Beitragsbild Registermodernisierungsgesetz - der letzte Schritt zum gläsernen Menschen?
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Regis­ter­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz - der letzte Schritt zum gläsernen Menschen?

06. September 2021
Ort:https://vimeo.com/640694329
Datum: Freitag, 10. September 2021
Uhrzeit:19:00 Uhr

Videoaufzeichnung der Diskussionsveranstaltung zum Registermodernisierungsgesetz

In einer Auftaktveranstaltung  zur diesjährigen Mitgliederversammlung der Humanistischen Union diskutierten Prof. (i.R.) Dr. Rosemarie Will (Mitglied des Bundesvorstandes der HU) und Sven Hermerschmidt. Referatsleiter beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unter der Moderation von  Sven Lüders, HU, Berlin. Das Podium verband die verfassungsrechtlichen Argumente mit den datenschutzrechtlichen und informationstechnischen Einwänden gegen das Gesetz. Dabei ging es um folgendes:

  • Welche Bedeutung hat die Einführung der IDNr für die Erhebung, Speicherung und Verwendung persönlicher Daten?
  • Ist das das Verbot einer PKZ aus dem Volkszählungsurteil aufrecht zu erhalten? Wenn ja, ist eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der IDNr überhaupt möglich? Wenn nein, braucht es eine neue Grundsatzentscheidung zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung, die den Datenschutz mit der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung zeitgemäß mit einander verbindet?
  • Ist die IDNr eine verbotene PKZ?
  • Kann das im Gesetz vorgesehene 4-Corner-Modell verhindern, dass Daten nicht zwischen zwei Behörden beliebig ausgetauscht werden und unberechtigten Profile gebildet werden?

Die HU hat die Diskussion zum Registermodernisierungsgesetz bisher mit einer ausführlichen Stellungnahme im Rahmen der Verbändeanhörung des Innenministers  und zwei PMs zum in Kraft treten des Gesetzes kritisch begleitet. Das Registermodernisierungsgesetz legt fest, dass die 2007 eingeführte Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-IDNr) zur allgemeinen Identifikationsnummer (IDNr) wird. Mit Hilfe der IDNr werden nun die Datensätze in den 56 wichtigsten öffentlichen Registern geordnet, um Datenabgleiche zu Personen zu ermöglichen. Die betroffenen Register erstrecken sich über die Bereiche Inneres, Justiz, Wirtschaft und Finanzen, Arbeit und Soziales, Gesundheit, Statistik.

Die HU ist der Meinung, dass damit der Mensch gläsern wird, weil der Staat mit Hilfe der IDNr jederzeit auf alle staatlich verfügbaren persönlichen Daten zugreifen kann, um sie miteinander zu verknüpfen. Die HU hat bereits bei Einführung der Steuer-IDNr darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil mit dem dort eingeführten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung genau dies verhindern wollte. Danach ist eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit, die die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen oder auch nur Teilabbildern der Persönlichkeit erlaubt, unvereinbar mit der Menschenwürde (vgl. BVerfGE 65, 1, 53f.). Das Gericht hat deshalb ausdrücklich die Einführung eines einheitlichen Personenkennzeichens (PKZ) verboten, weil das eine solche Zusammenführung ermögliche bzw. „ein entscheidender Schritt“ dafür sei. Weder der für das Gesetz federführende Innenminister, noch die Bundesregierung, die das Gesetz initiiert hat, noch die Regierungskoalitionen die ihm zugestimmt haben können erklären, warum die IDNr. keine verbotene PKZ ist. Gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte bereitet die HU deshalb eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz vor.

 

Ein Mitschnitt der Diskussion steht hier zur Verfügung.

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