Erfolgreiche Petition für bundesweite Volksentscheide
aus: HU-Mitteilungen Nr. 234 (4/2017), S. 2/3
Das Aktionsbündnis „Jetzt ist die Zeit: Volksentscheid. Bundesweit“ startete am 28. September 2017 mit einer Pressekonferenz und einer Bildaktion in Berlin. Seitdem unterzeichneten über 257.000 Menschen die Petition.
Seit einigen Wochen „sondieren“ CDU/CSU, Bündnis90/Die Grünen und FDP die Chancen für eine Jamaika-Koalition im Bundestag. Ihr Ziel: ein Koalitionsvertrag, der festlegt, wie wir regiert werden sollen. Also vier (oder gar fünf) Jahre Zeit bis zur nächsten Abstimmung?
Über 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger wünschen sich, auch zwischen den Wahlen über Sachfragen direkt entscheiden zu können. Die Humanistische Union fordert die Einführung bundesweiter Volksentscheide schon seit Jahren. Deshalb gab es für uns auch kein Zögern, als wir von Mehr Demokratie e.V. angefragt wurden, ob wir eine gemeinsame Kampagne zum Thema unterstützen wollen.
Einige Vorbehalte mag es geben, ob angesichts des zunehmenden Rechtspopulismus jetzt der richtige Zeitpunkt für die Einführung von Volksentscheiden ist. Allerdings zeigen die Wahlerfolge der AfD, dass auch der Parlamentarismus keinen Schutz vor der Beteiligung von Populisten am politischen Geschehen bietet. Zudem sehen alle Vorschläge für die Einführung von Volksentscheiden eine sog. präventive Normenkontrolle vor, mit der verfassungswidrige Entscheidungen verhindert und die Rechte von Minderheiten geschützt werden. Und nicht zuletzt sollten die Kritiker*innen bedenken: Wer den Volksentscheid aus Angst vor dem „populismusanfälligen“ Volk verweigert, vergrößert damit die den Populisten in die Hände spielende Spaltung der Gesellschaft.
Nach den Vorbereitungen von Mehr Demokratie startete die gemeinsame Kampagne zum bundesweiten Volksentscheid Ende September in Berlin. Die HU war von Beginn an dabei, mittlerweile wird die Initiative von über 35 Organisationen unterstützt. Ziel der Kampagne ist es, dass folgender Passus in den nächsten Koalitionsvertrag aufgenommen wird:
„Die Regierungs-Koalition strebt eine Änderung des Grundgesetzes an, mit der Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene eingeführt werden. Dies wird nach dem Vorbild der Länder gestaltet. Die Koalition bringt einen entsprechenden Antrag in den Bundestag ein.“
Obwohl unser Grundgesetz in Artikel 20 Abs. 2 vorsieht, dass das Volk seine Macht in Wahlen und Abstimmungen ausübt, gibt es bis heute keine direkte Demokratie auf Bundesebene. Um Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide bundesweit einführen zu können, bedarf es nach Meinung vieler Jurist.innen einer Ergänzung des Grundgesetzes. Das geht nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, und deshalb gehört das Vorhaben in den Koalitionsvertrag. Jetzt!
Um diese Forderung zu untermauern, hat das Bündnis eine Petition an den Deutschen Bundestag gestartet. Sie wurde (Stand: 10.11. 2017) mittlerweile von mehr als 250.000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet. Auch die Mitglieder und Freunde der HU waren aufgerufen, die Petition zu unterzeichnen, damit es der Volksentscheid in den Koalitionsvertrag schafft! Die Unterschriften sollen noch im Laufe der Koalitionsverhandlungen an die Verhandlungspartner überreicht werden, um der Forderung Nachdruck zu verleihen.
Die Chancen für das Erreichen unseres Ziels stehen übrigens gar nicht so schlecht: immerhin unterstützen drei der vier mutmaßlichen Verhandlungsparteien die Einführung der direkten Demokratie auf Bundesebene. CSU, FDP und Grüne haben in den Koalitionsverhandlungen ihre gemeinsame Forderung nach Einführung eines bundesweiten Volksentscheids bestätigt – nur die CDU mauert noch.
Die Online-Petition zur Forderung an die Koalitionspartner kann hier unterzeichnet werden: https://www.openpetition.de/petition/online/es-ist-an-der-zeit-volksentscheid-bundesweit. Gedruckte Unterschriftenformulare können über die Bundesgeschäftsstelle bezogen werden.
Weitere Informationen zu Volksentscheiden auf der HU-Webseite: https://www.humanistische-union.de/themen/demokratisierung/ve/.
Zum Thema:
Hans Meyer: Direktdemokratische Elemente auf Bundesebene sind machbar und sinnvoll, aus: vorgänge Nr. 199 (Heft 3/2012), S. 15-25