Petition zur Einbeziehung von Strafgefangenen in die Rentenversicherung
Vom Gesetzgeber war im Strafvollzugsgesetz von 1976/77 vorgegeben, Gefangene in das Rentenversicherungssystem einzubeziehen. Dies ist aber nie realisiert worden. Das besondere Bundesgesetz, mit dem der Einbezug von Gefangenen in die sozialen Versicherungssysteme gewährleistet werden sollte, ist bis heute nicht erlassen worden.
An den Petitionsausschuss
des Deutschen Bundestages
Petition zur Einbeziehung von Strafgefangenen in die Rentenversicherung
Der Deutsche Bundestag möge beschließen:
Gefangene, die im Strafvollzug einer Arbeit oder Ausbildung nachgehen, werden in die Rentenversicherung einbezogen. Die seit über 30 Jahren suspendierten §§ 190-193 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) werden gemäß § 198 Abs. 3 StVollzG – in angepasster Form – in Kraft gesetzt.
Begründung:
Der Bundesgesetzgeber hatte bei der Formulierung des StVollzG (vom 16.3.1976, Inkrafttreten am 1.1.1977) mit den §§ 190-193 die Einbeziehung von arbeitenden Strafgefangenen in die Sozialversicherungssysteme umfassend geregelt. In § 198 Abs. 3 StVollzG wurde angekündigt, dass jene Paragraphen „durch besonderes Bundesgesetz … in Kraft gesetzt“ werden. Das versprochene Bundesgesetz wurde jedoch bis heute nicht erlassen (geregelt ist lediglich die Unfall- und die Arbeitslosenversicherung, während die Krankenversorgung anderweitig konstruiert wurde; offen ist u.a. die Pflegeversicherung und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall).
Der Gesetzgeber hielt seinerzeit die Einbeziehung von Strafgefangenen in die sozialen Sicherungssysteme für unentbehrlich und betonte, dass es „nicht gerechtfertigt ist, neben den notwendigen Einschränkungen, die der Freiheitsentzug unvermeidbar mit sich bringt, weitere vermeidbare wirtschaftliche Einbußen zuzufügen“ (BT-Drs. 7/918, 67). Die Bundesregierung betonte zuletzt 2008 auf eine Kleine Anfrage hin erneut, dass sie „die Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche … Rentenversicherung weiterhin für sinnvoll“ halte (BT-Drs. 16/11362).
Der Gesetzgeber hat damit einen entsprechenden Rechtsanspruch der Gefangenen dem Grunde nach gesetzlich anerkannt und sich insoweit selbst gebunden. Das im geltenden StVollzG angekündigte Bundesgesetz zur sozialen Sicherung von Gefangenen nicht zu erlassen, kommt einem schweren Vertrauensbruch gleich – ihn „aufgeschobene Inkraftsetzung“ zu nennen (BT-Drs. 16/11362), klingt nach über 30 Jahren wie purer Zynismus.
Strafgefangene (zumindest) in die Rentenversicherung einzubeziehen, ist ein Gebot sozialer Rechtspolitik und ist der Verfassung sowie nicht zuletzt den Grund- und Menschenrechten der Strafgefangenen geschuldet:
- Die Einbeziehung in die Rentenversicherung ergibt sich aus dem Wiedereingliederungsauftrag des Strafvollzuges, denn eine eigenverantwortliche Lebensführung nach der Entlassung bedarf der sozialen Absicherung.
- Die Würde des arbeitenden Strafgefangenen wird angetastet, wenn seine Arbeitszeiten keine (sozialversicherungsrechtliche) Anerkennung finden.
- Das Gleichheits- und Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes werden verletzt, wenn die Arbeit im Strafvollzug nicht mit üblicher Arbeit gleichgesetzt wird. Fiskalische Bedenken dürfen der Durchsetzung dieser Prinzipien nicht im Wege stehen; gegen entsprechende erwartbare Bedenken der Länder muss sich der Bundestag gegebenenfalls durchsetzen. Der Bundesgesetzgeber muss zu seinem Wort stehen.
Erstunterstützende Organisationen:
- Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
- Humanistische Union e.V.
- Arbeitskreis Kritischer Strafvollzug e.V., Münster
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S) e.V.
- Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen, Berlin
- Strafvollzugsarchiv e.V., Bremen
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.
- Vorstand der Holtfort-Stiftung, Laatzen
- Institut für Konfliktforschung, Hamburg
Petition mit einer Unterschriftenliste zum Herunterladen
Bitte ausgefüllte Unterschriftenlisten zurücksenden an:
Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7-11, 50670 Köln