Gesetz zum Großen Lauschangriff heute im Bundestag durchgewunken
Humanistische Union sieht Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht ausreichend umgesetzt
Bei der heutigen Verabschiedung des Gesetzes zur akustischen Wohnraumüberwachung wurde wieder einmal deutlich, wie wenig sich die parlamentarische Mehrheit um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts schert.
Das Gesetz unterläuft nach Auffassung der Humanistischen Union in zahlreichen Punkten die konkreten Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 3. März 2004 für die Neuregelung der akustischen Wohnraumüberwachung aufgestellt hatte.
Wesentlicher Kritikpunkt ist der nach wie vor unzureichende Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Der Gesetzgeber hat es versäumt, im Gesetz klar zu definieren, unter welchen konkreten Umständen der Lauschangriff verboten ist. Es kann nicht sein, dass eine weitere „Exemplifizierung“ in diesem Bereich der Rechtsprechung überlassen wird und bis dahin der Lauschangriff ausgereizt wird.
An dem verabschiedeten Gesetz kritisiert die Humanistische Union ferner, dass es den vom Bundesverfassungsgericht benannten „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ nur in Privatwohnungen verortet. Persönliche Gespräche in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz fallen jedoch auch unter diese Privatsphäre.
In der Anhörung des Rechtsausschusses vom 16.3.2005 beklagten die Polizeiexperten, durch den vorliegenden Gesetzentwurf wäre der Lauschangriff praktisch kaum noch durchführbar. Für die Humanistische Union ist die Konsequenz klar: Auf das Instrument des Großen Lauschangriffs ist zu verzichten, wenn es anderenfalls nur unter Verletzung des absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung eingesetzt werden kann.