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"Seit vielen Jahren trägt Claudia Dantschke zu einer fundierten und rationalen Diskussion über Islam und Islamismus bei."

20. April 2010
Datum: Dienstag, 20. April 2010

Rede zur Vergabe des Ingeborg-Drewitz-Preises 2010 an Claudia Dantschke.

„Ich begrüße Sie ganz herzlich im Namen der Humanistischen Union zu unserer kleinen Feier, mit der wir Claudia Dantschke den Ingeborg-Drewitz-Preis verleihen möchten. Seit 1987 vergibt der Berliner Landesverband unserer Bürgerrechtsorganisation den Ingeborg-Drewitz-Preis an Menschen, deren besonderes gesellschaftliches Engagement im Sinne der Menschenwürde uns aufgefallen ist und deren Engagement unseres Erachtens bisher zu wenig gewürdigt worden ist.

Die Resonanz auf unsere Entscheidung, Claudia Dantschke unserem Preis zu geben, zeigt uns, dass wir nicht die Einzigen sind, die der Auffassung sind, dass Claudias Dantschke diesen Preis verdient hat. Viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter von Claudia Dantschke haben uns bestätigt, und auch viele Streitpartnerinnen und Streitpartner zollen ihr Respekt.

Seit vielen Jahren trägt Claudia Dantschke zu einer fundierten und rationalen Diskussion über Islam und Islamismus bei. Sie tut das oft mit verblüffend einfachen Mitteln. Im Doppelpack mit Ali Yilderim und einer Videokamera hat sie für AYPA-TV Veranstaltungen zu dem Thema dokumentiert, Hintergründe und Widersprüche islamistischer Organisationen recherchiert. Wenn Organisationen sich nach außen menschenrechtsfreundlich äußern, aber intern Antisemitismus, Geschlechterungleichheit oder Homophobie predigen – Claudia Dantschke bekommt es heraus.

Bereits vor 10 Jahren hat sie gemeinsam mit Eberhard Seidel und Ali Yilderim einen Überblick über den politischen Islam veröffentlicht. Zahlreiche weitere Artikel folgten, oft gemeinsam mit anderen, denn sie ist Teamspielerin. Mit ihrem detaillierten Wissen ist sie zu einer unschätzbaren Gesprächspartnerin und Informationsquelle für viele geworden, die sich mit dem Islamismus beschäftigen. Nicht nur in Berlin. Aber hier engagiert sie sich lokal und ganz konkret. In ihrer Tätigkeit für das Zentrum demokratische Kultur war sie wesentlich beteiligt an bezirklichen Kommunalstudien und Handlungsempfehlungen und berät heute Familien im Umgang mit Islamismus.

Doch nicht nur was Claudia Dantschke tut, hat uns beeindruckt, sondern wie sie es tut. Ihr kritischer Blick und ihr waches Auge für menschenfeindliche Tendenzen schließt Differenzierungen ein. Nie geht es ihr darum, „den Islam“ oder „die Muslime“ zu verdammen oder an den Pranger zu stellen. Ganz im Gegenteil. Dass Muslime gleichberechtigter Teil dieser Gesellschaft sind, steht für sie außer Frage. Ein genauer Blick ist gerade dann erforderlich, wenn falsche Gegenüberstellungen von Islam und Demokratie durchbrochen werden sollen. In deren angeblicher Unvereinbarkeit sind sich manche Islamisten und Islamhasser verblüffend einig.

Von solchen Diskursen über den Islam hebt sich Claudia Dantschke wohltuend ab. Ihr geht es nicht um staatliche Repression oder Verbote, sondern um eine politische Auseinandersetzung. Maßstab sind für sie dabei Demokratie und Menschenrechte.

Hier gibt es Berührungspunkte mit den Anliegen der Humanistischen Union. Wir sind der Auffassung, dass die Demokratie durch eine lebendige Zivilgesellschaft besser geschützt wird als etwa durch Geheimdienste. Als Bürgerrechtsorganisation setzen wir uns seit unserer Gründung für die Trennung von Staat und Kirche ein. Nicht aus Religionsfeindlichkeit, sondern weil wir der Ansicht sind, dass die Religionsfreiheit auf diese Weise am besten gewährleistet werden kann. Gleichzeitig setzen wir uns für die Gleichberechtigung unterschiedlicher Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein.

Was bedeutet aber die Gleichstellung des Islam konkret? Welche islamischen Gruppen erhalten ähnliche Privilegien wie die Kirchen? Was ist der Hintergrund dieser Organisationen? Wer kann Gesprächspartner sein, wer Bündnispartner? Wo liegen Grenzen zwischen Islam und Islamismus? Wo liegen umgekehrt die Grenzen zwischen Islamkritik und Islamfeindlichkeit?

Für diese Fragen gibt es vielleicht keine fertigen Antworten. Aber diese Diskussion muss geführt werden. Und diese Diskussion braucht Impulse und Informationen. Die liefert Claudia Dantschke reichlich. Sie tut es jeden Tag, engagiert und streitbar, scheinbar selbstverständlich.

‚Solange ich lebe, habe ich nicht einfach nur zu atmen, sondern diese Art Kraft, die ich durchs Atmen aufnehme, habe ich auch nach außen zu tragen.‘

Dieses Getrieben-Sein von einem Gefühl der Verantwortung – das scheint auch auf unsere Preisträgerin zuzutreffen. Wer Claudia Dantschke kennt, der weiß, dass sie manchmal kaum Luft zu holen scheint, wenn sie spricht. Bereitwillig teilt sie ihr Wissen jedem mit, der es hören mag. Dabei geht es ihr nicht um eitle Selbstpräsentation, sondern um die Sache. Damit ist sie längst zu einer Mischung aus Institution und Geheimtipp geworden. Wenn wir mit unserem Preis dazu beitragen können, dass sie noch bekannter wird, würde uns das sehr freuen das. Vor allem möchten wir uns aber herzlich bei ihr bedanken, für ihre einzigartige Arbeit.“

Sie können die Rede von Roland Otte hier nachhören:

Dauer: 7:53 min

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