Das Benennungsdilemma als Herausforderung feministischer Rechtsdogmatik und -politik Poststrukturalismus trifft Anwendungsbezug: Zum Spannungsfeld von Kategorien, Diskriminierung und Intervention
Diskriminierungen betreffen Menschen nicht (nur) als Individuen, sondern vor allem in ihrer Zuordnung zu bestimmten zuvor gesellschaftlich festgelegten Kategorien. Kategoriale Unterscheidungslinien wie etwa „Geschlecht“, „Rasse“, „Behinderung“, „Glaube“ oder „sexuelle Orientierung“ fungieren als Grundlage, um Ungleichbehandlungen von Menschen herzustellen, zu begründen und zu rechtfertigen (Scherr 2016). Mit der Zuweisung in eine oder mehrere der Kategorien werden die Betroffenen als „anders“ (als die vermeintlich gesellschaftliche Norm) markiert und das zugeschriebene Anderssein kann dann als Grundlage zur Rechtfertigung einer benachteiligenden Ungleichbehandlung, somit einer Diskriminierung, dienen.
Antidiskriminierungsmaßnahmen, und so auch das Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsrecht, knüpfen – je nach Maßnahme in unterschiedlicher Weise – an jene Kategorien an, mit dem Ziel, Diskriminierung zu reduzieren, zu verhindern oder zu beseitigen. Antidiskriminierungsmaßnahmen sind somit in vielen Fällen eng verwoben mit Kategorisierungsprozessen und ihrem Ergebnis – den Kategorien. Sie können vor allem dann starke Instrumente darstellen, wenn sie nicht alle Menschen gleich adressieren, sondern den Bezug zur Kategorisierung deutlich machen und damit auf die einem diskriminierenden Einzelfall zugrundeliegenden gesellschaftlich gewachsenen, benachteiligenden Strukturen verweisen.
Sarah Elsuni Jahrgang 1975, Dr. jur., Professorin für das Recht der Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt Recht der Frau/legal gender studies an der Frankfurt University of Applied Sciences. Aktuelle Forschungsfelder: Grund- und Menschenrechte im Mehrebenensystem; Legal Gender Studies & Theory. Aktuelle Veröffentlichungen: Gemeinwohl-Topoi im Öffentlichen Recht, in: Hiebaum, Christian (Hrsg.), Handbuch Gemeinwohl, Berlin 2021 (Springer Open); Feministische Rechtstheorien, in: Hilgendorfer, Eric/Joerden, Jan (Hrsg.), Handbuch zur Rechtsphilosophie, Stuttgart 2021, S. 270–277 (mit Susanne Baer); Feministische Rechtstheorie, in: Buckel, Sonja/Christensen, Ralph/Fischer-Lescano, Andreas (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts (3. überarb. Aufl.), Tübingen 2020 (Mohr Siebeck Verlag), S. 225–241.
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