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Bremen - Auslän­der­be­hörde verweigert Auskunft über Fragebogen zur "Schei­n­e­he-Er­mitt­lung"

Mitteilungen07/2013Seite 14

Mitteilungen Nr. 221 (2/2013) S.14

Die Humanistische Union Bremen versucht seit mehr als einem Jahr, von der Bremer Senatsverwaltung Auskunft über einen Fragebogen zur Scheineheermittlung zu erhalten. Im vergangenen Jahr war durch Medienberichte bekannt geworden, dass die Ausländerbehörde zur Ermittlung sog. „Scheinehen“ bei binationalen Paaren einen Fragebogen mit 115 Fragen einsetzt, um vermeintlich vorgetäuschten Ehen mit MigrantInnen auf die Spur zu kommen. Das Verwaltungsgericht Bremen hatte mit Beschluss vom 23. Mai 2012 (Az.: 4 V 320/12) rechtskräftig entschieden, dass das Amt im konkreten Fall den Fragebogen nicht einsetzen durfte, weil bei dem betroffenen Paar überhaupt kein Anfangsverdacht auf eine Scheinehe bestand.

Nach den Medienberichten beantragte die HU Bremen am 14. Juni 2012 die Zusendung des Fragebogens sowie dessen Veröffentlichung im Informationsregister des Landes Bremen. Nachdem dieser Antrag zunächst monatelang nicht bearbeitet wurde, erhielt die HU am 27. Dezember 2013 einen Ablehnungsbescheid. Dagegen legte die HU Bremen einen Monat später Widerspruch ein – über den bis zum Redaktionsschluss nicht entschieden wurde.

Nach Ablauf der dreimonatigen Regel-Prüfungszeit kündigte die HU Bremen in einer Pressemitteilung vom 17. Juni 2013 an, die Behörde notfalls mit einer „Untätigkeitsklage“ vor dem Verwaltungsgericht Bremen zu einer Entscheidung zu zwingen. Zudem forderte sie die Leiterin des Stadtamtes auf, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass der Transparenzanspruch des Bremer Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) umgesetzt werde. Die Vorgaben des 2006 erlassenen Bremer IFG seien eindeutig: Innerhalb eines Monats muss die Behörde über den Antrag auf Akteneinsicht entscheiden (§ 7 Abs. 6) – dafür benötigte die Behörde im vergangenen Jahr über sechs Monate. Ebenso wenig sei die fehlende Bearbeitung des Widerspruchs vom Ende Januar 2013 hinnehmbar.

Der Fall zeige, wie wenig der Anspruch des Informationsfreiheitsgesetzes bisher in der Rechtswirklichkeit und im Verwaltungsalltag angekommen sei. Das zeige auch die ablehnende Begründung im Bescheid des Stadtamtes. „Rechtsgrundlage für die Entscheidung über unseren Antrag war einzig und allein das Informationsfreiheitsgesetz. Jede negative Entscheidung über einen Antrag müsste die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die das Amt zu seiner Entscheidung bewogen hat. Eine solche Begründung mit den im Gesetz vorgesehenen Ausnahmebestimmung fehlte jedoch komplett. Vielmehr begründete die Behörde ihre Ablehnung damit, dass sich die Arbeit der Aufenthaltsbehörde allein nach dem Aufenthaltsgesetz richte“, so Heinz Lüneberg für die Antragsteller.

Sven Lüders


Über das Thema „Scheinehe“-Ermittlungen der Ausländerbehörden berichtet auch der „Grundrechte-Report 2013“. Der Bremer Rechtsanwalt und parlamentarische Berater Dr. Rolf Gössner schreibt dort über die „Peinliche Ausforschung der Privatsphäre“.

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