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HU-BB-­Ge­sprä­che: Ein neues ASOG. Ein besseres Berliner Polizei­ge­setz?

22. Juli 2020
Datum: Mittwoch, 22. Juli 2020
Uhrzeit:18:00:00 Uhr

Zum Nachgucken: Das Gespräch, ein konzentrierter Überblick über den Gesetzesvorschlag, innenpolitische Probleme und Positionen dazu, ist online:

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Als SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen 2016 ihren Koalitionsvertrag „Berlin gemeinsam gestalten. Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen.“ vorstellten, lobte die Humanistische Union Berlin-Brandenburg die vielen guten bürgerrechtlichen Projekte. Seitdem herrschte in der Innenpolitik ein Stillstand, der erst vor wenigen Wochen durch die Präsentation von Änderungen im ASOG (dem Berliner Polizeigesetz), eines Versammlungsfreiheitsgesetz und der Stelle einer unabhängigen Polizeibeauftragten aufgelöst wurde.

In den kommenden Wochen will der HU-Landesverband Berlin-Brandenburg diese Gesetzesvorschläge kritisch diskutieren.

Den Auftakt macht das Gespräch zum ASOG am Mittwoch, den 22. Juli 2020, um 18.00 Uhr in https://vk1.minuskel.de/b/axe-2pm-3p7

mit

Frank Zimmermann (Sprecher für Innenpolitik der SPD-Abgeordnetenhausfraktion)

Burkard Dregger (innenpolitischer Sprecher der CDU-Abgeordnetenhausfraktion)

Benjamin Jendro (Pressesprecher, Gewerkschaft der Polizei – Landesverband Berlin)

In dem „Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits-und Ordnungsgesetzes und anderer Gesetze“ (Drucksache 18/2787 vom 12. Juni 2020) wird unter anderem folgendes im ASOG geändert:

– Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass innerhalb eines übersehbaren Zeitraums eine terroristische Straftat“ begangen wird. Dabei ist auch der Einsatz eines Imsi-Catchers möglich. Die Regel wird nach drei Jahren evaluiert und tritt nach vier Jahren außer Kraft.

– Standortabfrage zu Telekommunikations-Endgeräten

– Einführung von Bodycams zum Schutz von Polizeivollzugskräften, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Dritten. Auch Betroffene können die Aufzeichnung verlangen und auf die Daten zugreifen. Die Regel wird nach zwei Jahren evaluiert und tritt nach drei Jahren außer Kraft.

– Besserer Schutz von Berufsgeheimnisträger*innen

– Neue Regeln zur Gefährderansprache, zu Meldeauflagen, zu Sicherheitsgesprächen und zum Operativen Opferschutz

– Einsatz von V-Personen künftig, wie bei verdeckten Ermittlern, nur durch durch die Polizeipräsidentin und mit Richtervorbehalt

– Verkürzung des Unterbindungsgewahrsams aus Gründen des Grundrechtsschutzes von vier auf höchsten zwei Tage

Die innenpolitischen Sprecher der drei Regierungsfraktionen sagen zu dem Gesetzesvorschlag:

Frank Zimmermann (SPD-Fraktion): „Dieser Entwurf ist ausgewogen und hält die notwendige Balance zwischen polizeilichen Interessen und individuellen Grundrechten. Die Polizei erhält wichtige zusätzliche Befugnisse zur Terrorbekämpfung wie die Telekommunikationsüberwachung zur Gefahrenabwehr oder die Standortabfrage bei den TK-Unternehmen. Und wir freuen uns, dass wir nun den Beamtinnen und Beamten mit den Bodycams ein wirksames Instrument zur Eigensicherung an die Hand geben können.“

Niklas Schrader (Linksfraktion): „Ich hoffe, dass dieses Gesetz auch Strahlkraft über Berlin hinaus entfalten wird. Eine Reform des Polizeigesetzes geht auch ohne sicherheitspolitische Symbolpolitik auf Kosten der Grundrechte. Die Polizei bekommt in einigen Punkten mehr Rechtsklarheit. Progressive Innenpolitik bedeutet aber auch, polizeiliche Befugnisse auf den Prüfstand zu stellen und die Freiheitsrechte wo immer möglich zu stärken.“

Benedikt Lux (Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen): „Die rot-rot-grüne Koalition legt eine echte Alternative zu den Polizeigesetzen anderer Bundesländer vor. Dort gab es einseitig massive Verschärfungen zu Lasten der Bürger*innenrechte, gegen die Hunderttausende protestiert haben. Uns ist dagegen ein ausgewogener Entwurf gelungen, der sowohl die Grund- und Freiheitsrechte, Opferschutz und Transparenz stärkt, als auch polizeiliche Befugnisse gezielt verbessert.“

Burkard Dregger, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion Berlin, sieht es anders: „Der Koalitionsentwurf für ein neues Polizeirecht hält nicht, was er verspricht. Er bleibt weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück, wie wir sie mit unserem Entwurf für ein ,Gesetz zur Verbesserung der Terrorabwehr und Kriminalitätsbekämpfung‘ bereits vor zwei Jahren vorgelegt haben.

Die vorgeschlagene Regelung eignet sich nicht für eine Telekommunikationsüberwachung gegen die organisierte Kriminalität. Die Clans werden ungestört weitermachen können. Über die Verkürzung des Unterbindungsgewahrsams dürfen sich terroristische Gefährder und andere gefährliche Personen ebenso freuen wie über die nach wie vor nur in Berlin fehlende Schleierfahndung und die ebenfalls fehlende elektronische Fußfessel zur Aufenthaltsüberwachung von terroristischen Gefährdern.

Dass die Videoaufklärung nach wie vor fehlt, befördert das Geschäftsmodell von Intensivtätern, Drogendealern und der Bewohnern der Rigaer Straße 94. Die Chance, mit dem Taser (Elektroschockgerät) ein im Vergleich zur Schusswaffe milderes Mittel einzuführen, wurde ein weiteres Mal ausgelassen.

Dieser Gesetzentwurf wird keinen Beitrag zur Stärkung der Sicherheit in Berlin leisten, die mit dem ,Beamtendiskriminierungsgesetz‘ der Koalition bereits einen schweren Schlag erlitten hat.

Benjamin Jendro (Gewerkschaft der Polizei, Landesverband Berlin): „Es ist schön, dass Rot-Rot-Grün nach langen Ankündigungen endlich einen Entwurf zur Novellierung des ASOG vorgelegt hat, über den wir diskutieren können. Es gibt positive Aspekte, aber auch Dinge, bei denen man nachjustieren muss. Wir brauchen die Bodycam auch bei den Ordnungsämtern und die Möglichkeit, in Wohnungen zu filmen. Wenn man die Kennzeichnungspflicht fixiert, sollte man diese auch gefahrenabwehrend tun und die Möglichkeit zur Auskunftssperre fixieren. Unerklärlich ist uns, warum man nicht gleich noch ans UZwG herangegangen ist und den Taser sowie den Finalen Rettungsschuss gesetzlich geregelt hat.“

Vorschau

Die nächsten Gespräche sind

am Mittwoch, den 5. August, zur Unabhängigen Polizeibeauftragten und

am Dienstag, den 18. August, zum Versammlungsfreiheitsgesetz.

Weitere Informationen folgen.

Links

Abgeordnetenhaus: Gesetzesvorschlag der Regierung: „Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits-und Ordnungsgesetzes und anderer Gesetze“ (Drucksache 18/2787 vom 12. Juni 2020): https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-2787.pdf

Abgeordnetenhaus: Gesetzesvorschlag der CDU-Fraktion: „Gesetz zur Verbesserung der Terrorabwehr und Kriminalitätsbekämpfung“ (Drucksache 18/1163 vom 20. Juni 2018): https://www.parlament-berlin.de/ados/18/IIIPlen/vorgang/d18-1163.pdf

Homepage von Frank Zimmermann: https://frank-zimmermann.berlin/

Homepage von Burkard Dregger: https://www.burkard-dregger.berlin/

Homepage der Gewerkschaft der Polizei, Landesverband Berlin: https://www.gdp.de/gdp/gdpber.nsf/id/home_de

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