Themen / Rechtspolitik

Lebenslange Freiheits­s­trafe ist ein Übel!

31. Juli 1998

Zur Debatte über die lebenslange Freiheitsstrafe erklärt die HUMANISTISCHE UNION als älteste bundesdeutsche Bürgerrechtsorganisation:

Die Polemik gegen die nötige Reform des Tötungsstrafrechts offenbart eine klammheimliche Sehnsucht nach der Todesstrafe. Pfarrer Hinze und andere übergehen bewußt das Strafvollzugsgesetz mit dem Rechtsgrundsatz der Resozialisierung von Tätern. Auch das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach klargemacht, daß eine bloße Politik des Wegsperrens grundgesetzwidrig ist. Nur unter dieser Maßgabe hat es die lebenslange Freiheitsstrafe überhaupt als grundgesetzkonform erhalten.

Die Aufgabe der Politik ist es, rational und rechtsstaatlich eine Obergrenze für nicht rückfallgefährdete Täter festzulegen. Hier wird zu gerne verschwiegen, daß die lebenslange Freiheitsstrafe – mit im Durchschnitt 18 Jahren Haft – auch bisher eine Zeitstrafe ist.
Daß Mörder von Fall zu Fall nach Belieben freigelassen werden könnten, stellt jedoch eine böswillige Propaganda dar. Das herrschende Landrecht einer völlig unterschiedlichen Praxis in den einzelnen Bundesländern ist allerdings unhaltbar.
Es ist unredlich, gegen die fällige Neuregelung den Opferschutz ins Feld zu führen.

Opfer und deren Angehörige benötigen vor allem eine Verbesserung der Betreuung und materiellen Entschädigung. Lebenslanges Wegsperren der Täter nützt niemandem, auch den Opfern nicht. Es raubt den Tätern aber jede Möglichkeit, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen.

Wahlkampfgetöse und ein auf Repression gerichtetes Meinungsklima dürfen nicht dazu führen, daß mahnende Stimmen der Vernunft verstummen. Die Bürgerrechte drohen nach und nach der Lufthoheit über den Stammtischen zum Opfer zu fallen. Die HUMANISTISCHE UNION appelliert daher an alle rechtsstaatlich denkenden Vereinigungen, Verbände und Persönlichkeiten, sich in dieser Diskussion zu Wort zu melden.

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