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Humanis­ti­sche Union und Gesell­schaft für Freiheits­rechte unter­stützen Klagen gegen Allge­mein­ver­fü­gung der Bundes­po­lizei zu angeblich gefähr­li­chen Werkzeugen

26. Dezember 2018

Die Humanistische Union (HU) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützen gemeinsam mehrere Widersprüche und ein Eilrechtsschutzverfahren gegen eine Verfügung der Bundespolizeidirektion Berlin. Mit der Verfügung will die Bundespolizei das Mitführen gefährlicher Werkzeuge in Berliner Bahnhöfen und Zügen verbieten. Die Beschwerdeführer*innen und die beiden Bürgerrechtsorganisationen halten die Verfügung weder für angemessen noch geeignet, um zu mehr Sicherheit im Berliner Nahverkehr beizutragen. Außerdem fehle es an einer geeigneten rechtlichen Grundlage für die Maßnahme und die Ausnahmeklauseln seien auch nicht hinreichend bestimmt.

In ihren Verfahren werden die Beschwerdeführer*innen vom HU-Vorstandsmitglied, der Berliner Rechtsanwältin Anja Heinrich vertreten. Sie sieht die Verfügung als untauglichen Versuch polizeilicher Präventivarbeit: „Die Gewährleistung der Sicherheit in Bahnhöfen und Zügen ist eine wichtige Aufgabe der Bundespolizei. Wir bezweifeln aber, dass dies mit einer Verfügung zu erreichen ist, die den meisten Betroffenen kaum bekannt sein dürfte und die selbst jene Bürger*innen, die die Verfügung kennen, völlig im Unklaren lässt, weil ihre Vorgaben wie ihre Ausnahmeregeln viel zu unbestimmt sind.
Die Verfügung verbietet an Wochenenden zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens das Mitführen von „gefährlichen Werkzeugen“ in allen Bahnen zwischen den Haltestellen „Zoologischer Garten“ und „Lichtenberg“.

Zur Durchsetzung des Verbots kann die Polizei jede Person anlasslos und ohne besonderen Grund durchsuchen und bei Verstößen bis zu 250 Euro Zwangsgeld verhängen. Die Verfügung ist jedoch so allgemein gefasst, dass nicht nur objektiv gefährliche Gegenstände (wie Waffen, Messer, Schlagringe etc.) darunter fallen, sondern auch alle anderen Gegenstände, mit denen andere Menschen verletzt werden können. „Damit kann das Verbot auf nahezu alle denkbaren Alltagsgegenstände angewandt werden, denn auch mit Laptops, Spazierstöcken oder Rucksäcken kann anderen Menschen Schaden zugefügt werden„, kritisiert Heinrich. „Schon allein deshalb ist das Verbot völlig unverhältnismäßig.“ Zudem könnten die Reisenden selbst kaum beurteilen, ob sie unter eine der unklar definierten Ausnahmeklauseln fallen und sie rechtskonform handeln oder nicht. Die Verfügung sieht Ausnahmen für gefährliche Gegenstände vor, etwa wenn es sich um beruflich bedingte Arbeitsmittel oder Dinge „ausschließlich zum häuslichen Gebrauch“ handelt, was die Betroffenen jedoch glaubhaft machen müssen.

Zu den Betroffenen zählen auch die beiden Widerspruchsführer*innen Susanne Schuster und Andreas Bogk, die von der HU und der GFF unterstützt werden. Sie führen regelmäßig einen Korkenzieher bzw. ein Taschenmesser für private bzw. berufliche Zwecke mit sich. „Wenn die Bundespolizei verspricht, im Einzelfall ‚Augenmaß und gesunden Menschenverstand‘ walten zu lassen, weiß ich immer noch nicht, ob ich mein Taschenmesser nun bei mir tragen darf oder ob mir ein Zwangsgeld droht“, sagt Bogk. Für ihn und Schuster beantragte die Bevollmächtigte am 21. Dezember 2018 beim Verwaltungsgericht Berlin vorläufigen Rechtsschutz. GFF und HU unterstützen auch die Widerspruchsverfahren von zwei weiteren Betroffenen.

Die Humanistische Union ist eine unabhängige Bürgerrechtsorganisation. Seit ihrer Gründung 1961 setzt sie sich für den Schutz und die Durchsetzung der Menschen- und Bürgerrechte ein. Sie engagiert sich für das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und wendet sich gegen jede unverhältnismäßige Einschränkung dieses Rechts durch Staat, Wirtschaft oder Kirchen. Immer wieder ringt sie vor Gerichten um datenschutzrechtliche Mindeststandards für staatliche Stellen: gegen Große Lauschangriffe, den Einsatz von IMSI-Catchern, die Online-Durchsuchung oder die Einführung der Steuer-ID.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger und Klägerinnen mit exzellenten Juristen und Juristinnen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Verfassungsbeschwerden gegen die automatisierte Passbildabfrage und gegen den massenhaften Einsatz von Staatstrojanern, zuletzt gegen das neue Polizeigesetz in Baden-Württemberg.

Weitere Informationen:

Für Rückfragen stehen Ihnen RAin Anja Heinrich unter Tel. 030 / 8147 5758 sowie der Geschäftsführer der Humanistischen Union, Sven Lüders unter Mobilnr. 01520 / 183 1627 bzw. info@humanistische-union.de zur Verfügung.

Hier können Sie den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sowie die Begründung des Antrags nachlesen.

Text und Begründung der Allgemeinverfügung der Bundespolizei vom 16.10.2018, abrufbar unter https://www.bundespolizei.de/…

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