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Der FDP-Par­teitag und die Trennung von Kirche und Staat

von FDP

vorgänge 7-8/1969, S. 260

Der Parteitag der FDP in Nürnberg nahm am 24. Juni ohne weitere Aussprache die Vorlage des Partei-Hauptausschusses an, die sich mit dem Verhältnis von Kirche und Staat beschäftigt und die Teil der sogenannten Wahlplattform ist.

In ihr wird festgestellt, daß die im Grundgesetz vorgesehe Trennung von Kirche und Staat nicht voll verwirklicht sei. Es sei jetzt an der Zeit, Verhandlungen mit den Kirchen über die Beseitigung alter Verbindungen zwischen Staat und Kirche zu führen. Im einzelnen wird gefordert:

  1. Konkordate und Kirchenverträge, durch die die staatliche Bildungspolitik gebunden wird, sollen abgelöst werden;
  2. die noch bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten staatlicher Stellen auf innerkirchliche Entscheidungen sollen beseitigt werden;
  3. die staatliche Kirchensteuer soll durch ein kirchliches Abgabensystem ersetzt werden;
  4. für soziale Aufgaben der Kirchen in der Gesellschaft soll aufgabengerechte staatliche Zuschüsse garantiert werden;
  5. Die Verpflichtung, bei staatlichen Stellen oder bei Bewerbungen die Religionszugehörigkeit anzugeben, soll abgeschafft werden.

Nicht speziell angefochten wird die staatliche Garantie für den Religionsunterricht der Kirchen an den öffentlichen Schulen (Art. 7 Abs. 3 GG); und mit dem Vorschlag einer „positiven” Regelung, den Kirchen für „soziale Aufgaben” staatliche Zuschüsse zu gewähren, soll offenbar auch das herrschende System, die Verwirklichung öffentlicher Aufgaben „subsidiär“ den Kirchen zu überlassen (etwa in den Regelungen des Jugendwohlfahrts- und des Sozialhilfegesetzes), nicht grundlegend geändert werden.

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