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Stellung­nahme des Europä­i­schen Wirtschafts- und Sozial­aus­schusses

20. Januar 2006

zum Richtlinienvorschlag (KOM (2005) 438 endg.), TEN 230 vom 20.01.2006

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) wurde vom Rat gemäß Art. 95 EGV um eine Stellungnahme zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG“ (KOM (2005) 438 endg. – 2005/0182 (COD)) ersucht.

In seiner Stellungnahme äußert sich der EWSA zum vorgelegten Richtlinienvorschlag äußerst kritisch. Er zeigt sich besorgt über die Vorlage eines Legislativvorschlags, der inhaltlich unangemessen sei und grundrechtsbeeinträchtigend wirken würde. Der Kommissionsvorschlag würde weit reichende Folgen für die Integrität aller Nutzer von elektronischen Kommunikationsdiensten haben. Es seien Hemmungen beim Umgang mit den modernen elektronischen Diensten zu befürchten, was die künftige Entwicklung der Informationsgesellschaft und die Durchsetzung der Lissabon-Strategie bremsen würde. Der Ausschuss äußert zudem gut begründete Zweifel an der Vereinbarkeit des Richtlinienvorschlags mit dem Subsidiaritätsprinzip sowie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Insbesondere wird bemängelt, dass die Menge der zu speichernden Daten angesichts des Ziels, zweckdienliche Informationen zu Ermittlungszwecken zu erhalten, zu hoch sei. Der Ausschuss empfiehlt daher entsprechende Begrenzungen. Ähnliches soll für die Speicherungsdauer gelten, wozu der Ausschuss eine einheitliche Dauer von sechs Monaten für angemessen hält. Weiterhin kritisiert der EWSA das Fehlen von Regelungen, wie die gespeicherten Daten während der Speicherungsdauer vor Missbrauch geschützt werden. Außerdem berücksichtige der Kommissionsvorschlag die Rechte der Verbraucher nicht ausreichend. Zur Frage, ob schon die anlasslose Speicherung von umfangreichen Kommunikationsdaten selbst einen möglicherweise ungerechtfertigten Grundrechtseingriff darstellt, bezieht der EWSA keine Stellung.

Bezüglich der vorgeschlagenen Regelungen über die Zusatzkosten, die den Betreibern aus der Erfüllung der vorgesehenen Pflichten zur Vorratsspeicherung und Übermittlung von Daten entstehen, vertritt der Ausschuss eine gegenteilige Auffassung als die Kommission. Die entstehenden Zusatzkosten sollten nach Ansicht des EWSA als eine Obliegenheit gesehen werden, die die Betreiber allein aufgrund der Tatsache, dass sie auf dem Markt tätig sind, erfüllen müssen und die nicht von der öffentlichen Hand zu tragen seien. Der Kommission wird die Streichung der Regelung zur Erstattung der Zusatzkosten empfohlen, da sie ungerechtfertigt sei. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass der EWSA die Tatsache übersieht, dass mit der Auferlegung der Speicherungspflicht für die Telekommunikationsunternehmen ein erheblicher Aufwand entsteht, was einen tiefgreifenden Eingriff in ihre Unternehmensfreiheit darstellt. Eine entsprechende Entschädigung erscheint hier deshalb sachgerecht.

Im Ergebnis empfiehlt der EWSA der Kommission eine gründliche Überarbeitung ihres Vorschlags. Dieser Empfehlung hat die Kommission dann allerdings nur teilweise Rechnung getragen.

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