Grundrechte-Report 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt
Präsentator Igor Levit: „Fragen nach Solidarität, Miteinander, Füreinander sie sind aktueller denn je!“
Seit 1997 erscheint rund um den Verfassungstag am 23. Mai der „Grundrechte-Report: Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“. Am Dienstag, den 2. Juni 2020, haben zehn deutsche Bürger- und Menschenrechtsorganisationen in Berlin und online der Öffentlichkeit die neue Ausgabe des „Alternativen Verfassungsschutzberichts“ vorgestellt. Die 39 Einzelbeiträge des Reports widmen sich aktuellen Gefährdungen der Grundrechte und zentraler Verfassungsprinzipien, aber auch einzelnen grundrechtlichen Fortschritten, anhand konkreter Fälle aus dem vergangenen Jahr. Untersucht werden Entscheidungen von Parlamenten, Behörden und Gerichten, aber auch von Privatunternehmen.
Die Autor*innen des diesjährigen Reports analysieren so unterschiedliche Themen wie die Einführung der erweiterten DNA-Analyse im Strafprozessrecht, die Gefährdung von Umwelt und Gesundheit durch die Nitratbelastung des Grundwassers, den Einsatz von Elektroschockwaffen im Polizeistreifendienst oder die Ausweitung der Abschiebehaft.
Der Pianist Igor Levit, der auch für sein menschenrechtliches Engagement etwa gegen Rassismus und Antisemitismus bekannt ist, präsentierte in diesem Jahr den Grundrechte-Report. Für Levit steht die Gesellschaft vor bislang unbekannten Herausforderungen: „Die Verteidigung und der Ausbau der Grund- und Bürgerrechte und die darauf aufbauende Gestaltung einer solidarischen Gemeinschaft müssen deshalb oberste Priorität von uns allen sein. Die Fragen nach Solidarität, Miteinander, Füreinander – sie sind aktueller denn je.“
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Ausgabe des Grundrechte-Reports sind grundrechtliche Auseinandersetzungen rund um das Grundbedürfnis Wohnen, von „Mietpreisbremse“ und Berliner „Mietendeckel“ über die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz) in Geflüchtetenunterkünften bis zur viel diskutierten Sozialisierung von Wohnraum. Ingrid Hoffmann, Mieterin bei der Deutsche Wohnen und Vertreterin der Berliner Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen!“, erklärte: „Wir wollen Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen nach Artikel 15 Grundgesetz vergesellschaften. Wohnraum ist am besten aufgehoben als demokratisch verwaltetes Gemeingut, nicht als spekulatives Anlageobjekt.“
Zwei Beiträge im Grundrechte-Report 2020 widmen sich der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz, für ein tragfähiges Gesundheitssystem zu sorgen. Dazu gab Krankenpflegerin Ulla Hedemann Auskunft, die auf einer Berliner Kinderintensivstation arbeitet. Sie berichtete, welche verheerenden Auswirkungen der Pflegenotstand und das aktuelle Abrechnungssystem für die Beschäftigten und für das Grundrecht auf Gesundheit hat: „Das Fallpauschalen-System ist nicht auf den Menschen, sondern nur auf Profite ausgelegt. Dadurch setzt es falsche Anreize, die uns und unsere Patient*innen gefährden.“ Ihre Ausführungen verband sie mit der Forderung an die Politik, ein „neues patientenorientiertes System einzuführen“.
Grundrechte-Report 2020 – Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland.
Herausgegeben von: Leoni Michal Armbruster, Bellinda Bartolucci, Rolf Gössner, Julia Heesen, Martin Heiming, Hans-Jörg Kreowski, John Philipp Thurn, Rosemarie Will, Michèle Winkler und Christine Zedler. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M., Mai 2020, ISBN 978-3-596-70545-0, 240 Seiten, 12.00 Euro.
Inhaltsverzeichnis: http://www.grundrechte-report.de/2020/inhalt/Inhalt 2020
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