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Amnestie - Ausschuß tagt über Notstand­ge­setze

vorgängevorgänge 708/1970Seite 272
von vg

Aus: vorgänge Heft 7-8/ 1964, S. 272

(vg) Der Initiative- Ausschuß für die Amnestie und der Verteidiger in politischen Strafsachen hat am 13./ 14. Juni 1964 in Frankfurt seine 11. erweiterte Arbeitstagung durchgeführt, die insbesondere die Fragen der Notstandsgesetzgebung behandelte. Die Tagung wurde eröffnet von Rechtsanwalt und Notar Dr. Haag, Frankfurt, der, ausgehend von den Erfahrungen mit dem Art. 48 WRV, die ineinandergreifend Verbindungen zwischen politischen Strafrecht und den gegenwärtigen vorliegenden Notstandsgesetzentwürfen darlegte. Prof. Dr. Helmut Ridder, Bonn, brachte als erster Referent die Problematik der Beziehung zwischen Grundgesetz, politischer Strafjustiz und der Notstandsgesetzgebung zum Ausdruck. Rechtsanwalt und Notar Heinrich Hannover, Bremen, stellte anschließend sein Referat: „ Der totale Notstandsstaat“ unter Aspekt der Ausschaltung von Grundrechten, wober er die einzelnen Gesetzentwürfe einer eingehenden Kritik unterzog. Der Referent kam zu dem Resümee: „ Die Notstandsgesetze in ihrer Gesamtheit stellen die totale Inpflichtnahme und politischen Entmündigung der Bevölkerung sicher.“ Schließlich referiete Rechtsanwalt Dr. W Ammann, Heidelberg, zum Thema: „ Die gegenwärtige politische Strafjustiz, die Strafbestimmungen des jetzt vom Bundestag verabschiedete Vereinsgesetzes und die nunmehr vorzunehmende Amnestierung aller politischen Verfahren nach 1945.“ Der Referent stellte zum Schluß fest: „ Mit jeder positiven Entscheidung, die wir Verteidiger erstritten haben oder noch erstreiten, mit jeder Verfassungsbeschwerde und mit jedem Normenkontrollverfahren, mit jedem Tatbestand, der aus dem `Panzer´ herausfiel oder noch herausfallen wird oder jetzt geändert werden muß, wächst die Verpflichtung der Bundesrepublik, das begangene Unrecht im kalten Krieg wenigstens durch eine großzügige, umfassende Amnestie für alle politischen Handlungen, welche nicht auf Gewaltmaßnahmen gerichtet waren oder in ihnen bestand, der Gerechtigkeit und der Welt gegenüber auszugleichen und wieder gutzumachen.“

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