Alexanderplatz: Bigotterie in der HU?
Sven Lüders
Kommentar zu: Alexander Görlach, Liebe und Leiden – es geht um den Fortbestand der Kirche, Blogeintrag auf AlexanderPlatz vom 7. April 2010
In seinem Beitrag unterstellt Alexander Görlach, die Humanistische Union bzw. einzelne ihrer Beiratsmitglieder würden die aktuelle Debatte um Vorfälle sexuellen Missbrauchs für eine Kirchenkritik nutzen. Er schreibt: „Die politischen Kirchenfeinde Leutheusser-Schnarrenberger, Claudia Roth und Renate Künast werden nicht müde, die Kirche zu kritisieren. Dabei gehören sie alle drei dem Beirat der Humanistischen Union an, die sich für straffreien Sex mit Kindern stark gemacht hat. An Bigotterie kann die sicher nicht um Raffinessen verlegene katholische Kirche hier noch etwas lernen.”
Der Vorwurf verdreht die Diskussion in mehrfacher Weise:
1. Die Humanistische Union hat sich nicht für „straffreien Sex mit Kindern” engagiert! Weder teilen wir die Meinung, dass Erwachsene mit Kindern eine einvernehmliche Sexualität teilen könnten, noch haben wir entsprechende Forderungen vorgelegt oder uns in anderer Weise für eine Legalisierung solcher Beziehungen engagiert. Die Humanistische Union ist eine Bürgerrechtsorganisation, für die der Schutz der Kinder vor sexuellen Übergriffen ebenso wie ein rechtsstaatlicher Umgang mit Verdächtigen oder verurteilten Straftätern zu den rechtsstaatlichen Grundwerten unserer Gesellschaft gehören. Aus diesem Grund hat sie sich gegen eine Dämonisierung von Pädophilen ausgesprochen – genauso wie sie sich für einen fairen Umgang mit Terrorverdächtigen oder anderen Menschen einsetzt, die unsere moralischen Normen verletzten und zum Teil schlimmes Leid anrichten.
2. Die Humanistische Union hat sich zu der Debatte um den Missbrauch Schutzbefohlener in kirchlichen Einrichtungen nicht geäußert und wird in dieser Hinsicht auch keinerlei „Ratschläge” erteilen. Unsere einzige Reaktion in dieser Angelegenheit ist eine Pressemitteilung vom 13.3.2010 und ein mittlerweile dazu anhängiger Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin, in dem wir uns gegen Anwürfe von Gerhard Ludwig Müller aus Regensburg wehren. Im Übrigen versteht sich die Humanistische Union nicht als Kirchenfeindin. Wir treten für die Religionsfreiheit aller hier lebenden Menschen ein, gleich welcher Glaubensüberzeugung. Insofern kritisieren wir die aus unserer Sicht einseitige Privilegierung der christlichen Kirchen durch Staatskirchenleistungen, aber keineswegs diese Institutionen selbst. Im Gegenteil – wir arbeiten bei vielen Themen mit Kirchenvertretern und kirchlichen Institutionen sehr gut zusammen.
3. Wenn sich Politikerinnen zu aktuellen politischen Debatten äußern, so ist dies ihr gutes Recht. Ihre Meinungsfreiheit wird nicht durch eine (Beirats-)Mitgliedschaft in der Humanistischen Union suspendiert. Der Beirat der Humanistischen Union hat eine den Vorstand unseres Vereins beratende Funktion, ist kein „Sprachrohr” unseres Verbandes. Wenn sich Mitglieder unseres Beirates daher in der Öffentlichkeit äußern, sprechen sie i.d.R. im eigenen Namen oder im Namen ihrer Partei. Die Humanistische Union tritt für eine weitgehende Transparenz politischer Diskussionen und Entscheidungen ein (wir haben u.a. das Informationsfreiheitsgesetz mit erstritten). Insofern ist nicht nur unsere gesamte vereinsinterne Diskussion für die Öffentlichkeit einsehbar, sondern Sie können auch sicher sein, dass wir unsere Meinungsäußerungen als Verband jederzeit ausdrücklich kennzeichnen.
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