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Theologie des Wider­stan­des: Dietrich Bonhoeffer

25. September 1996
Datum: Samstag, 15. April 1995

Joachim Perels

aus: Vorgänge Nr. 133 ( Heft 1 / 1996), S. 51-62

Dietrich Bonhoeffer ist in seiner Kirche ein Außenseiter. In Gottfried Arnolds vor über 200 Jahren erschienenen „Unparteiischen Kirchen- und Ketzerhistorie“[1] sind solche Konstellationen am umfassendsten beleuchtet worden. Dies Buch, das der große christliche Aufklärer Thomasius das „beste Buch nächst der Bibel“ nannte, ist leider weniger bekannt. Gottfried Arnold stellt die These auf, die man in gewisser Weise auch auf Bonhoeffer übertragen kann, daß die Ketzer, die die verweltlichte Kirche anklagen, die die Gleichordnung von Staat und Kirche kritisieren, die wirklichen Christen sind, während die Vertreter des religiösen Apparats den christlichen Glauben verraten. Gottfried Arnold spricht von den sogenannten „Maulchristen“[2], die nur äußerlich, nicht aber im praktischen Tun Christen sind.

Dietrich Bonhoeffer ist zunächst kein Außenseiter. Er wächst in einem großbürgerlichen und liberalen Elternhaus auf. Der Vater ist Professor für Psychiatrie an der Berliner Universität, die Kinder erfahren vor allem durch Hausangestellte mit den unter-schiedlichsten Aufgaben Zuwendung und Förderung. Die geistige Entfaltungsfreiheit, die die Eltern vermitteln, hat eine große Rolle für die Entwicklung von Bonhoeffer gespielt. Im Hause Bonhoeffer wird die Vossische Zeitung gelesen, nicht etwa die Deutsche Allgemeine Zeitung, also keine konservative, sondern eine liberale bürgerliche Zeitung mit einem breiten Spektrum von Positionen. Sie tritt für die Republik ein.[3]

Außerhalb der Mauern traditioneller Theologie

Schon vor der nationalsozialistischen Machtübernahme entwickelt der junge Bonhoeffer Elemente eines lebendigen Christentums, das sich dem Bannkreis traditioneller Kirchlichkeit, die sich im alten Äon eine Nische eingerichtet hat, entgegenstellt. Bonhoeffer tritt früh, als dies in der Kirche – von kleinen Gruppen abgesehen – unüblich war, für ein pazifistisches Verständnis des Christentums ein. Das hängt damit zusammen, daß er bei seinen vielen Reisen Impulse von bedeutenden nichtkonformistischen Theologen aufnimmt. Der Theologe, der die wichtigste Rolle für seine Hinwendung zur Ablehnung des Krieges gespielt hat, der darauf insistierte, das Tötungsverbot auch in zwischenstaatlichen Beziehungen einzuhalten, ist Jean Lasserre[4]; sein Buch „Der Krieg und das Evangelium“ ist 1956 auf deutsch erschien.[5] Schon in den frühen dreißiger Jahren aber hat er die Gedankenwelt eines biblisch fundierten Pazifismus begründet. Der wesentliche Punkt bei Lasserre ist, daß er Krieg zwischen Nationen, die aus christlichen Bürgerinnen und Bürgern bestehen, als einen Angriff auf den Leib Christi ansieht, dem auch die Soldaten zugehören. Sobald sie anfangen, sich gegenseitig umzubringen, zerstören sie den Leib Christi. In einem Referat vor Studenten gibt Bonhoeffer 1932 diesen Gedanken anschaulich Ausdruck: „Die Liebe kann unmöglich das Schwert gegen einen Christen richten, weil sie es mit ihm auf Christus richtet.“[6] Und in einem Katechismus von 1931 konstatiert er mit Entschiedenheit: „(Die Kirche) weiß … nichts von der Heiligkeit des Krieges. Hier wird mit entmenschten Mitteln der Kampf ums Dasein geführt.“[7]

Der andere Theologe, der auf Bonhoeffers Entwicklung einen besonderen Einfluß ausübt, ist Karl Barth. Wichtig wird vor allem seine kompromißlose Kritik der Religion.[8] Religion ist für ihn so etwas wie eine selbstgemachte Beziehung zu einem jenseitigen Wesen. In diesem Sinne hat sie eigentlich mit Gott nichts zu tun, sondern ist eine menschliche Konstruktion, während die wirkliche Beziehung zu Christus, wie der junge Barth sich ausdrückt, „senkrecht von oben“ durch Gott selber konstitutiert wird. Durch Gott wird der Mensch unmittelbar angerührt, er besitzt über ihn aber keine Verfügungsmacht.

Diesen Impuls, nicht aber das theologische System Karl Barths, nimmt der junge Bonhoeffer auf. Es ist lebensgeschichtlich kein Zufall, daß Bonhoeffer, als er im Oktober 1933 als Pfarrer nach London geht und sich aus Deutschland zurückzieht, vorher mit Karl Barth korrespondiert. Es ihm wichtig, ob Barth diesen Schritt akzeptiert.[9] Das zeigt, wie sehr Barth, der überragende theoretische Kopf der Bekennenden Kirche in der Auseinandersetzung mit dem NS-Staat, für Bonhoeffer leitbildhafte Bedeutung hat.

Zwei Elemente sind für Bonhoeffers Denken vor 1933 bestimmend: die Friedensbotschaft Jesu und die gesamte Bergpredigt. Gegenüber der kulturprotestantischen Einbindung der Religion in die Struktur dieser Welt insistiert Bonhoeffer schon in seinen Briefen der frühen dreißiger Jahre darauf, die Bergpredigt ernst zu nehmen.[10] Die Bergpredigt wird nicht als eine exterritoriale, in dieser Welt nicht praktizierbare Botschaft angesehen, sondern an der Stellung zu ihr entscheidet sich, ob ein Mensch tatsächlich Christ ist oder nicht.

Wenn man die frühen Richtpunkte zusammenfügt, zeigt sich, daß Bonhoeffer schon vor 1933 eine gewisse Abwehr des Universalanspruchs des Staates auf Bestimmung über alle gesellschaftlichen Lebensbereiche formuliert. Es geht nicht an, daß der Staat im Krieg das Tötungsverbot suspendiert, daß er die Postulate der Bergpredigt in den privaten Bereich abdrängt. Insofern war Bonhoeffer wie nur wenige Theologen gerüstet, den Versuchungen des NS-Regimes zu widerstehen, weil er für die Königsherrschaft Christi in der Welt prinzipiell keine Schranken anerkannte.

Theologisches Nein zum NS-Staat

Früher als viele Vertreter der Bekennenden Kirche, die das NS-Regimes politisch zu-nächst oftmals unterstützen, setzt Bonhoeffer Gegen-Positionen zum totalitären Anspruch der systematischen Diskriminierung der Juden auf staatlichem und kirchlichem Gebiet.

Die staatliche Entrechtung der Juden erreicht ihren ersten Höhepunkt im Boykott jüdischer Geschäfte durch die Nationalsozialisten am 1. April 1933. Dieser berüchtigte antijüdische Boykott – „Kauft nicht bei Juden!“ stand auf vielen Schildern – wird von wichtigen Repräsentanten der evangelischen Kirche als eine Aktion begrüßt, in der sich das Volk zurecht gegen den jüdischen Einfluß wendet. In diesem Sinne äußert sich der damalige Generalsuperintendent Otto Dibelius in Berlin, später ein wichtiger Vertreter der Bekennenden Kirche.[11] Auch in der akademischen Theologie wird die Ausschaltung der Juden gefordert. Der renommierte Neutestamentler Gerhard Kittel, der 1933 „dem Kampf gegen das Judentum eine christliche Sinndeutung zu geben“ sucht, verlangt von den Juden, „alle Ansprüche auf staatsbürgerliche Gleichberechtigung“ aufzugeben“.[12]

In dieser Situation, in der die Kirche sich daran beteiligt, den staatlichen Antisemitismus ,theologisch` nachzuvollziehen, schreibt Bonhoeffer wenige Tage nach dem antijüdischen Boykott- zwischen dem 7. April und dem 14. April 1933 – einen hellsichtigen, berühmt gewordenen Aufsatz: „Die Kirche vor der Judenfrage“.[13] Dieser Aufsatz – das soll man nicht verschweigen – enthält durchaus noch Elemente unkritischer lutherischer Staatstheologie. Bonhoeffer sagt nämlich, die Gesetze, die der Staat mache, könne man als Christ letztendlich nicht beurteilen. Das sei allein Sache der öffentlichen Gewalt.

Auf der anderen Seite aber widersetzt sich Bonhoeffer bereits im April 1933 der Übertragung der staatlichen Gesetzgebung gegen die Juden auf den kirchlichen Bereich mit aller Entschiedenheit, lange bevor der Pfarrernotbund im September 1933 zur Abwehr des Arierparagraphen gegründet wird. Bonhoeffer äußert sich in einer christlichen und humanen Radikalität, in der sein späteres Handeln schon vorgezeichnet ist: Die Kirche habe an der Seite der Opfer jeder Gesellschaftsordnung zu stehen, der diskriminierten Juden in der Kirche bzw. jener Juden, die nicht mehr Pfarrer in der Kirche sein sollten. Die Kirche dürfe nicht lediglich die Opfer verbinden, sondern müsse – und hier wählt er eine außerordentlich weitreichende Formulierung – „dem Rad selbst in die Speichen fallen“, Das ist eine gegen die Diktatur gerichtete Formel, die sich von allem unterscheidet, was 1933 von kirchlichen Kritikern des NS-Regimes, auch von Karl Barth, der von der Notwendigkeit theologischer Existenz heute sprach, geäußert wird.

Die Gründung des Pfarrernotbundes ist bereits erwähnt worden: Martin Niemöller ist derjenige, der dazu die Initiative ergriffen hat. Aber Niemöller steht nicht allein. Eine der wichtigsten Gründungsurkunden des Pfarrernotbundes ist gemeinsam von Bonhoeffer und Niemöller formuliert worden. Es ist ein Protestschreiben vom 7. September 1933 an die Kirchenregierung, in dem die Differenz zwischen christlichem Glauben und „Arierparagraph“, also der Geltung der Judendiskriminierung auf kirchlichem Gebiet, scharf herausgestellt wird.[14]

Die eigentliche Bedrohung für eine unverfälschte christliche Existenz erblickt Bonhoeffer nicht in der Deutschen (Nazi-)Kirche, die ohnehin keine Kirche mehr ist. Die größte Gefahr für die Substanz des christlichen Glaubens liegt für ihn in der Orthodoxie, jenem Teil der Kirche, der für sich die rechte Lehre reklamiert und es damit genug sein läßt. In einem Brief an Reinhold Niebuhr, einem bekannten amerikanischen Theologen, markiert Bonhoeffer bereits 1934 diese Position: „Die Gefahr eines orthodoxen, ,Intakten` Kirchenkörpers ist im Westen sehr groß. Und ich halte es für sehr wohl möglich, daß eines Tages der Staat in dieser Art Kirche wirklich noch seinen besten Bundesgenossen finden wird. Eine ,orthodoxe` Kirche ist für den nationalsozialistischen Staat ganz gewiß noch eine viel sicherere Garantie als die Müller-Kirche.“[15] Die Orthodoxie ist viel gefährlicher für die Auflösung des christlichen Glaubens als die ohnehin glaubenslose Kirche des Reichsbischofs Müller. Diese Position hatte große Bedeutung für die weiteren Auseinandersetzungen der Bekennenden Kirche mit dem NS-Staat.

1935 beginnt das Nazi-Regime eine Umorganisation seiner Kirchenpolitik. Es installiert einen Kirchenminister. Er versucht, die Bekennende Kirche staatlichen Zielen zu unterwerfen: durch die Schaffung sogenannter, von der Regierung mit kirchlichen Repräsentanten besetzten Reichskirchen-Ausschüssen. Die Reichskirchen-Ausschüsse sollten das kirchliche Binnenleben mitbestimmen. Zentral ist die Verordnung vom 2. Dezember 1935, die der Kirchenminister Kerrl erläßt. In dieser Verordnung wird festgelegt, daß die Selbstverwaltung der Kirche zur Disposition gestellt wird und der Staat das Recht haben sollte, in Fragen der Ordination, des Bekenntnisses, der Bezahlung der Pfarrer von sich aus tätig zu werden.[16]

Bonhoeffer hat die Kooperation mit dem NS-Staat vermittels der Reichskirchen-Ausschüsse, wie sie insbesondere von den Landeskirchen Hannovers, Württembergs, Bayerns betrieben wird, grundsätzlich kritisiert. Er ist inzwischen der Leiter des Predigerseminars in Finkenwalde. Dort hat er eine Stellungnahme zur Akzeptanz staatlich eingesetzter Kirchenausschüsse abgegeben, die genau in der Linie der schon erwähnten Kritik an der Orthodoxie liegt. Bonhoeffer sagt: „Die Sorge um den Bestand der Volkskirche hat praktisch bereits die Sorge um das öffentliche Wort der Wahrheit überlagert. [17]

Der Reichskirchen-Ausschuß affirmiert den Antisemitismus und den Antibolschewismus, er übernimmt in großen Teilen die NS-Ideologie und versucht, sie auf den kirchlichen Bereich zu übertragen.[18] Bonhoeffer fordert stattdessen: „Nun muß eine dritte Synode … der Zersetzung der Kirche durch die Welt wehren, welche jetzt als der nationalsozialistische Staat eingreift mit seinen Finanzabteilungen, der Beschlußstelle – und den Ausschüssen und der nun die Kirche der Bekennenden in Gruppen zerreißt.“[19]

Bonhoeffer betreibt aber nicht nur Kirchenpolitik. Er arbeitet theologisch intensiv weiter. Er bildet in Finkenwalde nicht allein Pfarrer für die Bekennende Kirche aus, dazu gehören Eberhard Bethge, Werner Koch, Albrecht Schönherr oder Wolf-Dieter Zimmermann. In dieser Zeit schreibt Bonhoeffer sein Buch „Nachfolge“. Der Titel sagt schon viel. Da ist nicht einfach von „Glauben“, sondern von „Nachfolge“ die Rede. Glauben kann ja, falsch verstanden, auch rein kontemplativ aufgefaßt werden. „Nachfolge“ ist ein Wort, das ein Handlungsmoment enthält, und so ist das Buch auch intendiert. Es erscheint 1937 im Christian Kaiser Verlag in München und zieht die erste theologische Summe der Erfahrung Bonhoeffers mit dem Dritten Reich und seiner Kirche.

Das Buch setzt ein mit einer fundamentalen Kritik an dem, was er „billige Gnade“ nennt. Damit meint er: Vergebung heißt nicht, daß damit derjenige, dem die Vergebung zuteil wird, dem die Sünde vergeben wird, nun frei ist, gewissermaßen weiter zu sündigen. Das wäre eine billige Gnade, die den Menschen in seinen bisherigen Zustand beläßt. Gnade ohne Nachfolge, ohne ein Tun, das den Weisungen Jesu zu entsprechen sucht, ist keine Gnade, ist lediglich billige Gnade.[20]

In diese Interpretation sind die Erfahrungen eingegangen, die Bonhoeffer mit der Einbindung der lutherischen Landeskirchen in den NS-Staat gemacht hat. Bonhoeffer schreibt: „Ist der Preis, den wir heute mit dem Zusammenbruch der organisierten Kirchen … zu zahlen haben, etwas anderes als eine notwendige Folge der zu billig erworbenen Gnade? Man gab die Verkündigung und die Sakramente billig. Man taufte, man konfirmierte, man absolvierte ein ganzes Volk ungefragt und bedingungslos … Man spendete Gnadenströme ohne Ende, aber der Ruf in die strenge Nachfolge Christi wurde seltener gehört.“[21]

Was Nachfolge Christi konkret heißt, zeigt Bonhoeffer in einer eingehenden Auslegung der Bergpredigt. Sie ist für ihn das handlungsfordernde Zentrum der Botschaft Christi. Die Weisung der Bergpredigt -„Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!“ (Mt. 5,7) – interpretiert Bonhoeffer so: „Diese Besitzlosen, diese Fremdlinge, diese Ohnmächtigen, diese Sünder, diese Nachfolger Jesu … sind barmherzig. Sie haben eine unwiderstehliche Liebe zu den Geringen, Kranken, Elenden, zu den Erniedrigten und Vergewaltigten, zu den Unrecht Leidenden und zu den Ausgestoßenen.“[22] Die Herausforderung der vielfältigen, zumal öffentlichen Formen von Unbarmherzigkeit erschließt sich auf dem zeitgenössischen Hintergrund. Die Unbarmherzigkeit, das Gegenbild zu den Weisungen der Bergpredigt, liegt vor aller Augen. Ein Staat, der Kommunisten, Sozialdemokraten, vor allem aber Juden verfolgt, entrechtet und ins Konzentrationslager sperrt, erzeugt jene unübersehbare Zahl von Menschen, die der Barmherzigkeit bedürftig sind. Bonhoeffers Auslegung hat nicht allein eine private, sondern eine unmittelbar politische Dimension: die „Erniedrigten und Vergewaltigten“, die dem Terror des Regimes ausgeliefert sind, nötigen die Christen, an ihre Seite zu treten. Barmherzigkeit erweitert sich zum öffentlichen Handlungsgebot gegenüber den Herren dieser Welt.

Christliche Motive für politischen Widerstand

Bonhoeffers theologische Haltung, wie sie in der gegen die Unrechtsverhältnisse der Welt gerichteten Vergegenwärtigung der Bergpredigt zum Ausdruck kommt, aber auch die Erfahrungen mit dem Versagen seiner Kirche gegenüber dem großen Mordregime, sind Faktoren, die ihn dazu bringen, von 1938 an politischen Widerstand gegen das Dritte Reich zu leisten. Das ist ein entscheidender Einschnitt.[23] Man kann Bonhoeffer ja nicht mehr selber zu seinen Motiven befragen, man kann sie zum Teil nur erschließen.

Und manches hat er wohl für sich behalten, weil es viel zu gefährlich gewesen wäre, in eine Erörterung der Gründe für die Mitwirkung an der Konspiration gegen Hitler einzutreten. So hat die Frage, wie es zu Bonhoeffers politischem Widerstand kommt, teilweise auch etwas Spekulatives.

Bonhoeffers „Ethik“, die aber im Dritten Reich nicht mehr erscheinen kann, gibt ein Stück weit Auskunft über die Gründe, die ihn zum Widerstandskämpfer werden lassen. Das fragmentarische Buch ist von 1940 bis 1943 geschrieben worden, als er in der Ab-wehr als Mann des Widerstands arbeitet. Mit prophetischer Deutlichkeit geißelt Bonhoeffer das Versagen seiner Kirche. Daraus ergibt sich – so würde ich interpretieren – die praktische Schlußfolgerung: Wenn die Kirche in der Reichspogromnacht von 1938 schweigt, wenn sie die Verfolgung der Juden – abgesehen von wenigen Ausnahmen – hinnimmt, dann muß man stellvertretend mit Hilfe Gleichgesinnter, die nicht unbedingt Christen sein müssen, versuchen, dem Wagen in die Speichen zu fallen.

Bonhoeffer bezeichnet die Schuld der Kirche sehr viel konkreter als dies dann 1945 in der Stuttgarter Schulderklärung des Rates der EKD geschehen ist. Schon 1934 hat er, in einem Brief an Erwin Sutz, die Richtung angegeben: „Es muß … endlich mit der theologisch begründeten Zurückhaltung gegenüber dem Tun des Staates gebrochen werden.“[24] 1940 – die Entrechtung der Juden ist bis ins letzte Detail durchgesetzt – verschärft Bonhoeffer diese staatskritische Perspektive und faßt sie zugleich konkreter. Sie fällt zusammen mit dem Versagen der Kirche gegenüber dem furchtbarsten Schreckensregiment der deutschen Geschichte: „Sie (die Kirche) hat den Ausgestoßenen und Verachteten die schuldige Barmherzigkeit oftmals verweigert. Sie war stumm, wo sie hätte schreien müssen, weil das Blut der Unschuldigen zum Himmel schrie. Sie hat das rechte Wort in rechter Weise zur rechten Zeit nicht gefunden … Die Kirche bekennt die willkürliche Anwendung brutaler Gewalt, die leiblichen und seelischen Leiden Unschuldiger, Unterdrückung, Haß und Mord gesehen zu haben, ohne ihre Stimme für sie zu erheben, ohne Wege gefunden zu haben, ihnen zu Hilfe zu eilen. Sie ist schuldig geworden am Leben der schwächsten und wehrlosesten Brüder Jesu Christi.“[25]

Am Ende nimmt Bonhoeffer seine Kritik der Orthodoxie und der lutherischen Landeskirchen, die ihre Institution um den Preis einer weltabgewandten Verkürzung der christlichen Botschaft stabilisierten, noch einmal auf: „Durfte denn die Kirche ihr Letztes, ihre Gottesdienste, ihr Gemeindeleben gefährden, indem sie den Kampf mit den antichristlichen Gewalten aufnahm? So spricht der Unglaube, der im Bekenntnis der Schuld nicht die Wiedergewinnung der Gestalt Jesu Christi, der die Sünde der Welt trug, bekennt. Das freie Schuldbekenntnis ist ja nicht etwas, das man tun oder lassen könnte, sondern ist der Durchbruch der Gestalt Jesu Christi in der Kirche.“[26]

Ein zusätzlicher Antrieb für Bonhoeffers politischen Kampf gegen das NS-Regime ergibt sich aus seiner damaligen Lektüre. Bonhoeffer rezipiert die wichtige Schrift Karl Barths „Rechtfertigung und Recht“ von 1938[27], die in unüberbietbarer Konsequenz die theologische Entlegitimierung der Tyrannis betreibt. In dieser Schrift – Barth war nach seiner vom NS-Staat verfügten Entlassung aus dem Professorenamt in die Schweiz zu-rückgekehrt – findet sich ein dem staatlichen System unbedingten Gehorsams widersprechender Gedanke, der dann in der „Ethik“ wieder auftaucht. Karl Barth sagt: „Die grundlegende Belehrung der Kirche über ihr Verhältnis zum Staat ist ,das grelle Bild der Hinrichtung Jesu Christi durch seine Behörde`.“[28] Das heißt: Der Staat ist bei der Entstehung des Christentums eine durch und durch negative Größe gewesen. Daher ist es für einen Christen geboten, dem Staat jede Weihe, jede Überhöhung abzusprechen.

Diesen Gedanken einer Entmythologisierung des Staates greift Bonhoeffer in seiner „Ethik“ auf, die zugleich der Obrigkeitsergebenheit der lutherischen Landeskirchen im Nationalsozialismus die Legitimationsgrundlage entzieht: „Da Jesus alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat, ist er auch Herr der Obrigkeit.“[29] Er ist ihr übergeordnet. Bonhoeffer fährt fort: „Jesus ist unter Zulassung der Obrigkeit gekreuzigt worden. Die Obrigkeit, die die Unschuld Jesu erkannte und offen bezeugte, hat damit ihr eigentliches Wesen bekundet.“[30] Die Obrigkeit verliert ihre Rechtfertigung, sie muß sich messen lassen an dem Geiste der Weisungen Christi. Des Justizmords an dem Sohne Gottes schuldig, hat sie keinen Anspruch auf bedingungslose Unterwerfung. Paulus bekanntes Wort im Römerbrief Kap. 13,1 -„Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat“ – darf nicht verabsolutiert und auf einen tyrannischen Staat übertragen werden, der die Gebote Christi, vor allem das Verbot zu töten, mit Füßen tritt. „Seine Gehorsamspflicht bindet ihn solange, bis die Obrigkeit ihn direkt zum Verstoß gegen

das öffentliche Gebot zwingt …“[31]

Die theologische Entlegitimierung eines Terror-Staates hat angesichts der engen persönliche Beziehung, die Bonhoeffer zu Hans von Dohnanyi, einem der Mitverschwörer, der mit seiner Schwester Christine verheiratet ist, eine noch konkretere Bedeutung.[32] Dohnanyi ist persönlicher Referent des Reichsjustizministers Gürtner. Seit 1933 hat er eine Skandalchronik zusammengestellt, in der die Einzelverbrechen der Nationalsozialisten notifiziert werden, um nach einem gelingenden Umsturz gegenüber dem eigenen Volk und dem Ausland zu demonstrieren, daß die Opposition Hitler von Anfang an entgegengetreten ist. Für Bonhoeffer war Dohnanyi jener Gesprächspartner, der über die Rechtsverletzungen des Regimes am genauesten Bescheid wußte, weil er unter den Verschwörern den Apparat von innen her am besten kannte. Die durch Dohnanyi vermittelte Kenntnis der maßnahmenstaatlichen Struktur des Regimes, das die Rechtsgarantien für die Individuen vollständig aufhebt, bildet einen wesentlichen Antrieb für Bonhoeffers Kampf gegen das NS-Regime.

Im Gefolge der Überwindung einer unbiblischen Verklärung des Staates nimmt der politische Widerstand konkrete Formen an. Als im Oktober 1941 die ersten Deportationen der Juden in allen Städten Deutschlands in Gang gesetzt werden, verfaßt Bonhoeffer zusammen mit Friedrich Justus Perels eine Denkschrift von wenigen Seiten, in der die Deportation der Juden angeprangert und die seelischen Qualen, der die Opfer ausgesetzt werden, geschildert werden. Diese Denkschrift – es ist die erste Intervention des Widerstands, die in dieser Weise für die Juden eintritt – richtet sich an die Mitverschwörer im Militär, vor allem an den Oberst Beck, den führenden Kopf des militärischen Widerstands. Das Ziel ist, die Militärs dazu zu bringen, Hitler aus dem Regierungsamt zu entfernen, wenn er Verbrechen wie die Deportation der Juden begeht.[33]

Im Gefängnis: Theologie der Diesseitigkeit

Bonhoeffer wird zusammen mit anderen Widerstandskämpfern 1943 verhaftet und in das Gefängnis in Berlin Tegel gebracht. In dieser Zeit entstehen die berühmten Texte, die unter dem Titel „Widerstand und Ergebung“ von Eberhard Bethge nach 1945 veröffentlicht worden sind. Auch diese Texte muß man aus dem Zeitzusammenhang heraus verstehen. Es sind keine heiligen, von der Geschichte unberührten Schriften. Sie sind im Handgemenge, in der Auseinandersetzung mit theologischen Irrtümern und Fehlhaltungen entstanden, mit denen Bonhoeffer unmittelbar konfrontiert ist. Die fragmentarische Theologie des gefangenen christlichen Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer löst sich vollständig von der traditionellen Kirche, um eine neue Selbstbegründung für den christlichen Glauben, der die Wirklichkeit Jesu in allen Bereichen lebt, zu finden.

Bonhoeffer grenzt sich in bestimmtem Sinne auch von seiner eigenen Bekennenden Kirche ab, für die er Pfarrer ausgebildet hat, für die er gepredigt und geschrieben hat. Er wählt ein scharf – kritisches Wort und spricht mit Blick auf seine Kirche von einer „konservativen Restauration“.[34] Das bedeutet, daß in der kirchlichen Lehre nach wie vor das Richtige gesagt wird, daß es aber an christlichem Handeln unter den Wolfsgesetzen der Nazi-Welt mangelt. Entsprechend heißt es: „Allgemein in der Bekennende Kirche: Eintreten für die ,Sache` der Kirche etc., aber wenig persönlicher Christusglaube. Jesus ,entschwindet` dem Blick. Soziologisch: keine Wirkung auf die breiten Massen; Sache der Klein- und Großbürger.“[35] Seinen theologischen Lehrer Karl Barth zeiht Bonhoeffer des „Offenbarungspositivismus“.[36] Das Wort zielt auf eine zu große, kontemplative Sicherheit, was es mit der Menschwerdung Christi auf sich habe.

Bonhoeffer beschäftigt sich überhaupt nicht mit den Deutschen Christen. Sie kommen gar nicht vor. Das interessiert ihn nicht, sondern seine eigene, Bekennende Kirche und ihre Theologie treiben ihn um. Sie ist der eigentliche Adressat seiner Briefe und Aufzeichnungen.

Bonhoeffer zielt auf einen Perspektivwechsel der Theologie, die nicht mehr lediglich die existenziellen Fragen einer gebildeten Oberschicht reflektiert, sondern die Not der erniedrigten Unterschichten theologisch ernst nimmt. Bonhoeffer spricht fast wie später Ernst Bloch von der Notwendigkeit eines „Blicks von unten“: „Es bleibt ein Erlebnis von unvergleichlichem Wert, wenn wir die großen Ereignisse der Weltgeschichte einmal von unten, aus der Perspektive der Ausgeschalteten, Beargwöhnten, schlecht Behandelten, Machtlosen, Unterdrückten und Verhöhnten, kurz der Leidenden sehen gelernt haben.“[37]

In scharfer Abgrenzung gegen die antijudaistischen, bis in die lutherischen Landeskirchen hineinwirkenden Tendenzen, bringt Bonhoeffer das Alte Testament als Grundlage für gemeinsames christliches Handeln in den Unrechtsverhältnissen der Welt neu zum Leuchten. Obgleich als Gefangener isoliert, ist er dem gesellschaftlichen Leben als Feld christlicher Existenz verpflichtet: „Gibt es im Alten Testament die Frage nach dem Seelenheil überhaupt? Ist nicht die Gerechtigkeit und das Reich Gottes auf Erden der Mittelpunkt allem? Und ist nicht auch Römer 3, 24ff. das Ziel des Gedankens, daß Gott allein gerecht sei und nicht eine individualistische Heilslehre? Nicht um das Jenseits, sondern um diese Welt, wie sie geschaffen, erhalten, in Gesetze gefaßt, versöhnt und erneuert wird, geht es doch. Was über diese Welt hinaus ist, wird im Evangelium für diese Welt da sein.“[38]

Die auf soziales Handeln zielende Lesart des Alten Testaments ist bezeichnender Weise Thema in dem Brief, den Bonhoeffer am 21. Juli 1944, einen Tag nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler, schreibt. In ihm findet sich das gegen die Weltflucht der institutionellen Kirche gerichtete Wort von der notwendigen Diesseitigkeit des Glaubens an Jesus Christus: „Ich habe in den letzten Jahren mehr und mehr die tiefe Diesseitigkeit des Christentums kennen- und verstehengelernt; nicht ein homo religiosus, sondern ein Mensch schlechthin ist der Christ, wie Jesus … Mensch war.“[39] Was Diesseitigkeit konkret heißt, wird an anderer Stelle erläutert: „Das ,Für-andere-dasein` Jesu ist die Transzendenzerfahrung! … Unser Verhältnis zu Gott ist kein ,religiöses` zu einem denkbar höchstem, mächtigsten, besten Wesen – dies ist keine Transzendenz -, sondern unser Verhältnis zu Gott ist ein neues Leben im ,Dasein für andere`, in der Teilnahme am Sein Jesu.“[40]

Kirchliche und staatliche Ausgrenzung

Fast zeitgleich mit Bonhoeffers auf den 20. Juli 1944 antwortenden Brief, der den Gedanken eines den Nöten der Welt zugewandten Christentums ausdrückt, affirmiert der Bischof der Hannoverschen Landeskirche, August Marahrens, in seinem Wochenbrief vom 24. Juli 1944 das Nazi-System. Zum gescheiterten Attentat findet Marahrens diese geistlich-ungeistlichen, ja blasphemischen Worte: „Der verbrecherische Anschlag, der dem Leben des Führers galt, ist mit seinen unabsehbaren Folgen, die er für unser Volk in seinem Kampf auf Leben und Tod gehabt haben würde, durch Gottes Gnade abgewendet. Unmittelbar nachdem uns das Attentat zur Kenntnis kam, haben wir deshalb bestimmt, daß im Kirchengebet der gnädigen Bewahrung des Führers in Dank und Fürbitte gedacht werde. Wir danken Gott, daß er unserem Führer Leben und Gesundheit bewahrt und in der Stunde höchster Not unserem Volke erhalten hat. Möchte die überwundene Gefahr unserem dankbaren Volk die Kraft restlosen Einsatzes erhöhen.“[41]

Die kirchliche Abwehr von Bonhoeffers christlicher Widerstandspraxis endete nicht mit dem Zerbrechen Nazi-Deutschlands. Zwar gedenkt Bischof Dibelius in einer Predigt vor der Synode der Berlin-Brandenburgischen Kirche im Juli 1945 Bonhoeffers „in Liebe und Dankbarkeit vor Gott“ – nicht zuletzt im Blick auf die „evangelische Ethik, die er seiner Kirche schenken wollte“;[42] zwar erinnert Landesbischof Wurm in seinem Hauptreferat auf der Kirchenkonferenz von Treysa im August 1945 auch an Dietrich Bonhoeffer.[43] Aber zur gleichen Zeit bildet sich schon eine andere Sichtweise heraus, die ein größeres Gewicht hat. Die Kirchenleitung der Berlin-Brandenburgischen Kirche, der wiederum Bischof Dibelius angehört, verweigert im Juli 1945 in einer Kanzelabkündigung dem christlichen Widerstand die Anerkennung und geht, anders als gegenüber den christlichen Märtyrern, zu politischen Opfern des Regimes auf Distanz. [44] Der Bischof der lutherischen Kirche Bayerns, Meiser, weist ebenfalls eine christliche Akzeptanz der Ausschaltung des Tyrannen von sich.[45] Und die lutherische Landeskirche Hannovers, die bei weitem größte Deutschlands, wiederholt 1946 ihre schon im Krieg verfochtene Verwerfung einer christlich begründeten Verschwörung gegen Hitler: „Was den 20. Juli 1944 betrifft, so können wir auch heute nicht zugeben, daß es Sache der Kirche gewesen wäre, den politischen Umsturz organisatorisch mitvorzubereiten und einen politischen Mordanschlag religiös-ethisch zu rechtfertigen … Wir glauben, daß es der Lehre der Heiligen Schrift entspricht, wenn die Kirche das Wort Gottes als Gesetz und Evangelium bezeugt, die Gemeinden zu bauen und zu festigen sucht und im übrigen dem Gericht Gottes, das die Tyrannen dieser Welt noch immer zur rechten Zeit ereilt hat, nicht vorgreift.“[46]

Es wäre angemessener gewesen, wenn die Kirchenleitung die Dankesworte, die Bischof Marahrens in seinem schon erwähnten Wochenbrief vom 24. Juli 1944 für die Errettung Hitlers durch Gott ausspricht, zum Gegenstand einer selbstkritischen Erörterung gemacht hätte, als daß diejenigen, die sich als Christen dem Regiment des großen Mörders entgegenstellten, in unbußfertiger Anmaßung außerhalb des christlichen Glaubens gestellt werden.

Aber nicht nur die Kirche tut sich schwer mit der Bejahung von Bonhoeffers politischem Widerstand. Auch der Staat, speziell die Justiz, verweigert Bonhoeffer die rechtliche Anerkennung für sein Tun. Dietrich Bonhoeffer ist 1956 vom Bundesgerichtshof zusammen mit anderen Widerstandskämpfern wie Canaris, Dohnanyi, Oster de facto erneut verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof spricht den Vorsitzenden Richter, der Bonhoeffer in dem sog. Standgerichtsverfahren vom April 1945 zur Ermordung preisgab, frei. Die Begründung lautet, daß dieser Richter nur das damals geltende Recht angewandt habe. Die entscheidende Frage, ob die NS-Justiz nicht ein System „gesetzlichen Unrechts“ (Radbruch) darstellte, wirft der Bundesgerichtshof gar nicht erst auf. Im übrigen wurde nicht einmal das NS-Recht zutreffend angewandt. Das SS-Standgericht war kein zuständiges Gericht, denn Bonhoeffer gehörte wegen seiner Tätigkeit im Militär auch in den Bereich der Militärgerichtsbarkeit. Das Gericht selber war nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt. Ein Beisitzer war der KZ-Kommandant von Flossenbürg, wahrlich kein Richter. Es ist ein Hohn, das Verfahren gegen Bonhoeffer als rechtlich korrekt anzusehen, das noch 1956 den Freispruch des NS-Richters gebietet – ein böses Fehlurteil der jungen Bundesrepublik, das die Opfer des NS-Regimes ein zweites Mal ihrer Würde beraubt.[47]

Keine Entschärfung Bonhoeffers

Die lang anhaltende Ausgrenzung des politischen Christen Bonhoeffer, die in einem Artikel von F.W. Graf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in haltlosen Unterstellungen – unter anderem sei Bonhoeffer durch „homoerotische Neigungen angefochten“[48] gewesen – noch einen sinistren Nachhall fand, ist sonst aus dem allgemeinen Bewußtsein weitgehend verschwunden. Das zeigen neben der Verbreitung seiner Schriften in großen Teilen der Welt, besonders in Südafrika – von der „Nachfolge“ sind insgesamt 80000 Exemplare verkauft worden -, die großen Gedenkveranstaltungen der EKD und der Berlin-Brandenburgischen Kirche aus Anlaß seines 50. Todestages [49] Bonhoeffer erscheint als großes Beispiel für ein Christsein ohne dem Leerlauf veräußerlichter Kirchlichkeit.

Heute besteht eher die Gefahr – Eberhard Bethge hat darauf hingewiesen -, daß Bonhoeffer zum Heiligen entschärft wird. Dann geht sein Anspruch „antiklerikaler Kirchlichkeit“[50], sein vielfaches jesuanisches Nein zur eigenen Kirche verloren. Ein praktisches Ernstnehmen seiner Schriften aus der Nazi-Zeit kann dies verhindern.

[1] G. Arnold, Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie. Vom Anfang des Neuen Testaments bis auf das Jahr 1688. Frankfurt/M. 1729

[2] E. Seeberg, Gottfried Arnold (1923), Darmstadt 1964, S. 187

[3] E. Bethge, Dietrich Bonhoeffer, München 1967, S. 38ff., S. 161

[4] Ebd., S. 190f.

[5] München 1956

[6] E. Bethge (Anm. 3), S. 254

[7] Ebd., S. 230

[8] K. Barth, Der Römerbrief (1918), Zürich 1940, s. auch E. Bethge (Anm. 3), S. 102ff., S. 107

[9] D. Bonhoeffer, London 1933-1935, Gütersloh 1984, S. llff.

[10] Ebd., S. 171, S. 204, S. 272f.

[11] W. Gerlach, Als die Zeugen schwiegen. Bekennende Kirche und Juden, 2. Aufl. Berlin 1993, S. 40f.

[12] Zit. nach M. Buber, Offener Brief an Gerhard Kittel (Juli 1933), in: ders., Die Stunde und die Erkenntnis, Berlin 1936, S. 172

[ 13] D. Bonhoeffer, Gesammelte Schriften, Bd. II, München 1959, S. 44ff.

[14] E. Bethge (Anm. 3), S. 363ff.

[15] D. Bonhoeffer (Anm. 9), S. 170ff.

[16] Abgedruckt bei J. Beckmann (Hg.), Kirchliches Jahrbuch 1933-1945, Gütersloh 1948, S. 195f.

[17] E. Bethge (Anm. 3), S. 567

[18] J. Beckmann (Anm. 15), S. 104, W. Niemöller, Die Evangelische Kirche im Dritten Reich, Bielefeld 1956, S. 170

[19] E. Bethge (Anm. 3), S. 567

[20] D. Bonhoeffer, Nachfolge, 2. Aufl., München 1940, S. lff.

[21] Ebd. S. lOf.

[22] Ebd. S. 60f.

[23] Vgl. E. Bethge (Anm. 3), S. 698ff.

[24] D. Bonhoeffer (Anm. 9), S. 204

[25] D. Bonhoeffer, Ethik, hrsg. v. E. Bethge, München 1949, S. 49f. Vgl. auch J. Perels, Die Hannoversche Landeskirche im Nationalsozialismus 1935-1945, Beiheft zu Junge Kirche (Bremen) 9/1995

[26] D. Bonhoeffer (Anm. 25), S. 51

[27] E. Bethge (Anm. 3), S. 699

[28] K. Barth, Rechtfertigung und Recht (1938), in: ders., Eine Schweizer Stimme 1938-1945, Zürich 1945, S. 18

[29] D. Bonhoeffer (Anm. 24), S. 263

[30] Ebd.

[31] Ebd., S. 267

[32] E. Bethge (Anm. 3), S. 702f., C. v. Dohnanyi, Zu den Zossener Akten, ebd. S. 1098

[33] E. Bethge (Anm. 3), S. 836

[34] D. Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung (1951), München 1990, S. 173

[35] Ebd. S. 205

[36] Ebd. S. 140

[37] Ebd. S. 26

[38] Ebd. S. 143

[39] Ebd. S. 194

[40] Ebd. S. 205

[41] Landesbischof Marahrens, „Wochenbrief“ vom 24. Juli 1944 (Nr. 1827 XI, 14), S. 1

[42] E. Bethge, In Zitz gab es keine Juden, Erinnerungen an meine ersten vierzig Jahre, München 1989, S. 225

[43] Treysa 1945. Die Konferenz der Evangelischen Kirchenführer 27.-31. August, Lüneburg 1946, S. 12

[44] E. Bethge (Anm. 42), S. 226f.

[45] Ebd. S. 227

[46] Die Haltung der Hannoverschen Landeskirche im Kirchenkampf und heute (1946), in: E. Klügel, Die lutherische Landeskirche und ihr Bischof, Dokumente, Berlin 1965, S. 222

[47] J. Perels, Die schrittweise Rechtfertigung des NS-Justiz. Der Huppenkothen-Prozeß, in: P. Nahamowitz, S. Breuer (Hg.), Politik-Verfassung-Gesellschaft. O. Massing zum 60. Geburtstag, Baden-Baden 1995, S. 51ff., C.U. Schminck-Gustavus, Der ,Prozeß` gegen Dietrich Bonhoeffer und die Freilassung seiner Mörder, Bonn 1995

[48] F. W. Graf, Suche nach letzter Gewißheit. Dietrich Bonhoeffers Glaube und Wider-stand, FAZ v. 15.4.95, s. dazu den treffenden Leserbrief von K.D. Bracher, FAZ v. 25.4.95

[49] W. Huber (Hg.): Mut in böser Zeit. Gedenken an Dietrich Bonnhoeffer und seine Freunde, Berlin 1995

[50] D. Bonhoeffer (Anm. 34), S. 123

Kategorie: vorgänge: Artikel

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