Offener Brief zu den Abschiebezahlen des Bürgermeisters
Mit Empörung haben wir die Äußerung unseres Bürgermeisters Bernd Saxe zu numerischen Abschiebezielen von in Lübeck lebenden Flüchtlingen vernommen. Vom obersten Verwaltungsbeamten dieser Stadt und Vorgesetzten der Ausländerbehörde ist zu erwarten, dass er sich für die Einhaltung unserer Grundrechte einsetzt, das individuelle Recht auf Asyl achtet und die Ziele des sogenannten Flüchtlingspaktes Schleswig-Holsteins umsetzt, eine bessere kommunale Versorgung und Betreuung von geflüchteten Menschen in unserer Stadt realisiert und nicht populistische Parolen in die Welt setzt.
Das seit Oktober 2015 in Kraft getretene Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz ermöglicht eine Abschiebung ohne Bekanntgabe des Termins. Dies wird auch in Lübeck bereits praktiziert. Flüchtlinge werden mit diesem Gesetz in die „guten“ Kriegsflüchtlinge als „wirklich Schutzbedürftige mit Bleibeperspektive“ und die „schlechten“ Armutsflüchtlinge mit „ungerechtfertigten Asylanträgen“ eingeteilt. Ihnen, die angeblich „Fehlanreizen“ folgen, wird pauschal Missbrauch des Asylrechts unterstellt. Sie sollen nicht mehr in die Kommunen gelangen, sondern weitgehend isoliert in Landes-Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben, um nach der beschleunigten Abwicklung ihrer Asylanträge, vermutlich nur mit Blick auf das „sichere Herkunftsland“, ganz schnell abgeschoben zu werden.
Wir lehnen die Asylrechtsverschärfungen ab und fordern eine echte Willkommenskultur für alle Geflüchteten. Die Abschiebung wurde in Lübeck auch bei einer im siebten Monat schwangeren Frau angeordnet. Es werden Familien auseinandergerissen, indem Familienmitglieder voneinander getrennt abgeschoben werden sollten. Auch wurde angeordnet, dass „nur“ der Ehemann einer Schwangeren mit zwei Kleinkindern ausreisen sollte. Ob diese Praxis dem Grundrecht auf Schutz der Familie und der körperlichen Unversehrtheit entspricht, ist äußerst fragwürdig und sollte vom Chef der Verwaltung überprüft werden.
In einer Stadt, in der die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge ohne die unendlich vielen Ehrenamtlichen nicht möglich wäre, in einer Stadt in der durch die solidarische Unterstützung der BürgerInnen 14.000 Transitflüchtlingen ermöglicht wurde zu ihren Familienmitgliedern und Freunden in Skandinavien zu gelangen, in einer Stadt, in der ein breites, überparteiliches Bündnis Naziaufmärsche verhinderte, und in einer Stadt, in der sich vor 20 Jahren der damalige Bürgermeister massiv für die Opfer des Brandanschlages auf das Asylbewerberheim einsetzte und dafür sorgte, dass nahezu alle ein dauerhaftes Bleiberecht erhielten, in dieser Stadt ist Platz für Flüchtlinge und keine Toleranz für die inhumanen Abschiebungen.
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