Das Grundrecht auf Unbeobachtetheit auch im Internet erhalten
Humanistische Union begrüßt Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt zugunsten des Anonymisierungs-Projektes AN.ON (JAP)
Im Zeichen von Anti-Terrorkampf und falsch verstandenem Sicherheitsdenken droht das Ende von Unbeobachtetheit und Anonymität. Dabei wächst der Druck von Sicherheitsbehörden auf alle, die sich diesem herrschenden Trend zu widersetzen wagen. Das musste unlängst selbst der Schleswig-Holsteinische Datenschutzbeauftragte erfahren. Wie erst jetzt aus einem dazu veröffentlichten Bericht dieser Behörde hervorgeht, hatte das Bundeskriminalamt Druck auf das von den Holsteinern mitbetriebene innovative Anonymisierungsprojekt AN.ON ausgeübt. Der Internetdienst ermöglicht es datenschutzbewussten Internetnutzern, sich selbst aktiv vor Überwachung durch andere im Internet zu schützen. Im Rahmen eines Strafverfahrens hatte das BKA die Projektbetreiber über die gebotenen notwendigen rechtlichen Beschränkungen hinaus gezwungen, persönliche Daten herauszugeben. Dadurch war eine erhebliche Unruhe in den Reihen der Nutzer entstanden, ob Anonymität im Rahmen des Dienstes überhaupt noch gewährleistet werden könne.
Berufen hatte sich das BKA auf eine Norm, wonach bei „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ Verbindungsdaten der Internetnutzer an die Polizei herauszugeben seien. Diesem Vorgehen hat das Landgericht Frankfurt am Main nun klar widersprochen. Nach Auffassung des Gerichtes genügte die vom BKA angeführte Norm nicht zur Rechtfertigung des erheblichen Eingriffes in die Rechte der Internetnutzer. Es erklärte deshalb die anderslautende Verfügung des Amtsgerichtes Frankfurt für rechtswidrig.
Der Rechtsinformatiker und Bundesgeschäftsführer der Humanistischen Union, Nils Leopold, sieht im Ausgang des Gerichtsverfahrens einen wichtigen Etappensieg beim Erhalt von bürgerrechtlichen Freiheiten in Zeiten des Internet. „Das BKA wurde durch die Justiz zurückgepfiffen. Es wird Zeit, dass auch die Datenschutzbehörden Konfliktbereitschaft zeigen und sich kämpferisch – notfalls vor Gericht – ihrer Haut erwehren. Denn es ist bemerkenswert, mit welch zumindest fahrlässiger Zerstörungswut die Sicherheitsbehörden den Ruf selbst innovativer und allseits respektierter Angebote zur anonymen Nutzung des Internet zu beschädigen vermögen. Unter dem Vorwand des Vorgehens gegen einzelne Straftäter geraten zunehmend ganze Infrastrukturen des Alltages unter Überwachung und werden als pauschale Fahndungsnetze missbraucht“.
Das Internet ist bekannt dafür, dass mit jedem Mausklick eine elektronische Spur hinterlassen wird. Die potentiell totale Überwachbarkeit der Nutzer/innen ist die Folge. Das aber kann in einem freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaat nicht hingenommen werden. Die Humanistische Union fordert deshalb die Bundesregierung auf, ihrer Schutzpflicht für die Bürgerrechte effektiv nachzukommen. Moderne und innovative, für alle Bürger geschaffene Datenschutzkonzepte wie AN.ON bedürfen deshalb der Unterstützung. Der Geschäftsführer der Humanistischen Union kommentiert: „Man kann nicht auf der einen Seite mehr Selbstverantwortung der Bürger für den Schutz ihrer Privatsphäre einfordern, jedoch auf der anderen Seite diese dann bei ihren Anstrengungen des Selbstschutzes allein lassen. Auch mögliche Beschädigungen des Vertrauens in Anonymisierungsdienste durch unverhältnismäßige Zugriffe seitens der Sicherheitsbehörden müssen verhindert werden.“