OV Frankfurt: Staatliche Ineffizienz für mehr Bürgerrechte. Veranstaltung zur Steuer-ID
Aus: Mitteilungen Nr. 205/206 (2+3/2009), S. 48
Die HU Frankfurt veranstaltete am 6. Mai im Frankfurter Club Voltaire eine Diskussionsrunde „Die Steuer-ID: Personenkennzeichen bis zum Jüngsten Gericht?“. Als Referenten waren eingeladen: der Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht und ehemalige Bundesvorsitzende der Humanistischen Union, Till Müller-Heidelberg, sowie der Informatiker Thorsten Wirth, Aktivist im AK Vorratsdatenspeicherung und Europakandidat der Piratenpartei. Moderiert wurde die Veranstaltung durch Peter Menne.
Zwar hat das Verfassungsgericht ein Personenkennzeichen, das „eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebens- und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger“ ermöglicht, als verfassungswidrig untersagt. Dennoch ist diese Verfassungswidrigkeit unter dem Namen „Steuer-ID“ Wirklichkeit geworden: Das Bundeszentralamt für Steuern verschickte im vergangenen Jahr die Briefe mit der sogenannten „Steuer-Identifikationsnummer“ (Steuer-ID) – wie das Personenkennzeichen in Verschleierung der eigentlichen Zielsetzung heißt – an alle Bürger. Die Nummer gilt lebenslänglich und darüber hinaus, nämlich bis zu 20 Jahre nach dem Tod ihres Trägers.
Ein Personenkennzeichen mag zwar die Effizienz staatlichen Handelns befördern – das war für Till Müller-Heidelberg aber gerade ein zentrales bürgerrechtliches Argument gegen ein solches Kennzeichen. Der Staat dürfe eben nicht „zu effizient“ sein, wenn die informationelle Selbstbestimmung seiner Bürger gewahrt bleiben soll. Beide Referenten sprachen sich deshalb vehement gegen die Steuer-ID aus – erfreulicherweise in allgemein verständlichen Worten. Till Müller-Heidelberg erläuterte die Funktion der Steuer-ID, ihre rechtlichen Rahmenbedingungen und informierte über die von der HU unterstützten Musterklagen. Thorsten Wirth konzentrierte sich auf die technische Dimension der Überwachung und verwies eindrücklich auf die schon derzeit bestehenden Identifikationsmöglichkeiten, von denen sich die meisten Computernutzer kein Bild machen.