Themen / Frieden

Inter­na­ti­o­nale Konflikt­lö­sung und Neues Völkerrecht

06. März 2000

Bericht von einer Gemeinschaftstagung in Schwerte (Ruhr) am 4./5. März 2000

Um angesichts der Folgen des Kosovo-Krieges und der zunehmenden Akzeptanz militärischer Konfliktlösungen zivile Lösungsalternativen aufzuzeigen, veranstaltete die Humanistische Union – älteste Bürgerrechtsorganisation Deutschlands – zusammen mit deren Bildungswerk Nordrhein-Westfalen sowie der Heinrich-Böll-Stiftung NRW und der IALANA-International acossiation of lawers against nuclear arms (Juristinnen und Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen, für gewaltfreie Friedensgestaltung) eine Tagung in Schwerte.

Der Journalist und Friedensforscher Andreas Zumach aus Genf machte deutlich, dass die Vorschläge von Anfang der 90er Jahre, die Konfliktmöglichkeiten der UNO etwa durch eine Reform des Sicherheitsrates und einen Aufbau einer defensiv ausgerichteten Weltpolizeiorganisation von den NATO-Ländern ignoriert wurden, um ihre Weltmachtstellung zu erhalten und auszubauen. Zumach erläuterte ferner, dass die westeuropäischen Mächte und die USA die friedlichen Bemühungen um Beilegung des Kosovo-Konfliktes im Rahmen der UNO bewusst hätten scheitern lassen, um den Eindruck entstehen zu lassen, die UNO sei machtlos, zu einer wirksamen Konfliktlösung bedürfe es statt dessen der NATO. Der Militärpfarrer Matthias Engelke setzte sich aus theologischer Sicht mit dem Begriff der Menschenrechte auseinander und kam zu dem Schluss, dass die Menschenrechte nicht auf der Souveränität der Staaten beruhen, sondern schon dem Menschsein selbst innewohnen, weswegen es einen Missbrauch dieser Rechte darstellt, wenn Staaten die Menschenrechte für sich und ihre Taten reklamieren.

Manfred Mohr, Völkerrechtler im Vorstand der IALANA, erklärte, dass Völkerrecht nur das ist, was die Staaten durch Verträge untereinander vereinbart haben oder in Form von Gewohnheitsrecht akzeptiert haben, ein allgemeines völkerrechtliches Notwehrrecht, wie es immer wieder zur Rechtfertigung des Kosovo-Krieges herangezogen wurde, gibt es in diesem Rechtsgefüge nicht. Vielmehr normiert die UN-Charta – die Basis des heutigen Völkerrechtes – das Gewaltmonopol der UNO.

Andreas Buro, Mitbegründer des Komitees für Grundrechte und Demokratie, sah insbesondere im Streben der Großmächte USA, Japan und Westeuropa nach weltweiter Überlegenheit, im enormen Einfluss des Großkapitals sowie der zunehmenden Umwelt- und Resssourcenausbeutung potentielle Kriegsgefahren im 21. Jahrhundert. Als Lösungsmöglichkeiten nannte er den Aufbau ziviler Konfliktlösungsmechanismen unter Mitarbeit von Nichtregierungsorganisationen sowie die stärkere Kontrolle der Rüstungsindustrie und die Förderung regenerativer Energien.

Winfried Nachtwei, MdB der Grünen, stellte das Konzept bestehender Trainingskurse zur Ausbildung zum zivilen Friedensdienst vor. Er vertrat die Auffassung, dass für dieses Konzept durch mehr Öffentlichkeitsarbeit geworben werden muss und dass die Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel erforderlich ist.

Zum Abschluss erläuterte Hans Beckers, Mitglied der IOM (Internationale Organisation für Migration) am Beispiel seiner Organisation die Aufgabe ziviler Hilfsorganisationen bei der humanitären Unterstützung und dem Wiederaufbau in Konfliktregionen. In der Abschlussdiskussion wurde besondere Kritik an humanitären Einsätzen der Bundeswehr deutlich, sie dienten der Legitimation des Militärs und verschleierten, dass es für Einsätze dieser Art gar keines Militärs bedürfe, da solche Einsätze durch zivile Katastrofenschutzorganisationen ebenso bewerkstelligt werden könnten.

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