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Verfas­sungs­schutz­be­hörden sind überflüssig

05. Dezember 1991

Till Müller – Heidelberg

aus: Weg mit dem „Verfassungsschutz“ – der (un)heimlichen Staatsgewalt. Enzyklika für Bürgerfreiheit, HU-Schriften 17, München 1991, Seite 9 – 10

  1. Der Verfassungsschutz schädigt aber nicht nur die Verfassung – obendrein nützt er auch nichts. Er ist überflüssig. Er konnte weder den Spion Guillaume im Bundeskanzleramt noch das Attentat auf den Sprecher der Deutschen Bank Herrhausen verhindern, er deckte nicht einmal bei seinem bevorzugten Beobachtungsobjekt – der DKP – auf, daß diese gemeinsam mit der SED eine militärische Untergrundorganisation aufgebaut hat, diese Enthüllung (wie so viele) blieb dem SPIEGEL vorbehalten (Nr. 2/1990). Und kein Nachrichtendienst erkannte rechtzeitig die sich in der DDR und im gesamten Ostblock anbahnen-den Umwälzungen, die Nachrichtendienste wußten genauso viel wie jeder andere Bürger und wurde ebenso von der sanften Revolution der demokratischen Bürgerinnen und Bürger in der DDR überrascht.
  2. Eine Organisation, die nichts nützt, sondern nur schadet, muß abgeschafft werden. Deshalb fordert die HUMANISTISCHE UNION:  Weg mit dem Verfassungsschutz!

Demgegenüber leugnen die Verteidiger des Verfassungsschutzes nicht die Skandale und Fehler, halten diese jedoch nur für Pannen, die verhindert wer-den müßten (was wegen ihrer Systembedingtheit nicht möglich ist), und sehen Gefahren für unseren Staat bei einer ersatzlosen Abschaffung des Verfassungsschutzes. Daher ist zu überlegen, was mit den gesetzlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes geschieht, wenn es ihn nicht mehr gibt: Sie sind überflüssig oder schon anderswo erfaßt.
Im übrigen herrscht hier offensichtlich ein gespaltenes Bewußtsein: Bei der Abschaffung der Staatssicherheit in der DDR und der Verhinderung der Neuinstallation eines Verfassungsschutzes dort waren sich alle einig, voran der Bundeskanzler und der Bundesinnenminister. Dabei handelte es sich ja auch um Schnüffelinstitutionen „bei den anderen“. Und in der Bundesrepublik? Müssen westdeutsche Bürger bespitzelt und überwacht werden, ostdeutsche nicht? So fragten wir im letzten Jahr.
Diese Frage ist inzwischen beantwortet. Der bundesdeutsche „Verfassungsschutz“ wird nun auf das Gebiet der DDR ausgedehnt, kaum daß sich die Bevölkerung der DDR der Stasi entledigt hat. Wir meinen, dies ist der falsche Weg. Vielmehr gälte es, die Amter für „Verfassungsschutz“ im vereinten Deutschland abzuschaffen.
Daß er überflüssig ist, zeigt sich bei einer Analyse seiner gesetzlichen Aufgaben.

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