Neues von der Spätzle-Stasi: VGH zwingt das Landeskriminalamt zur Auskunft an einen Betroffenen, ob er durch verdeckte Ermittler Jahre lang überwacht worden ist
Humanistische Union unterstützt Klage des Betroffenen
Der Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg (VGH) hat in einer kürzlich bekannt gewordenen Entscheidung (AZ.: 1 K 1478/99) vom 04.12.2002 das Landeskriminalamt in Stuttgart in letzter Instanz dazu verurteilt, einem Betroffenen mitzuteilen, ob er vor 12 Jahren Gegenstand polizeilicher Überwachung durch einen verdeckten Ermittler (VE) gewesen ist.
Wörtlich führt der VGH aus:
„Es wäre mit den Grundsätzen des Rechtsstaats unvereinbar, dem Betroffenen, dem ein hohes Opfer für die Allgemeinheit abverlangt worden ist, den Zugang zum Gericht und damit die Chance zu versagen, über die gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung eine Art Genugtuung (Rehabilitation) und damit wenigstens einen – wenn auch unvollkommenden – Ausgleich für eine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu erlangen.“
Weiter führt der VGH aus, dass eine Einschränkung der Unterrichtungspflicht wegen einer Gefährdung eines verdeckten Ermittlers nicht schon bei pauschalem Hinweis auf gesteigerte Risiken in bestimmten Einsatzbereichen, etwa den Staatsschutzbereich, in Betracht komme.
Nach Ansicht der die Klage unterstützenden Bürgerrechtsorganisation HUMANISTISCHE UNION und ihres Freiburgers Rechtsanwaltes Dr. Udo Kauß stellt das Urteil eine wichtige Etappe zum Schutz der Bürgerrechte vor polizeilicher Allmacht dar. Nur wenn polizeiliches Handeln überhaupt bekannt werde, so Dr. Kauß, seien solche geheimpolizeilichen Ermittlungen überhaupt gerichtlich überprüfbar.
Das LKA hat zwischenzeitlich eingeräumt, dass der Betroffene tatsächlich über den Zeitraum von 10 Jahren Opfer einer Überwachung durch einen auf ihn und seinen Freundeskreis angesetzten Ermittler gewesen ist. Das Landeskriminalamt hat vorsorglich jedoch gleich hinzu gesetzt, dass eine exakte Angabe zum Umfang der Datenerhebung sowie Dauer der Maßnahme nicht mehr nachvollziehbar sei, da alle personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Maßnahme zwischenzeitlich gelöscht worden seien.
Damit hat das LKA erneut gegen geltendes Recht verstoßen. Gemäß § 45 des Polizeigesetzes hat die speichernde Stelle einem Betroffenen eine vollständige Auskunft zu geben über die im Zeitpunkt des Eingangs seines Antrages ab Auskunftserteilung gespeicherten Daten. Entgegen dieser klaren gesetzlichen Bestimmung hat das LKA durch Löschung aller entsprechenden Daten sich selbst die Möglichkeit zu einer Auskunft im gesetzlichen Umfange genommen.
Da der Betroffene nach wie vor der Auffassung ist, dass die Polizei ihn seinerzeit rechtswidrig überwacht hat, will er dies nun gerichtlich feststellen lassen.