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Bundestag entscheidet gegen Bevöl­ke­rungs­mehr­heit und Fachver­stand

06. November 2015

Beschluss zum Verbot geschäftsmäßiger Suizidbeihilfe beendet deutsche Rechtstradition. Gesetz ist kein wirksamer Beitrag zur Suizidprävention, sondern schränkt die Rechte Sterbewilliger unzulässig ein. Humanistische Union kündigt Unterstützung entsprechender Verfassungsbeschwerden an.

Am Freitag, den 6. November 2015, hat der 18. Deutsche Bundestag in seiner 134. Plenarsitzung die seit dem Reichstrafgesetzbuch in Deutschland geltende Straffreiheit des assistierten Suizides beendet. Mit dem nun beschlossenen „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ (BT-Drs. 18/5373) wird ausweichlich der Gesetzesbegründung jegliche wiederholte oder organisierte Beihilfe zum Suizid strafbar. Dabei geht es nicht um die Absicht, mit derartigen Angeboten Gewinne zu erzielen. Bestraft werden mit dem neu geschaffenen § 217 Strafgesetzbuch nicht nur jene, die wiederholt beim Suizid unmittelbar helfen, sondern auch diejenigen, die entsprechende Hilfen gewähren, verschaffen oder vermitteln.

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) zeigt sich von dem Beschluss des Parlaments schwer enttäuscht: „Dies ist ein Rückschlag im Kampf um die Selbstbestimmung Sterbender, der sich unser Verein seit den 1970iger Jahren verschrieben hat“, so Rosemarie Will vom Bundesvorstand der HU. „Es ist die Rückkehr zum Paternalismus mit den Mitteln des Strafrechts, den wir in der Diskussion um Sterbehilfe längst überwunden glaubten.“ Angesichts von jährlich etwa 10.000 Suiziden, von denen rund 200 mittels organisierter Beihilfe vollzogen werden, könne der Gesetzgeber nicht stichhaltig begründen, warum die Existenz eines Sterbehilfevereins eine derart hohe Gefahr für den Schutz des Lebens darstellen soll. „Für den heute beschlossenen Eingriff in die Rechte Sterbewilliger haben die Abgeordneten keine nachvollziehbare Rechtfertigung geben können.“ Eine von Vereinen, Einzelhelfern und Ärzten angebotene Sterbehilfeberatung wirke erwiesenermaßen auch suizidpräventiv, weil viele Betroffene nach derartigen Beratungen ihr Vorhaben nicht umsetzen. „Anstatt solche Angebote zu stärken und sinnvoll zu regulieren, hat der Gesetzgeber die grundrechtlich geschützte Tätigkeit von Sterbehelfern, Vereinen, aber auch von assistierenden Ärzten mit den Mitteln des Strafrechtsrechts verboten“, kritisiert Will. Dem heutigen Beschluss liege erkennbar die immer noch verbreitete moralische Abwertung des Suizids zugrunde. „Auf derartige Wertvorstellungen darf sich der Gesetzgeber im säkularen Staat nicht verlassen. Auch im Strafrecht ist die religiöse und weltanschauliche Neutralität des Staates zu wahren. Das Gesetz ist deshalb nach unserer Auffassung verfassungswidrig und kann keinen Bestand haben.“ Die Humanistische Union wird deshalb entsprechende Verfassungsbeschwerden gegen das heute verabschiedete Gesetz unterstützen.

Für Rückfragen steht Ihnen der Geschäftsführer der Humanistischen Union, Sven Lüders, unter Mobilnr. 01520 183 1627 zur Verfügung.

Ausführliche Informationen und Kritiken zu den heute abgestimmten Gesetzentwürfen finden Sie in Heft #210/211 der Zeitschrift vorgänge, die von der Humanistischen Union herausgegeben werden: https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/online_artikel/210/

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