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Podiums­dis­kus­sion. Zukunft der Drogen­po­litik

Mitteilungen17303/2001Seite 9

Zusammenfassung der Podiumsdiskussion „Zukunft der Drogenpolitik“ vom 12. Dezember 2000.

Mitteilungen Nr. 173, S. 9

Die HU-Ortsgruppe in Düsseldorf organisierte am 12. Dezember 2000 eine Podiumsdiskussion zur Drogenpolitik im Weiterbildungszentrum der dortigen Volkshochschule. Geladen waren neben Vertretern einiger Fachverbände auch Mitglieder aus dem Düsseldorfer Landtag. Gekommen waren Karin Jung (SPD), Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen), Frau Dr. Dreckmann (FDP) und Theodor Kruse (CDU). Für die Fachverbände kam Hannelore Kneider (akzept e.V.), Silvia Wilfke (Krisenhilfe Bochum), Herr Schröder (Aids-Hilfe NRW) und Rainer Wendt (Polizei-Gewerkschaft). Die Einführung hielt unser Bundesvorsitzender Dr. Till Müller-Heidelberg, moderiert wurde das Podium von der Diplom Psychologin Gerda Meibach.

Einführung

Till Müller-Heidelberg eröffnete mit einer Gegenüberstellung der Folgen des legalen Drogenkonsums (Genussmittel) mit denen des Konsums illegaler Drogen, die wesentlich geringer ausfallen. Er kam zu dem Schluss, dass das mit den Folgen illegalen Drogenkonsums begründete Verbot daher widersprüchlich sei und mit genau den gleichen Argumenten auch auf Genussmittel angewendet werden könne. Weiterhin stellte er viele Folgen des Drogenkonsums als Ursache der Prohibition selbst heraus, wie zum Beispiel die Beschaffungskriminalität und die gesundheitlichen Schäden, die viele Konsumenten nehmen, die keinen Zugang zu kontrolliert sauberem Stoff haben. Nach Müller-Heidelbergs Einführung setzten die Fachverbände fort. Hier herrschte allgemeine Zustimmung zu den vorangegangenen Ausführungen. Eine deutliche Ausnahme stellte Herr Wendt von der Deutschen Polizei-Gewerkschaft im DBB dar. Er griff Müller-Heidelbergs Ausführungen scharf an und stellte seine Drogenpolitik auf drei Säulen: Konsequente Strafverfolgung: Ausschöpfung des Strafmaßes, Vollzug und Abschiebung. Hilfe für Kranke: Süchtigen muss medizinisch geholfen werden. Prävention: Neue Suchtkranke vermeiden. Weithin relativierte er Müller-Heidelbergs „legale Drogen“ und stellte diese als Genussmittel dar, welche einen ganz anderen Stellenwert in der Gesellschaft hätten als illegale Drogen. Im späteren Verlauf der Diskussion wurde dies noch von Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) als Verharmlosung der „Genussmittel“ aufgegriffen und dargelegt, dass man mit einer einseitigen Dämonisierung von illegalen Drogen über eine Verharmlosung von sogenannten Genussmitteln die Gefährlichkeit dieser Substanzen erheblich herunterspiele. Die anderen Vertreter der Fachverbände hatten ihre Schwerpunkte in der Betreuung der Suchtkranken oder in der politischen Unterstütz-ung einer akzeptierenden Drogenpolitik für eine Entkriminalisierung der Konsumenten. Bei den anschließend auftretenden Politikern stellte lediglich Herr Kruse von der CDU ein eindeutiger Befürworter der Prohibition dar. Seine Argumentation in dieser Richtung war aber dürftig und baute auf dem Ideal einer suchtfreien Gesellschaft auf. Die Widersprüche in der Behandlung von illegalen und legalen Drogen vermochte er nicht aufzulösen. Frau Jung von der SPD sah politischen Handlungsbedarf in erster Linie für die Unterstützung der Suchtkranken, während der Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen, vertreten durch Frau Steffens, diesbezüglich insbesondere im Strafvollzug Handlungsbedarf sah, da die dortigen Insassen mit ihrer Drogenproblematik völlig alleingelassen seien.In der folgenden Diskussion standen folgende Punkte schwerpunktmäßig im Vordergrund.

Gefähr­lich­keit als Argument für die Prohibition

Müller-Heidelberg greift noch einmal den Widerspruch in der Argumentation, illegale Drogen müssten wegen ihrer Gefährlichkeit verboten sein, auf. Er legt dar, dass die Substanz Heroin bei regelmäßigen Konsum im Gegensatz zu Alkohol keine Gesundheits-schäden nach sich ziehe und fordert Herrn Kruse auf diesbezüglich Farbe zu bekennen und den Widerspruch aufzuschlüsseln.  Kruse hält dem entgegen, dass die suchtfreie Gesellschaft für ihn immer noch das höchste Ziel sei und das deswegen verstärkt auf Prävention gesetzt werden müsse. Dies zu erreichen sei zwar mit Sicherheit ein sehr langer Prozess, aber letztlich wichtig, wenn man einen gesellschaftlichen Forschritt erreichen wolle. Auf Müller-Heidelbergs Frage geht er nicht ein.

Folgen der Prohibition

Frau Kneider greift diesbezüglich Herrn Wendt scharf an und gibt der Prohibition die Schuld am Elend vieler Drogenkonsumenten. Steffens und Jung wirft sie Versagen vor und stellt die Differenz zwischen dem, was die Politiker sagen und dem was sie tatsächlich als Drogenpolitik praktizieren, dar. Frau Steffens nimmt Müller-Heidelbergs Aspekt noch einmal auf und stellt die offenbare Ungerechtigkeit fest, die zwischen den Konsumenten von legalen Drogen und denen von illegalen besteht, die unter den Folgen der Prohibition zu leiden hätten, während die anderen ungestört ihre Drogen konsumieren könnten.

Abschluss

Abschließend stellt Müller-Heidelberg noch einmal das Scheitern der aktuellen Drogenpolitik fest und argumentiert gegen das Fortsetzen dieser Politik. Eine Änderung des BTM könne aber nur durch gesellschaftliche Aufklärung erreicht werden, zu der die HU mit dieser Veranstaltung ihren Teil beitragen wolle. Weiterhin dürfe die Forderung nach Liberalisierung und Abschaffung der Prohibition nicht als Eintreten für Abhängigkeit oder Sucht falsch verstanden werden. Die Gesellschaft bräuchte starke Menschen, die frei von Süchten leben können, aber einen verantwortlichen Umgang mit Drogen sollte man von diesen Menschen schon erwarten können.

                                                     Oliver Pape, Ortsgruppe Düsseldorf

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