Für ein Recht auf Frieden – Eine Anmerkung zum Antikriegstag
Am 1. September 1939 überfiel Nazideutschland Polen. An diesem Tag begann ein Vernichtungskrieg ungeheuren Ausmaßes, ein Armageddon. Der deutsche Faschismus überzog die Welt – dem Behemoth gleich – mit ungeheurem Leid. (Neumann 1984) Seit mehr als 70 Jahren wird der Erste September zur Mahnung als Antikriegstag begangen. Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffs-krieg in der Ukraine bereits zum zweiten Mal unter den Bedingungen eines Krieges in Europa.
Dieser eskalierende Angriffskrieg Russlands hat sich zu einem Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland entwickelt, der den Weltfrieden und die Fortexistenz Europas bedroht. Deutschland wird – wie einige andere NATO-Staaten auch – auf fatale Weise in den Krieg involviert. Ein Beispiel dafür sind Waffenlieferungen an die Ukraine und eine enorme militärische Aufrüstung, für die ebenso enorme Summen aufgebracht werden, die bei der Bewältigung der anstehenden ökologischen und sozialen Aufgaben händeringend benötigt werden.
Das legitime Selbstverteidigungsrecht der Ukraine gegen den Angriffskrieg Russlands führte in eine Spirale des Leidens der ukrainischen und der russischen Bevölkerung. Diese Eskalationsspirale muss gestoppt werden! Hierzu bedarf es primär des Mittels der Vernunft. (Arnold 2022) Es gibt ein Menschenrecht auf Frieden. So wie im Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das „Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person“ gewährleistet wird, existieren konkretisierende Vorstöße zur Normierung eines Menschenrechts auf Frieden. Die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 19. Dezember 2016 schlägt in ihrem Artikel 1 vor: „Jeder hat das Recht auf den Genuss von Frieden unter Bedingungen, in denen alle Menschen-rechte gefördert und geschützt werden und die Entwicklung voll verwirklicht wird.“ (Internationale Liga für Menschen-rechte 2023)
Nicht nur angesichts des aktuellen Kriegszustandes in Europa ist es fatal, dass Deutschland 2016 bei der Abstimmung über ein „Menschenrecht auf Frieden“ sowohl im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen als auch in der Generalversammlung gegen die Resolutionen stimmte. Angesichts des Friedensgebotes des Grundgesetzes erscheint dies widersinnig.
Hinsichtlich der Wiederkehr des Ersten Septembers während eines Krieges in Europa muss daran erinnert werden, wie zwingend eine Rückkehr an den Verhandlungstisch ist. (Verheugen 2022; Misselwitz 2022) Dieser Krieg erschwert die Lebensbedingungen benachteiligter sozialer Gruppen in Europa durch Hochrüstung und damit verbundenem Sozialabbau, er hat fatale Folgen für Umwelt und Klima (Sahm 2022), er birgt die Gefahr eines atomaren Infernos und wie jeder Krieg bedeutet er Tod und Verderben, Leiden und Trauer. Es gibt kein geopolitisches Interesse imperialistischer Mächte, das dieses Leid rechtfertigt.
Literatur
Arnold, Jörg 2022: Gedanken zur Aktualität von Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“. In: vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik Nr. 237-238 = Jg. 61, H. 1-2, S. 203–229.
Internationale Liga für Menschenrechte 2023: Für das Menschenrecht auf Frieden! Erklärung der Internationalen Liga für Menschenrechte zum diesjährigen Weltfriedenstag am 1. September 2023. Internationale Liga für Menschenrechte. Online verfügbar unter https://ilmr.de/2023/fuer-das-menschenrecht-auf-frieden-erklaerung-der-internationalen-liga-fuer-menschenrechte-zum-diesjaehrigen-weltfriedenstag-am-1-september-2023, zuletzt geprüft am 30.08.2023.
Misselwitz, Hans 2022: Was wird aus Europa? In: vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik Nr. 239/240 = Jg. 61, H. 3-4, S. 19–29.
Neumann, Franz 1984: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933 – 1944. Ungekürzte Ausg. Frankfurt am Main.
Sahm, Astrid 2022: Ist das Klima der Verlierer von Russlands Krieg gegen die Ukraine? In: vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik Nr. 239/240 = Jg. 61, H. 3-4, S. 87–99.
Verheugen, Günter 2022: Ab wann nahm das Verhängnis seinen Lauf? Zu den Beziehungen zwischen EU, Russland und Ukraine. In: vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik Nr. 239/240 = Jg. 61, H. 3-4, S. 7–17.
Wolfram Grams