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50 Jahre Schlapp­hut-Schnüf­felei sind genug!

Mitteilungen12/2000Seite 91-92

Mitteilung Nr. 172, S. 91-92

HU-Pressemitteilung vom 24. Oktober 2000

Die HU fordert zum Geburtstag des Verfassungsschutzes seine Auflösung.
Die Humanistische Union (HU) unterstützt die Forderung des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele nach Auflösung des Verfassungsschutzes. Das Kölner Bundesamt feiert am heutigen Dienstag (24. Oktober 2000) sein 50-jähriges Bestehen. 50 Jahre Verfassungsschutz sind nach Auffassung der größten deutschen Bürgerrechtsorganisation aber kein Ruhmesblatt für die Demokratie.
Der von Ströbele kritisierte Grundsatz der „wehrhaften Demokratie“ durch Einrichtung von Geheimdiensten birgt auch nach Überzeugung der HU mehr Gefahren für die Demokratie als möglichen Nutzen. Hier werde der Schutz der Verfassung an den Staat und seine Behörden delegiert; der beste Verfassungsschutz sei aber aktives Eintreten der Bürgerinnen und Bürger für die Demokratie. Einmal mehr belege dies die Debatte um ein Verbot der sogenannten „Nationaldemokra-tischen Partei Deutschlands“ (NPD). Die HU beschleicht die Sorge, dass mit einer Observierung rechtsradikaler Gruppierungen durch den Verfassungsschutz neue Legitimations-argumente für ein Fortbestehen des Dienstes geschaffen werden sollen.
Geheimdienste entziehen sich aber schon ihrem Wesen nach zwangsläufig der Kontrolle durch die breite Öffentlichkeit. Bespitzelung und Geheimniskrämerei passen nach Überzeugung der HU nicht in einen demokratisch verfassten Staat. Deutschlands älteste Bürgerrechtsorganisation erneuert deshalb zum „Geburtstag“ des Verfassungsschutzes ihre alte Forderung nach Abschaffung des Geheimdienstes. Schliesslich sei ein bedeutender Grund für seine Einrichtung, die Abwehr nachrichtendienstlicher Tätigkeit feindlicher Länder auf bundesdeutschem Boden, heute zum größten Teil als Begründung entfallen. Zudem erweise sich der Dienst beim Umgang mit Wirtschaftsspionage ohnehin als blauäugig, da er Aktivitäten „befreundeter“ Länder schlicht ignoriere.
Als Ersatz für den vom Staat in Geheimdienstform betriebenen Verfassungsschutz bietet die Humanistische Union ihren – jedes Jahr gemeinsam mit drei weiteren Bürgerrechtsorganisationen herausgegebenen – „Grundrechte-Report“ an (erscheint bei Rowohlt-aktuell), der eine kritische Bestandsaufnahme zum Stand der Grundrechte und zum Umgang mit ihnen auflistet.

Franz-Josef Hanke, HU-Pressesprecher

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