Beitragsbild Appell an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Steinmeier mit Herzog in Israel im Kibbuz Be'eri 2023. Quelle: Haim Zach, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0
Pressemeldungen / Frieden

Appell an Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Steinmeier

11. Mai 2025

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der deutsch-israelischen Beziehungen planen Sie vom 12. bis 13. Mai einen Staatsbesuch in Israel. Auf dem Programm stehen unter anderem ein Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie ein Abendessen auf Einladung von Präsident Jitzchak Herzog. Vor dem Hintergrund des andauernden Genozids an der palästinensischen Bevölkerung halten wir es für unangemessen, die deutsch-israelischen Beziehungen in dieser Form feierlich zu begehen. Wir fordern Sie daher auf, von Ihrem geplanten Staatsbesuch in Israel abzusehen. Über 52.000 Menschen sind in Gaza bereits durch die israelische Armee getötet worden, darunter mehr als 17.000 Kinder. Seit über 60 Tagen blockiert die israelische Regierung jegliche humanitäre Hilfe. Tausenden Menschen droht der Hungertod. In der aktuellen Situation kann Ihr Besuch nur als Unterstützung der völkerrechtswidrigen israelischen Gewalt in Gaza und der Westbank verstanden werden.

Gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, darunter der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe. Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) ist zudem eine Klage anhängig, in der Israel ein Verstoß gegen die Völkermordkonvention vorgeworfen wird. Die vom IGH im Jahr 2024 erlassenen Anordnungen zur Verhinderung eines Völkermords wurden von Israel bislang nicht umgesetzt. Führende israelische Politiker, darunter Benjamin Netanjahu und Jitzchak Herzog, haben mehrfach genozidale Äußerungen getätigt. Gleichzeitig setzt Israel die Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza sowie die Besatzung und Vertreibung in der Westbank im offenkundigen Widerspruch zum Völkerrecht fort. Als Vertragsstaat der UN-Völkermordkonvention und des Römischen Statuts ist Deutschland verpflichtet, Völkerrechtsverbrechen zu verhindern – auch solche, die von Israel begangen werden. Ein feierliches Zusammentreffen mit genau jenen Akteuren, die maßgeblich für die völkerrechtswidrige Gewalt in Gaza und der Westbank verantwortlich sind, normalisiert die Völkerrechtsbrüche, sendet ein falsches Signal – und untergräbt das internationale Recht.

Aus unserer Geschichte und dem Grundgesetz erwächst die Verpflichtung, die Menschenrechte und das Völkerrecht zu wahren. Diese Werte müssen die Grundlage jeder Partnerschaft bilden. Wir fordern Sie daher auf: Nutzen Sie die Jahresfeier als Gelegenheit, ein Zeichen für ein Ende der Gewalt, für Gerechtigkeit und für Menschlichkeit zu setzen. Laden Sie israelische Friedensaktivist:innen, Menschenrechtler:innen, kritische Journalist:innen und Intellektuelle, Holocaustüberlebende, palästinensische Bürger:innen Israels sowie engagierte zivilgesellschaftliche Organisationen wie Standing Together, Israelis für Frieden, Breaking the Silence und B’Tselem ein. Die Stärkung dieser Stimmen wäre in der aktuellen Situation ein wichtiges Signal – sowohl an die Menschen in der Region als auch an die internationale Gemeinschaft –, dass sich Deutschland nicht selektiv, sondern konsequent zu den Menschenrechten und zum Völkerrecht bekennt.

Mit freundlichen Grüßen,

Allianz für Kritische und Solidarische Wissenschaft (KriSol)
Arbeitskreis Palästina Brühl-Battir
Das Israelische Komitee Gegen Hauszerstörungen
Forum Friedensethik in der Evangelischen Landeskirche in Baden (FFE)
Frauen wagen Frieden
Freiburger Diözesanvorstand der Internationalen Katholischen Friedensbewegung PAX
CHRISTI
Freunde von Sabeel Deutschland
Humanistische Union
Israelis für Frieden
Kairos Palästina Solidaritätsnetz Deutschland (KPS)
Palästina Initiative Region Hannover
pax christi Deutsche Sektion
SALAM SHALOM Arbeitskreis Palästina-Israel e.V. München
Uni(te) for Pali
Verein palästinensischer und jüdischer Akademiker*innen (PJA)

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