Bundesregierung schlägt ein verfassungswidriges Anti-Terror-Datei-Gesetz vor
Erste Lesung im Bundestag zur Änderung des Anti-Terror-Datei-Gesetzes. Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union fordert die Abgeordneten auf, das verfassungswidrige Gesetz abzulehnen
Der Bundestag beschäftigt sich heute in erster Lesung mit der vom Bundesverfassungsgericht veranlassten Änderung der Gesetze zur Anti-Terror-Datei (ATD) und zur Rechtsextremismus-Datei (RED). Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union sieht in den von Polizei und Geheimdiensten gemeinsam genutzten Datenpools einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte. Sie fordert die Abgeordneten auf, das verfassungswidrige Gesetz abzulehnen.
„Der Bundesregierung scheint es nicht darum zu gehen, die Anti-Terror-Datei nach den vom Verfassungsgericht aufgestellten Maßstäben auszugestalten. Vielmehr unterläuft der Vorschlag diese Maßstäbe in vielfacher Weise“, sagt Rosemarie Will, Professorin für öffentliches Recht und ehemalige Bundesvorsitzende der Humanistischen Union.
Schon einmal ist der Gesetzgeber mit seinem Anti-Terror-Datei-Gesetz vor dem Verfassungsgericht gescheitert. Mit seinem Urteil vom 24. April 2013 hob das Gericht eine Fülle von Einzelregelungen des Gesetzes wegen ihrer Verfassungswidrigkeit auf. Das Gesetz wurde nicht insgesamt aufgehoben, weil das Gericht die Datei lediglich als ein Instrument der Informationsanbahnung ansah, das grundsätzlich nicht der Wahrnehmung operativer Aufgaben dienen darf.
Rosemarie Will meint dazu: „Im jetzt vorgelegten Entwurf geht es nicht nur um Informationsanbahnung. Im Gegenteil sollen Geheimdienste und Polizei die Daten erweitert nutzen können. Das verletzt den Maßstab des informationellen Trennungsgebots zwischen Geheimdiensten und Polizei, den das Gericht an die Datei gelegt hat.“
Die Brisanz liegt im Detail: Das Verfassungsgericht entschied im Jahr 2013, dass die Daten im Einzelfall nach Maßgabe des jeweiligen Fachrechtes zwischen Polizei und Geheimdiensten getauscht werden dürfen. Es forderte, dass die Austauschregeln des Fachrechtes dem informationellen Trennungsgebot genügen müssten, hatte diese Regeln aber selber nicht verfassungsrechtlich überprüft. Der vorgelegte Gesetzentwurf erweitert die Recherchemöglichkeiten innerhalb der Datei, ohne dass im Fachrecht etwas verändert worden ist.
„Das Fachrecht wird noch nicht einmal einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unterzogen“, ergänzt Rosemarie Will. „Damit werden die vom Verfassungsgericht aufgestellten Maßstäbe für die Anti-Terror-Datei unterlaufen. Außerdem will die Regierung die Gesetze verewigen. Bisher haben sie eine klare Frist, nach der sie evaluiert werden sollen. Die Gesetze ohne Evaluation fortzuschreiben ist verheerend. Die Nutzung der Datei stellt schließlich einen schweren Eingriff in die Grundrechte dar.“
Weitere Informationen zur Kampagne „ausgeschnüffelt: Verfassung schützen – Geheimdienst abschaffen“ finden Sie im Internet unter www.verfassung-schuetzen.de.
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Astrid Goltz, Campaignerin Humanistische Union, kampagne@humanistische-union.de, Tel.: 030-20450256, mobil: 0152-56111704