Fritz-Bauer-Preis der HU an Rechtsanwalt Hannover
Aus: vorgänge Nr. 03( Heft 03/ 1973),S. 137- 138
(vg) Der Bundesvorstand der Humanistischen Union hat beschlossen, den Fritz- Bauer- Preis für 1973 an Rechtsanwalt Heinrich Hannover, Bremen, zu vergeben.
Der Fritz- Bauer- Preis, nach dem Tode des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer 1969 von der Humanistischen Union gestiftet, wird alljährlich verliehen für Verdienste um die Reform des Rechts, die Verbesserung des Strafvollzugs und die Durchsetzung von unveräußerlichen Rechtsgarantien. Fritz Bauer, späterer hessischer Generalstaatsanwalt, nach 1933 wegen seiner konsequenten Haltung in die Emigration getrieben, Gründungsmitglied der Humanistischen Union, war einer der konsequentesten und radikalsten Verfechter einer Rechtsreform in der Bundesrepublik (Beiträge in den Vorgängen seit 1962).
Bisherige Preisträger sind Helga Einsele, Leiterin der hessischen Frauenstrafvollzugsanstalt in Frankfurt-Preungesheim; Birgitta Wolf, Einzelkämpferin für die Rechte der Strafgefangenen in der BRD; Bundespräsident Gustav E. Heinemann für seine Verdienste als Bundesjustizminister um die Einleitung einer Strafrechts- und Strafvollzugsreform; Dr. Emmy Diemer-Nicolaus, F.D.P.- MdB für ihre konsequente Haltung in allen Rechtsreformfragen der letzten Bundestags-Legislaturperiode.
Heinrich Hannover zeichnet die Humanistische Union 1973, dem Jahr des 70. Geburtstages Fritz Bauers stellvertretend für alle die Rechtsanwälte aus, die sich in den anhängigen politisch-strafrechtlichen Verfahren gegen z. B. Angehörige der Baader-Meinhof-Gruppe exponieren, obwohl sie damit erhebliche Nachteile in kauf nehmen.
Die HU identifiziert sich damit keineswegs mit den möglichen Prozessverläufen; sie will aber zum Ausdruck bringen, dass gerade in solchen Prozessen der mutige und kompromisslose Einsatz der Rechtsanwälte, um der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens willen (das gar von der Generalbundesanwaltschaft beeinflusst und infrage gestellt wurde -vgl. den Fall Schily), betont werden muss. Mögen die Baader und Meinhof am Ende freigesprochen oder verurteilt werden; hinnehmbar ist so etwas nur, wenn wenigstens (formal) das rechtsstaatliche Verfahren gesichert erscheint. Es gibt Indizien seitens der Behörden, dass dies behindert wird. Rechtsanwalt Hannover ist ein exemplarisch Betroffener in dieser Entwicklung.
Ihn durch den Fritz-Bauer-Preis zu ermutigen bedeutet den Versuch der HU, gegen alle staatspolitischen Interessen auf die Notwendigkeit eines rechtsstaatlichen Verfahrens auch für allzu leicht Massenvorurteilen unterworfene mögliche politische Straftäter hinzuweisen.