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21. Juni 2014
Datum: Samstag, 21. Juni 2014

Edward Snowden

Dankesworte des Preisträgers an die Humanistische Union

Anmerkungen

Es ist mir eine Ehre, heute Abend die Gelegenheit zu nutzen, um viele bei der Humanistischen Union anzusprechen, die über so lange Zeit so intensiv für die Menschrechte gearbeitet haben. Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich heute nicht persönlich erscheine, aber man hat mir gesagt, dass ich immer noch daran gehindert bin, nach Deutschland einzureisen.

Ich denke, dass dies jedoch kein Grund zur Sorge ist, weil die Tatsache, dass dieses Einreiseverbot zur gleichen Zeit besteht wie der Wunsch des Deutschen Parlaments, mich zu befragen. Ich denke, dieser Wunsch spricht für sich selbst so viel deutlicher, als alles, was ich aussagen könnte. Genau genommen war das letzte Jahr bedeutsam für die Zivilgesellschaft, auch wenn dies nur ein Anfang war und uns äußerst wichtige Aufgaben noch bevorstehen. Ich vermute, dass wir das vergangene Jahr weniger wegen der Veränderungen unserer Politik, sondern viel mehr wegen der Veränderungen unseres Denkens in Erinnerung behalten werden.

Was wir als Öffentlichkeit in einem Jahr erreicht haben, ist, der Welt die Tatsache der Einschränkungen unsrer Rechte, unserer Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit, sogar der Gedanken- und Handlungsfreiheit zu offenbaren. Noch entscheidender ist, dass nicht wir Menschen uns geändert hatten, sondern die Politik, und das dies insgeheim, ohne öffentliche Debatte oder Zustimmung geschehen ist. Diese heimliche Abkehr der Regierung von einem Beteiligungsstaat hin zu einem geschlossenen und technokratischen Staat, wird, so denke ich, das Licht, das jetzt darauf geworfen wurde, nicht überstehen. Wir rufen: „Immer ein Bürger, nie ein Untertan!“.

Auch wenn es richtig ist, dass diese Exzesse nicht heute, morgen oder in einem Monat korrigiert werden können, so wird es doch immer klarer, dass hier die Aufgabe einer ganzen Generation begonnen hat, und die hier Versammelten repräsentieren die Speerspitze unserer Bürgerrechte, eine Versammlung von Menschen, die in Erinnerung rufen, dass Sicherheit nie auf Kosten der Preisgabe von Freiheitsrechten erlangt wurde. Gerade in dieser Woche konnten wir sehen, wie das Magazin „Der Spiegel“ neue Einzelheiten über die wissentliche Mittäterschaft der deutschen Regierung bei der Einschränkung von Datenschutzrechten zu Gunsten amerikanischer Geheimdienste ans Licht brachte – die Berichte hierüber werden weiter gehen, genauso wie die Anstrengung zur Erneuerung.

Heute wissen wir mehr als gestern. Ja, wir wissen, dass der Raum unserer Freiheiten eingeengt wurde, aber jetzt dämmern uns neue Möglichkeiten. Wir wissen, dass wir einen strahlenden neuen Ausgangspunkt erreicht haben, um für alle, die nach uns kommen, es zu ermöglichen, die gleichen Rechte zu genießen, die wir einmal ererbt hatten.

Zusammen können wir das Gleichgewicht der Freiheit wieder herstellen, nicht nur für unsere Länder und uns selbst, sondern auch für Familie unsererZukunft und die weite Gemeinschaft der Menschheit selbst.

Es ist mir eine große Ehre mit Ihnen in einer Reihe zu stehen und ich danke Ihnen sehr für all Ihre Mühe und Unterstützung.

Moskau, den 21. Juni 2014

(ins Deutsche übersetzt von Roland Schäfer)

Kategorie: Verband: Fritz-Bauer-Preis

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