„Wenn die Würde gewürdigt würde“. Bundesweite Tagung zu Sozialen Grundrechten
Datum: | Samstag, 30. Januar 2010 |
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Uhrzeit: | 10:30:00 Uhr |
Samstag, 30. Januar 2010 von 10.30 Uhr – 17.00 Uhr
Historischer Saal des Rathauses Marburg (Markt 1, 35037 Marburg)
„Fördern und fordern!“ … unter dieser Parole wurden im Jahr 2004 die neuen Regeln von Hartz IV kommuniziert. Dahinter stand die Vorstellung, dass der Staat keine Leistungen ohne Gegenleistung gewähren kann. Wer Sozialleistungen in Anspruch nehme, solle sich dafür erkenntlich zeigen. Doch was von Bezieherinnen und Beziehern des Arbeitslosengeldes II (ALG II) in der Praxis alles gefordert wird, das werten viele als massiven Eingriff in die Bürgerrechte der Betroffenen: Sie müssen private Beziehungen offen legen, ihre finanziellen und ihre häuslichen Verhältnisse werden durchleuchtet.
Der sozialstaatliche Informationshunger und der permanente Kontrollzwang werden damit begründet, dass man die schier uferlose Anspruchshaltung der Leistungsempfänger eindämmen müsse, dass so der „Missbrauch“ von Sozialleistungen unterbunden werde. Die Betroffenen hingegen erleben diese Einschränkungen beim Bezug des ALG II als nahezu unbegrenzte Macht der Sozialbehörden. Jene seien dank umstrittener Sanktionsmöglichkeiten in der Lage, ihnen auch noch das existentielle Minimum streitig zu machen. Vielen teilen dabei die Empfindung, dass ihre Menschenwürde auf der Strecke bleibt.
Werden Grundrechte nicht zur Makulatur, wenn das Existenzminimum zur Teilhabe an unserer Gesellschaft nicht von vornherein garantiert ist? Birgt die Gleichung von „Sozialleistungen nur gegen Einschränkung von Grundrechten“ nicht schon die immanente Gefahr, das betroffene Freiheitsgarantien generell für verzichtbar erklärt werden? Soll dem Staat das Recht zustehen, die Wohnungswahl, die Privatsphäre, die Freizügigkeit, die freie Berufs- und Stellenwahl oder das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit bei Erwerbslosen massiv einzuschränken? Schließt nicht unser oberster Verfassungsgrundsatz, der Schutz menschlicher Würde, notwendigerweise auch die sozialen Existenzbedingungen mit ein?
Diese Fragen möchte die Humanistische Union erörtern. Die Tagung soll eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation in Deutschland liefern: Sie wird eröffnet mit einer volkswirtschaftlich begründeten Darstellung des vorhandenen gesellschaftlichen Reichtums, mit dem wir die angebliche Logik der Sparzwänge hinterfragen und eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten einer Sozial- und Beschäftigungspolitik gewinnen wollen. Die weiteren Beiträge widmen sich der Anwendungspraxis von Hartz IV, die im Zentrum der Tagung steht. Schließlich will sie einen Beitrag zur Diskussion um soziale Grundrechte leisten, die zur menschenwürdigen Ausgestaltung einer gerechten Gesellschaft wünschenswert oder sogar notwendig sind.
Die Tagung bietet einen freimütigen und unvoreingenommenen Austausch unterschiedlicher Positionen und Sichtweisen. Im Mittelpunkt stehen die betroffenen Menschen und ihre Würde, ohne die politische und ökonomische Realisierbarkeit von Vorstellungen einer sozial gerechteren Gesellschaft aus dem Blick zu verlieren. Alle Interessierten sind herzlich zur Teilnahme an der Veranstaltung eingeladen.
Programm
10.30h Begrüßung
Franz-Josef Hanke, HU Marburg
Egon Vaupel, Oberbürgermeister der Stadt Marburg
10.50h Musikalische Einstimmung
Trio Grafitti
11.00h Ist der Sozialstaat unbezahlbar? Zur angeblichen Notwendigkeit von Einschnitten in die Sozialen Grundrechte
Rudolf Hickel, Universität Bremen (angefr.)
12.00h Mittagspause
13.00h Die Grundrechte in der Praxis von SGB II und Hartz IV
Aus anwaltlicher Sicht
Peter Hauck-Scholz, MarburgAus richterlicher Sicht
Udo Geiger, Sozialgericht Berlin
15.00h Kaffeepause
15.30h Soziale Gerechtigkeit und soziale Grundrechte – eine positive Festlegung
Aus Sicht des Sozialethikers
Friedhelm Hengsbach SJ, LudwigshafenAus Sicht des Staatsrechtlers
Martin Kutscha, FH Wirtschaft, Berlin
17.00h Zusammenfassung und Ausblick
Rosemarie Will, Vorsitzende der HU
Moderation: Stephan Sonntag, Heilbronn
Teilnahme und Anmeldung
Die Tagung findet im Historischen Saal des Rathauses Marburg statt. Sie erreichen das in der Altstadt gelegene Rathaus am besten zu Fuß oder ab dem Hauptbahnhof mit der Buslinie 10 (Haltestelle Markt/Rathaus).
Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei möglich. Kosten für die Anreise und Übernachtung können von den Veranstaltern leider nicht übernommen werden. Es wird um eine unverbindliche Anmeldung bis zum 20. Januar 2010 gebeten:
Humanistische Union Marburg
Tel.: 06421 / 6 66 16
Fax: 030 / 204 502 57
E-Mail: tagung2010@hu-marburg.de
Internet: www.tagung.hu-marburg.de
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