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Rote Hilfe

Mitteilungen12/2001Seite 114

Mitteilungen Nr.176 S. 114

Heinz-Jürgen Schneider, Erika Schwarz, Josef Schwarz: Die Rechtsanwälte der Roten Hilfe Deutschlands. Politische Strafverteidiger in der Weimarer Republik – Geschichte und Biografien. Vorw. Heinrich Hannover
ca. 360 S., zahlreiche Abb. Und Faksimiles, gebunden. Subskriptionspreis bis 1. März 2002 Euro 20,00, danach Euro 25,00
Es werden 200 Vorbestellungen benötigt, damit der Titel erscheinen kann.

Inhalt: Zur Geschichte der Roten Hilfe Deutschlands; Der Feind steht links – Politische Justiz 1919-1933; Justizkrieg – Die Arbeit der Anwälte der Roten Hilfe Deutschlands; Strategien für den Kampf im Gerichtssaal; Prozesse, Aktionen, Kampagnen, Untersuchungsausschüsse; Wie verteidigt sich der Proletarier vor Gericht; Für eine fortschrittliche Rechtspolitik; Die internationale Juristische Vereinigung; Der Alltag eines Rote-Hilfe-Anwalts; Das Ende. Zu Unrecht (fast) vergessen: 300 Biographien der für die Rote Hilfe tätigen Rechtsanwälte; Literatur- und Quellenverzeichnis; Alphabetische Übersicht über die regionale Verteilung der für die Rote Hilfe tätigen Rechtsanwälte in Deutschland bis 1933.
„Die Autoren sind auf historische Spurensuche gegangen. Sie haben Namen und Lebensdaten von Rechtsanwälten aufgespürt, die in den 14 Jahren der Weimarer Republik, in denen sich das Hitler-Reich ankündigt, im Auftrage der Roten Hilfe Menschen vor Gericht verteidigt haben. Es ist traurig, daß diese Anwälte und die Menschen , die damals angeklagt wurden, in Vergessenheit geraten konnten, denn sie waren es, die gegen die faschistischen Terroristen und ihre Wegbereiter im Staatsapparat und in der Justiz schon zu einer Zeit gekämpft haben, als deren „Machtergreifung“ noch zu verhindern gewesen wäre. An diese von republikfeindlichen, deutsch-national oder faschistisch gesinnten Richtern verurteilten Angeklagten und deren Verteidiger hätte das kollektive Geschichtsbewusstsein der Deutschen nach dem Zusammenbruch des Nazi-Staates anknüpfen können. Sie waren die Repräsentanten des anderen Deutschland, an das die kollektivschuldige Mehrheit sich hätte erinnern sollen, als sie sich ihrer eigenen Geschichte schämte oder hätte schämen müssen.
Aber da gab es Gründe, sich dieser Menschen nicht zu erinnern, denn gerade an ihnen war man schuldig geworden, und sie waren noch immer oder schon wieder Gegenstand des Hasses oder der Diskriminierung. Daß die Angeklagten der politischen Justiz von 1918- bis 1933 ganz überwiegend Kommunisten waren, sicherte ihnen zwar in der DDR ein ehrendes Andenken, nicht aber in der alten Bundesrepublik, in der historische Verdienste von Kommunisten einfach nicht wahr sein durften und weiterhin der Zensur durch Verschweigen verfielen. Sich ihrer zu erinnern hätte der neuen Kommunistenverfolgung, die bis in unsere Tage anhält, im Wege gestanden.
Mit den Verteidigern hatten beide deutsche Nachkriegsstaaten ihre Schwierigkeiten. Nicht nur, weil sie ganz überwiegend Juden oder jüdischer Abstammung waren und antisemitische Geisteshaltungen hier wie dort fortwirkten oder wiederkamen.
Auch soweit sie Kommunisten waren, erinnerte man sich ihrer sowohl im Westen wie im Osten nicht gerne, weil man nicht über sie reden kann, ohne auch der schwärzesten Abschnitte deutscher und sowjetischer Geschichte zu gedenken. Denn die Lebensläufe vieler Angeklagten und ihrer Verteidiger endeten in Gefängnissen und Todeslagern. Und zwar, was für alle freiheitlich gesinnten Sozialisten besonders empörend ist, nicht nur in denen Hitlers, sondern auch denen Stalins.
Und auch dieses Buch ist eine Sammlung erschütternder Lebensschicksale in Kurzfassung. Immer wieder finden wir Schlusssätze wie „… und nach einjähriger Haft zum Tode verurteilt und erschossen.“
Dieses Buch kann von vielen Rechtsanwälten, die in jener mit antikommunistischer Feindseeligkeit und Mordbereitschaft aufgeladenen Zeit zwischen 1918 und 1933 den Mut hatten, Kommunisten, Sozialdemokraten und Linke vor Gericht zu verteidigen, nur dürre Daten und Fakten mitteilen, die von den Autoren mit viel Mühe ermittelt worden sind. Aber für jeden, dem die barbarischen staatlichen Großverbrechen des 20. Jahrhunderts nicht unbekannt sind, werden aus vielen Stichworten menschliche Katastrophen lebendig, die sich zu einem dramatischen historischen Gesamtbild zusammensetzen.“
Aus dem Vorwort von Heinrich Hannover

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