Themen / Datenschutz

(K)Ein Socia­l-­Media Konzept für die Humanis­ti­sche Union?

04. Dezember 2019

In: Mitteilungen 240 (3/2019), S. 11-12

Vor mehr als zwei Jahren hat der Bundesvorstand (BuVo) von der Mitgliederversammlung den Auftrag bekommen, eine Facebook-Präsenz aufzubauen, den bestehenden Twitter-Account intensiver zu nutzen, und es wurde die redaktionelle Mitarbeit an Wikipedia vorgeschlagen. Dabei sollten die jeweiligen Arbeitsschwerpunkte der HU die inhaltliche Grundlage sein. All das soll in einem Social-Media-Konzept vom BuVo zusammengefasst werden, wobei auch in geeignete Werbemaßnahmen investiert werden soll. An Ressourcen wurden 10h Arbeitszeit/Woche in der Geschäftsführung und 1500€ pro Jahr eingeplant.
Soweit so klar – in seiner Septembersitzung hat der Bundesvorstand sich mit dem Thema befasst und beschlossen, dass der damalige Beschluss insoweit umgesetzt werden soll, dass wir unsere Präsenz in sozialen Medien verstärken wollen, die HU aber nicht auf Facebook präsent sein soll. Die Entscheidung ist einigen BuVo-Mitgliedern nicht leichtgefallen und fiel nach ausführlicher Diskussion. Schließlich bedeutet das, dass ein Mitgliederbeschluss teilweise nicht umgesetzt wird. Hauptgrund für diese mehrheitliche Entscheidung sind die vielen Datenschutzskandale, mit denen Facebook in den vergangenen Jahren auf sich aufmerksam gemacht hat.
Früher wussten wir, dass die Möglichkeit eines extensiven Datensammelns/Datenmissbrauchs bestand, heute wissen wir, dass dies auch wirklich geschieht. Und es geht nicht nur darum, Werbung besser platzieren zu können. Eindringliches Beispiel dafür, dass Facebook auch unsere Demokratie gefährdet, ist der Skandal um Cambridge Analytica (vgl. dazu z.B. Stefan Hügel, Rainer Rehak: Künstliche Intelligenz im Wahlkampf im Grundrechte-Report 2019).
Somit hat sich eine neue Situation ergeben. Wir können nicht einerseits engagiert für Grundrechte eintreten und dann auf einer Plattform unterwegs sein, die sich nicht um Gesetze / Grundrechte schert. Damit würde man eine Struktur unterstützen, die Voraussetzungen dafür schafft, dass das Prinzip „gläserne Bürgerinnen und Bürger“ perfektioniert wird und in der Folge sich auch die Sicherheitsbehörden (nicht nur in China) für einen Zugriff auf diese Daten interessieren (werden). Glaubwürdigkeit ist für eine gemeinnützige Organisation enorm wichtig. Dazu passt ein Engagement auf Facebook für die HU nun gar nicht.
Die Ablehnung von Facebook bedeutet nicht, dass wir auf sozialen Medien und allgemein im Internet nicht präsent sein wollen. Für die Webseite der HU steht eine umfassende Renovierung an, die gerade vorbereitet wird. Wir wollen auch verstärkt unsere Inhalte im Netz verfügbar machen, z.B. in Form von Aufzeichnungen unserer Veranstaltungen. Auch der bestehende Twitter-Account soll weiter bedient werden. Das ist der Kompromiss. Denn die Datenschutzerklärung von Twitter macht deutlich, dass es sich auch hier um eine Datenkrake handelt. Doch für die Kommunikation von HU-Themen erachten wir Twitter als relevant. Neben dem Account des Bundesverbands sind hier inzwischen auch Regionalverbände aktiv, so z.B. Hessen, Hamburg, Marburg und Frankfurt.
Das Thema Digitalisierung und Bürger:innenrechte wird uns im Bundesvorstand weiter beschäftigen. Wir freuen uns, wenn aus der Mitgliedschaft daran Interesse besteht und laden herzlich dazu ein, uns zu unterstützen. Bitte nehmt Kontakt mit uns (Christiane Bodammer/Stefan Hügel) auf. Die HU unterstützt bei diesem Thema auch die Erklärung des Bits & Bäume-Kongresses. Darin heißt es unter anderem:
„Basis einer gerechten Gesellschaft sind demokratische Entscheidungen: Die Digitalisierung muss in sich demokratischer gestaltet werden und gleichzeitig demokratische Prozesse unterstützen, statt diesen entgegenzuwirken. Dafür muss sie konsequent darauf ausgerichtet werden, emanzipatorische Potenziale, dezentrale Teilhabe, offene Innovationen und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern. […]
Datenschutz, Manipulationsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung sollen als Grundlage von freien, demokratischen, friedlichen und langfristig souveränen Gesellschaften national und global vorangetrieben werden. Es müssen Rahmenbedingungen zur Kontrolle digitaler Monopole geschaffen werden, damit sich im Norden und globalen Süden eine eigene, selbstbestimmte digitale Wirtschaft entwickeln kann. Bestehende Monopole von Betreiber*innen kommerzieller Plattformen müssen gebrochen werden, indem beispielsweise eine definierte Schnittstelle zum Austausch zwischen Social-Media-Diensten verpflichtend eingeführt wird.

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