stufen unterscheiden (die Übergänge sind fließend):

I. „Visitenkarte“: minimalistischer Verweis auf Aktivitäten des Vereins (Pressemitteilungen, Veröffentlichungen, Veranstaltungshinweise), keine Kommunikation mit den Gegenüber 

II. Eintreten in den Dialog: nicht nur Verlautbarungen, sondern offener Dialog mit den Nutzer/innen; Aufgreifen von Rückmeldungen

III. Ausrichtung auf Social Media: spezielle Informations-/Dialogangebote für die Community

Der Energieerhaltungssatz gilt auch in den Sozialen Medien: mit wenig Einsatz lässt sich (von kurzfristigen Verstärkereffekten abgesehen) auch nur wenig Wirkung entfalten. Die Bereitschaft, in die Social Media Aktivitäten zu investieren, ist notwendige aber nicht hinreichende Voraussetzung für einen effektiven Social Media Auftritt.

Was (vermutlich) nicht funktioniert: Es ist weder sinnvoll noch nützlich, Facebook oder einen anderen Social Media-Dienst aus Datenschutzgründen oder anderen Erwägungen heraus als reinen „Ausgangskanal“ nutzen zu wollen – in der Weise, dass dort nur Informationen abgesetzt werden. Sowohl die Reichweite wie die Reputation derart betriebener Accounts sind i.d.R. sehr niedrig, denn sie ignorieren das Grundverständnis dieser Medien: die gleichberechtigte, bidirek¬tionale Kommunikation.

3.2 Verfügbare Ressourcen

Damit der Social Media-Auftritt der HU erfolgreich sein kann, sollte er als Angelegenheit des gesamten Vereins verstanden werden. Er soll die Aktivitäten des Bundes wie der Regionen gleichermaßen wiedergeben. Für den Aufbau einer Social Media Präsenz der HU können folgende Ressourcen genutzt werden:

  • Vom Personal der Geschäftsstelle sollten 10 Wochenstunden für Social Media Arbeiten eingeplant werden: damit kann ein grundsätzliches Monitoring der Dienste sowie die Bereitstellung vorbereiteter Inhalte (lt. Redaktionsplan, s. Anhang) realisiert werden.
  • Zur Finanzierung der Ersteinrichtung Aus dem Budget des Bundesverbandes für die Unterstützung von Regionalgruppen (bisher: 8.500 Euro/Jahr) werden 1.500 Euro für die Social Media Arbeit eingesetzt.
  • Die Redaktionen des Grundrechte-Reports und der vorgänge sollen aktiv in die Planung und Umsetzung des Social Media Konzepts einbezogen und um Unterstützung gebeten werden. Denkbar wäre, dass die Redaktionen Kurzzusammenfassungen der Artikel sowie mögliche Argumentationshilfen für die Social Media-Redaktion beisteuern.
  • Regionalverbände werden gebeten, zur Bewerbung ihrer Aktivitäten vor Ort geeignete Materialien zur Verfügung zu stellen (Ankündigungstexte, Berichte, Bilder).
  • Der Vorstand sollte sich bemühen, aus den Reihen der Mitglieder einen ehrenamtlichen Redaktionskreis zu bilden, der die Onlineredaktion bei verschiedenen Aufgaben unterstützen kann (Bearbeitung von Kommentaren; Bild-/Ton-/Videobearbeitung …).
  • Die Vorstandsmitglieder werden gebeten, für ihre jeweiligen Themenbereichen relevante Kurzbeiträge / Hinweise zur Verfügung zu stellen.

3.3 Verfügbare Inhalte / Formate

Die Social Media-Präsenz der HU sollte sich an den Arbeitsschwerpunkten der HU ausrichten und deren zentrale „Produkte“ in den Mittelpunkt stellen. Gegenwärtig sind das:

  • der Grundrechte-Report
  • die Zeitschrift vorgänge
  • die rechtspolitischen Stellungnahmen und Gutachten der HU.

Je nach weiterer Ausrichtung der HU (s. Vorbemerkungen) ergeben sich in Zukunft weitere/andere Produkte, die in einem fertigen Social Media-Konzept zu berücksichtigen wären.

Für die erste Stufe der Social Media-Aktivitäten (s. 3.1) wurde ein Muster-Redaktionsplan erstellt, der die bisherigen Kernaktivitäten des Vereins auf Twitter/Facebook abbildet (s. Anlage 1). Für die Erweiterung dieser Aktivitäten – zur Vorbereitung von Stufe II – werden folgende möglichen Inhalte bzw. Formate vorgeschlagen:

  • Bildervorlagen von Vorständen und Beiräten (für personalisierte Statements)
  • Infografiken zu zentralen Themen der HU, orientiert an den Positionspapieren
  • „Kalenderblatt“ (Erläuterungen zeitgeschichtlicher Ereignisse mit HU-Bezug)
  • Servicetexte – praktische Anleitungen für alltägliche Fragen
  • „Perlentaucher für Bürgerrechte“ (Medienschau; Parlamentsübersichten)
  • Kurzportraits von HU-Mitgliedern
  • redaktionelle Mitarbeit an Wikipedia. 
EMPFEHLUNG 3

Die Mitglie­der­ver­samm­lung beauftragt den Bundes­vor­stand, ein Social Media-­Kon­zept für die HU zu erarbeiten, dass sich an den (künftigen) Arbeits­schwer­punkten des Vereins orientiert und auf möglichst große Reichweite ausgelegt ist. Dazu sollte auch in geeignete Werbe­maß­nahmen investiert werden. Das Konzept sollte die Möglich­keiten der Sozialen Medien voll ausschöpfen und mehr als nur eine Abbildung der bisherigen Verbands­ak­ti­vi­täten leisten (s.o., Stufe II). Im Rahmen dieses Konzepts sollten neue Formate der Darstellung / Vermarktung von HU-Po­si­ti­onen erprobt werden.

5. Umsetzung

5.1 Monitoring

Um einen starken Social Media-Auftritt zu entwickeln, der zur HU wie ihrem Umfeld möglichst gut passt, müssen besonders in der Anfangszeit verschiedene Formate / Methoden erprobt und getestet werden. Für die Umsetzung und Weiterentwicklung eines offenen Konzepts ist es wichtig, kurzfristige, realistische Ziele zu definieren und zu beobachten, inwiefern die unternommenen Maßnahmen Wirkung zeigen (Monitoring). Solche Ziele können sein:

  • Reichweite / Weiterverbreitung von Nachrichten in den Netzwerken
  • Anzahl der Interaktionen (Likes, Kommentare, geteilte Inhalte …)
  • Teilnehmer/innen von Veranstaltungen (die bspw. über Facebook beworben wurden)
  • Reichweite in klassischen Medien (wenn diese durch Social Media auf uns aufmerksam werden)
  • die Zahl der Follower / Freunde in den Medien …

Die Auswertung solcher Daten ist vor allem wertvoll um abzuschätzen, welche Inhalte / Formate bei der bestehenden Community ankommen. Die absoluten Zahlen allein sagen jedoch wenig aus. Zwei Möglichkeiten einer weitergehenden Betrachtung sind:

  • Vergleiche (Benchmarkings) mit anderen NGOs, falls diese ähnlich aufgestellt sind und Zahlen preisgeben
  • Analyse längerfristiger Trends. Dafür sollten Social Media aber mindestens zwei Jahre genutzt werden. Dann lassen sich Trends, gemessen an eigenen Vergleichszeiträumen, messen.

5.2 Daten­schutz­emp­feh­lungen

  • Die mit einem Einsatz von Facebook und Twitter verbundenen Datenschutzrisiken sind unabweisbar. Die Arbeitsgruppe schlägt folgende Maßnahmen der praktischen und politischen Schadensbegrenzung vor:
  • Die HU setzt sich – auch auf Facebook – für eine spürbare datenschutz- und verbraucherrechtliche Regulierung der Social Media ein.
  • Personenbezogene Angaben (u.a. Bilder) werden in den Social Media – wie in den anderen Medien auch – nur mit ausdrücklicher Einwilligung aller Betroffenen genutzt.
  • Außer einem generellen Hinweis auf den Facebook/Twitter-Auftritt der HU werden auf den HU-Webseiten keine Facebook- oder Twitter-Buttons eingebunden. Damit wird das Tracking von Besucher/innen unserer Webseite verhindert. Wir verlinken aus Facebook heraus, nicht hinein: Es sollte stets auf Websites außerhalb von Facebook verwiesen werden.
  • Für die Diskussion ist immer auch eine alternative Kommunikationsmöglichkeit außerhalb der Social Media-Plattform anzubieten (z.B. E-Mail/Telefon).
  • Wir informieren die Nutzer/innen unserer Angebote regelmäßig – z.B. halbjährlich oder mindestens jährlich – über die datenschutzrechtlichen Risiken bei der Nutzung der Dienste (Muster z.B. beim Datenschutzbeauftragten RLP). Zudem geben wir ihnen Hinweise auf Browserplugins, wie z.B. NoScript, ScriptSafe, Ghostery oder uBlock Origin. Diese können das Sammeln von Cookies blockieren und die Datensammlung von Facebook einschränken,
  • Mitarbeiter/innen  und Verband schützen: Das Facebook-Konto wird von einem gesonderten Rechner oder einem sogenannten virtuellen Rechner verwaltet, um das Ausspähen sonstiger Aktivitäten durch die Anbieter zu vermeiden.
  • Wir prüfen unsere Datenschutz- und Sicherheitseinstellungen bei den Diensten regelmäßig (mindestens alle halbe Jahre) und nutzen alle vorhandenen Sicherungsmöglichkeiten gegen „facejacken“ – also das Kapern des Accounts.

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