Regierungsinitiative für bundesweite Volksentscheide begrüßt
Diskussion um Bürgermitsprache kommt weit voran Untaugliches Volksentscheidungsrecht würde Politikverdrossenheit stärken
Mitteilung Nr. 164, S. 118
Die angekündigte Initiative der neuen Regierungskoalition zur Einführung von bundesweiten Volksentscheiden wird auch von der Bürgeraktion Mehr Demokratie begrüßt. Nach der Koalitionsvereinbarung sei die Diskussion um direkte Bürgermitsprache in der Bundesrepublik weit vorangekommen. Es gehe jetzt nur noch darum, wie die Initiative zur Ergänzung des Grundgesetzes aussehe, erklärte Mehr Demokratie. Ein unbrauchbares Volksentscheidsrecht wie in fast allen Bundesländern führt nur zu neuer Politikverdrossenheit, sagt Vorstandssprecher Tim Weber in München. Das Mitwirkungsrecht der Bürger muß auch anwendbar sein, damit die demokratische Kultur gewinnt.
Eine Zweidrittel-Mehrheit für die Ergänzung des Grundgesetzes für bundesweite Volksentscheide sei allerdings nicht in Sicht. Zwar habe der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber überraschend die Unterstützung der Staatsregierung im Bundesrat angekündigt, der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, habe dies aber schroff abgelehnt (Pressemitteilung vom 17. Oktober). Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung von Volksentscheiden war vor Ende Juni nur von der PDS unterstützt worden. In der gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat hatte es dagegen noch eine Mehrheit für eine Grundgesetzänderung gegeben, jedoch nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit.
Die Bürgeraktion Mehr Demokratie will deshalb 2001 ein selbstorganisiertes Volksbegehren für bundesweite Volksentscheide starten. Die Eckpunkte des Gesetzentwurfes wurden Ende Oktober im Presseclub München vorgestellt.
Nach dem Grundgesetz übt das Volk die Staatsgewalt zwar in Wahlen und Abstimmungen aus (Artikel 20, Absatz 2). Bundesweite Volksentscheide werden aber nicht geregelt. Die Bundesrepublik ist nach Angaben von Mehr Demokratie eines der letzten Länder Europas, in dem es keine nationalen Volksentscheide gibt. In Bayern setzte Mehr Demokratie 1995 erstmals mit einem Volksbegehren die Einführung von kommunalen Bürgerentscheiden durch. Seit einer Woche gilt auch in Hamburg ein Gesetz für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in den sieben Stadtbezirken. Mehr Demokratie war am 27. September beim Volksentscheid mit einer Mehrheit von über 73 Prozent der Stimmen erfolgreich. Berlin ist seither das letzte Bundesland, in dem Bürgerentscheide verboten sind.
Oliver Hinz,
Pressesprecher Mehr Demokratie e.V. , Tel.:089/8211774