Publikationen / Mitteilungen

Handbuch zum Recht der Inneren Sicherheit

herausgegeben von Fredrik Roggan und Martin Kutscha

Vom Berliner Wissenschafts-Verlag ist Ende 2006 ein Handbuch für all jene verlegt worden, die sich beruflich und politisch mit der „Inneren Sicherheit“ in der Bundesrepublik auseinandersetzen wollen oder müssen. Neben der Beschäftigung mit grundsätzlichen Fragen zum komplexen Spannungsverhältnis „Innere Sicherheit“ und grundrechtliche Freiheit finden die Leser/innen hier auch das nötige rechtliche Wissen insbesondere zu den neueren Handlungsformen der Sicherheitsbehörden, die in den letzten Jahren und im Zuge der sogenannten Terrorismusbekämpfung eine besondere Brisanz entwickelt haben.

Herausgeber des  600-Seiten-Werkes sind Rechtsanwalt Fredrik Roggan und der Staatsrechtler Martin Kutscha, beides ausgewiesene Experten im Staats- und Verfassungsrecht sowie im Polizei-, Geheimdienst- und Datenschutzrecht; für die insgesamt sechs Kapitel konnten sie weitere Experten als Mitautor/inn/en gewinnen, darunter Rechtsanwälte, Polizeirechtler, Datenschutzexperten, Verwaltungs- und Politikwissenschaftler.

Im Focus der meisten Beiträge stehen die bürgerrechtlichen und rechtsstaatlichen Probleme, die mit dem fortschreitenden Einsatz moderner Technologie in einer vernetzten Welt verbunden sind: Es geht um die tiefen Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die Privat- und Intimsphäre einer Vielzahl von Menschen – keineswegs nur von „Störern“ oder Straftat-Verdächtigen, denn im Zuge der fortgeschrittenen und tendenziell unersättlichen Präventionsentwicklung werden immer mehr unverdächtige Personen in entsprechende Maßnahmen involviert. Diese reichen von der Videoüberwachung im öffentlichen Raum und der automatisierten Kfz-Kennzeichen-Überwachung, über Große Lauschangriffe und Telekommunikationsüberwachung bis hin zu IMSI-Catchern und Online-Durchsuchungen von Computern. Außerdem kommen spezielle Fahndungsmethoden und Kontrollmaßnahmen zur Sprache, wie etwa Schleier- und Rasterfahndung, DNA-Analysen und -dateien, Aufenthalts- und Ausreiseverbote, Überwachung durch RFID-Technologie. Verdeckte Ermittlungsmethoden von Polizei und Geheimdiensten, also der Einsatz von Geheimagenten, V-Leuten und Lockspitzeln, werden eingehend behandelt und problematisiert.

Auch zur Europäisierung des Rechts der Inneren Sicherheit gibt es ein ausführliches Kapitel (von Hartmut Aden und Heiner Busch), unter Berücksichtigung der wichtigsten Entwicklungen und Methoden, die auf dieser Ebene mit den besonderen Problemen mangelnder demokratischer Legitimation und Kontrolle verbunden sind.

Die beteiligten Verfasser/innen ordnen sich bei ihren Ausführungen und Abwägungen nicht bloßen Effizienzkriterien der Praxis unter, sondern beziehen sich explizit auf die Freiheitsgewährleistungen der Verfassung und gelangen auf diese Weise zu bürgerrechts- und rechtsstaatsverträglichen Positionen. Mit den Worten der Herausgeber, die auch in Bürgerrechtsorganisationen wie der Humanistischen Union und der Vereinigung Demokratischer JuristInnen (VDJ) aktiv sind: „In diesem Sinne versteht sich das … Werk als ein Beitrag zum Verfassungsschutz in des Wortes ursprünglicher Bedeutung, zu einer Kultur innerer Sicherheit, die im Interesse freier Persönlichkeitsentfaltung die Errungenschaften der europäischen Aufklärung auch angesichts der gewaltigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewahrt.“

Das Handbuch dient bestens als Orientierungshilfe, liefert einen systematischen Überblick über die aktuellen Grundfragen des Rechts der Inneren Sicherheit und zieht auch die notwendigen Folgerungen aus den höchstrichterlichen Beschlüssen, mit denen mittlerweile in zahlreichen Fällen Gesetze und Maßnahmen für verfassungswidrig erklärt worden sind. Das Werk ist klar gegliedert, mit einem Verzeichnis weiterführender Literatur und einem ausführlichen Stichwortverzeichnis versehen. Ein unentbehrliches Nachschlagewerk nicht nur für Wissenschaftler und Praktiker, sondern auch für rechts- und verfassungspolitisch Interessierte sowie für politisch aktive Personen und Organisationen, die in Konflikt mit staatlichen Gewalten geraten (könnten) oder sich juristisch zur Wehr setzen wollen (müssen).

Rolf Gössner
ist als Rechtsanwalt und freier Publizist tätig

Fredrik Roggan/Martin Kutscha (Hrsg.)
Handbuch zum Recht der Inneren Sicherheit. Mit einem Nachwort von Christian Bommarius. 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006; 608 Seiten, geb., 59 Euro

Mit Beiträgen von: Hartmut Aden, Clemens Arzt, Christian Bommarius, Heiner Busch, Martin Kutscha, Björn Gercke, Wolfgang Hecker, Gabriele Maluga, Bettina Sokol, Mark Alexander Zöller.

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