Humanistische Union fordert völlige Unabhängigkeit der niedersächsischen Datenschutzkontrolle
Bürgerrechtsorganisation legt Stellungnahme für Landtagsanhörung vor
„Der Beschluss der niedersächsischen Landesregierung, dem Datenschutzbeauftragten die Kontrolle über die Privatwirtschaft zu entziehen, verstößt nach Auffassung der Humanistischen Union (HU) gegen EU-Recht und verfassungsrechtliche Bestimmungen zum Schutz der Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger.“
So lautet das Fazit der schriftlichen Stellungnahme, die die Humanistische Union anlässlich der morgigen Anhörung im Innenausschuss des niedersächsischen Landtags vorgelegt hat.
Nach dem Willen der niedersächsischen Landesregierung soll ab 1.1.2006 das Innenministerium die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen im nicht-öffentlichen Bereich kontrollieren. „Die Landesregierung setzt damit auf ein Auslaufmodell der Datenschutzaufsicht“, erklärt Nils Leopold, Vorstandsmitglied und HU-Datenschutzexperte. „Die EG-Datenschutzrichtlinie fordert eine völlige Unabhängigkeit der Datenschutzkontrolleure. Eine Einverleibung in das Innenministerium stellt einen klaren Verstoß dar.“ Unterstützt wird diese Einschätzung durch die EU-Kommission. Sie hatte Anfang Juli ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, da bislang sämtliche Aufsichtsbehörden für den Privatbereich nicht den Vorgaben der Datenschutzrichtlinie entsprechen.
Wird die Datenschutzkontrolle über den privaten Bereich beim Innenministerium angesiedelt, befürchtet die Humanistische Union zudem Interessenkonflikte. Die in der Privatwirtschaft vorgehaltenen Daten, z.B. von Telekommunikationsdienstleistern und Internetprovidern, sind zunehmend auch für die Straftatenverfolgung und -verhütung oder im sogenannten Kampf gegen den Terror für die Innenministerien interessant. Dieses Interesse verträgt sich nicht mit einer in derselben Behörde durchzuführenden Aufsicht über die Einhaltung des Grundrechtsschutzes in Unternehmen.
Auch praktische Gründe sprechen für einen Datenschutz aus einer Hand: Mit einem einzigen Ansprechpartner für alle Fragen des Datenschutzes wird größere Bürgernähe erreicht. Eine Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Ministerium und Datenschutzbeauftragten ist für viele Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar.