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Folter­verbot und der "Kampf gegen Terror" - Rechtlos im Rechts­s­taat?

13. Oktober 2006
Datum: Samstag, 14. Oktober 2006

Gemeinsame Tagung der Holtfort-Stiftung, des Republikanischen Anwältinnen und Anwältevereins (RAV) und amnesty international am 13./ 14. Oktober 2006

Berliner Abgeordnetenhaus

Folterverbot und der „Kampf gegen Terror“ – Rechtlos im Rechtsstaat?

Gemeinsame Tagung der Holtfort-Stiftung, des Republikanischen Anwältinnen und Anwältevereins (RAV) und amnesty international am 13./ 14. Oktober 2006 in Berlin

Nach dem aktuellen Jahresbericht von amnesty international wird in über hundert Staaten der Erde gefoltert. Auf der Liste der Länder, in denen Gefangene Elektroschocks und andere Grausamkeiten zugefügt werden, finden sich notorische Menschenrechtsverletzerstaaten wie Weißrussland, Russland, die Türkei, der Iran und Indonesien, teils diktatorische, teils undemokratische Regimes, aber auch Staaten, in denen Wahlen stattfinden. Schlimm genug. Doch seit dem 11. September 2001 wird auch von Staaten, die grundsätzlich demokratische Prinzipien befolgen, gefoltert – im Namen der Demokratie, des Schutzes vor terroristischen Angriffen und der Rettung von Menschenleben. In den USA versucht man, den Begriff der Folter umzudefinieren. Psychologische Folter, z.B. die Anwendung von Stresstechniken und Schlaf- und Nahrungsentzug, wird hoffähig. Man erklärt internationales Recht für unanwendbar, spricht bestimmten Gefangenen und Gefangenengruppen jeglichen Schutzstatus ab und schafft somit Doppelstandards. Abu Ghraib, Guantanamo, die Praxis der Renditions belegen diese Praxis. In Deutschland bemühen sich Regierung und Politiker, die Absolutheit des Folterverbotes zu betonen. Doch Innenminister Schäuble wartet mit dem gefährlichen Vorschlag auf, unter Umständen die unter Folter gewonnenen Erkenntnisse verwerten zu wollen. Deutsche Ausländerbehörden schieben in Folterstaaten ab, deutsche Gerichte liefern an Folterstaaten aus. Deutsche Geheimdienste vernehmen deutsche Staatsbürger, die in Foltergefängnissen sitzen und deutsche Polizisten diskutieren auf internen Tagungen über Ausnahmen vom Folterverbot im Rahmen des Polizeirechts.

Das Folterverbot ist weltweit eine der größten rechtsstaatlichen Errungenschaften und eine der Säulen des internationalen Rechtsschutzes. Den verheerenden individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Folter soll durch internationale Vereinbarungen und nationale Schutzgesetze Einhalt geboten werden. Doch das Folterverbot steht allenthalben zur Diskussion. Um seine Erhaltung und für den Schutz und die Rechte der von Folter betroffenen Personen muss gekämpft werden. Auf der Veranstaltung, die gemeinsam von der Holtfort-Stiftung, dem RAV und amnesty international veranstaltet wird, wollen Sozialwissenschaftler, Psychologen und Juristen die verschiedenen Einzelaspekte des Themas interdisziplinär diskutieren und die deutsche Debatte in einen internationalen Kontext stellen. Der Blick beispielsweise auf die US-amerikanische Diskussion und Praxis der Folter wird eindringlich die Gefahr jeglicher Aufweichung des Verbotes verdeutlichen. Die Berichte und Bilder aus Abu Ghraib sollten Warnung genug sein.

Veranstalter: amnesty international Deutschland, Holtfort-Stiftung, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und Center for Constitutional Rights (CCR)
Unterstützt von : Stiftung Menschenrechte

Programm:

Freitag, 13. Oktober 2006

09.00 – 09.30 Uhr Begrüßung
Barbara Lochbihler, amnesty international
Wolfgang Kaleck, RAV

09.30 – 10.15 Uhr  I. Folter und Völkerrecht
Das Folterverbot im internationalen Recht, Theo van Boven, Maastricht, ehemaliger UN-Sonderberichterstatter für Folter

10.30 – 13.00 Uhr  II. Folter und die Opfer

1. Die Perspektive eines Opfers, Rechtsanwältin Jennifer Harbury, Washington, Angehörige eines Folteropfers
2. Psychologische Folter und Sensorische Deprivation, Elise Bittenbinder, Bundesarbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, Berlin
4.   Strafverfolgung von Folter und Entschädigung – Carla Ferstman, Redress, London
5.   Behandlung von Folteropfern, NN, Medico International

13.00 – 14.30 Uhr Mittagspause

14.30 – 18.00 Uhr III. „Kampf gegen den Terror“ der USA und das Folterverbot

1. Zur Geschichte von Folter : Prof. Alfred Mc Coy, Autor von „Foltern und Foltern lassen“, University of Wisconsin, Madison
2. Die juristische Definition von Folter und die aktuelle Diskussion in den USA, Prof. Karen Greenberg, Columbia-University, New York, angefragt
3. Folter in Guantanamo, Gita Guitterez, Center for Constitutional Rights (CCR) , New York
4. Der juristische Kampf um Guantanamo und Abu Ghraib, Rechtsanwalt Michael Ratner , Center for Constitutional Rights (CCR) , New York
5. Geheimdienste und Folter, die CIA-Flüge und die Praxis von „Rendition“, Anne Fitzgerald, amnesty international,  London

Samstag, 14. Oktober 2006

IV. „Kampf gegen den Terror“ und das Folterverbot in Deutschland

09.00 – 10 Uhr Historischer Vortrag : Folter im 3. Reich, Dr. Hans-Joachim Heuer, Lehrbeauftragter Uni Hannover / Abteilungsleiter Zentrale Polizeidirektion Hannover

10.00 – 12 Uhr

1. Moderation und Einleitung : Dr. Julia Duchrow, amnesty international
2. Folterverbot und Rechtsstaat in Deutschland, Prof. Dr. Jürgen Kühling, Bundesverfassungsrichter a.D., Holtfort-Stiftung
3. Nutzung der Früchte von Folter im Strafprozess?, NN, Universität Bremen, angefragt,- AG 1
4. Rechtsbindung deutscher Behörden im In- und Ausland im Rahmen der Gefahrenabwehr Prof. Dr. Bernhard Schlink, Humboldt-Universität, Berlin, angefragt – AG 2
5. Drohende Folter als Grund für den Schutz vor Ausweisung, Abschiebung und Auslieferung, Rechtsanwalt Dr. Reinhard Marx, Frankfurt – AG 3

12- 13 Uhr Mittagspause

13.00 – 15.30 Uhr Diskussion in Arbeitsgruppen und Vorstellung der Ergebnisse
AG 1 – Leitung NN
AG 2 – Leitung Wolfgang  Grenz, amnesty international, Berlin
AG 3 – Leitung Rechtsanwältin Andrea Würdinger, RAV, Berlin

16.00- 18 Uhr V. Strategien zur Stärkung des Folterverbots

Moderation : Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung, München, angefragt
Michael Ratner , Center for Constitutional Rights, New York
Barbara Lochbihler, amnesty International, Berlin
Wolfgang Kaleck, RAV, Berlin
Lotte Leicht, Human Rights Watch, Brüssel
Dr. Heiner Bielefeldt, Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin, angefragt
MdB Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin, Vorsitzende des Ausschuss Menschenrechte, Berlin, angefragt

Bitte Anmeldungen an:

RAVeV@t-online.de
Tel: 030 41723555
Fax: 030 41723557

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