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Humanis­ti­sche Union lehnt Gesetz­ent­wurf zu neuem Antiter­ror-Straf­recht ab

23. März 2015

Der Deutsche Bundestag berät derzeit über einen Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zur Änderung der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG-Änderungsgesetz). Dieser sieht unter anderem vor, dass bereits die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat strafbar sein soll (§ 89a StGB-Entwurf).

Die Bundesregierung begründet ihren Entwurf unter anderem damit, dass sie den Vorgaben der (grundsätzlich völkerrechtlich verbindlichen) Resolution 2178 (2014) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen folge. Mara Kunz vom Bundesvorstand der Humanistischen Union (HU), stellt dies in Frage: „Der UN-Sicherheitsrat ist nicht dazu legitimiert, strafrechtliche Vorgaben zu machen. Sein Aufgabenbereich beschränkt sich laut UN-Charta auf bestimmte Maßnahmen bei konkreten Konflikten. Mit der Resolution 2178 überschreitet der Sicherheitsrat seinen Kompetenzbereich und höhlt die Souveränität der Mitgliedsstaaten aus.“ Von einer Pflicht, die Resolution in nationales Recht umzusetzen, könne deshalb keine Rede sein.

Aber auch inhaltlich lehnt die Bürgerrechtsorganisation den Entwurf des BMJV ab. Schon die 2009 eingeführten Regelungen der §§ 89a, 89b StGB sahen sich der Kritik der Vorverlagerung der Strafbarkeit und damit der Aufweichung der Trennung von Strafrecht und Gefahrenabwehrrecht ausgesetzt. „Bereits die bisherige Fassung genügt nach Auffassung vieler ExpertInnen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Schuldprinzip im Strafrecht, sowie an die gebotene Verhältnismäßigkeit und Bestimmtheit der Norm. Dies gilt erst recht für die geplante Änderung des § 89a StGB“, so Kunz. Künftig soll bereits das Unternehmen der Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, ein „foreign fighter“ zu werden, strafbar sein. Im Unterschied zum existierenden § 89b StGB ist es dabei nicht erforderlich, dass bereits Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung aufgenommen wurden. Damit wird die Strafbarkeit eines Verhaltens auf einen Zeitpunkt vorverlagert, zu dem das zu verletzende Rechtsgut noch in keiner Weise konkretisiert ist, es bedarf vielmehr noch einer Reihe von Handlungen und Entscheidungen, um eine Rechtsgutsgefährdung herbeizuführen. Nach der neuen Fassung würde ein objektiv neutrales Verhalten bestraft, bei dem lediglich die „Gesinnung“ des Ausreisewilligen über die Strafbarkeit seines Verhaltens ausschlaggebend sei. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 8. Mai 2014 klargestellt, dass der (bisherige) § 89a StGB nur verfassungsrechtlich haltbar ist, wenn er einschränkend dahingehend ausgelegt wird, dass der Täter/die Täterin bei den Vorbereitungshandlungen zur Vornahme der späteren terroristischen Handlung bereits fest entschlossen seien. Die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit wäre jedoch überschritten, wenn die Strafbarkeit damit begründet würde, dass der Täter/die Täterin das Vorhaben nur möglicherweise umsetzt. Neben den offensichtlichen Nachweisschwierigkeiten in der Praxis wird damit auch klar: eine noch weiter ins Vorfeld ausgreifende Strafbarkeit, wie sie die geplante Änderung vorsieht, ist verfassungsrechtlich nicht vertretbar.

Auch wenn vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung dem geplanten § 89a StGB kaum Verurteilungen folgen werden, bleibt eine Einführung keineswegs folgenlos“, betont Mara Kunz. Die Aufnahme ins Strafgesetzbuch eröffne bei entsprechenden Verdachtsmomenten die Nutzung der strafprozessualen Ermittlungs- und Repressionsinstrumente, etwa der Telekommunikationsüberwachung und der Untersuchungshaft. „Strafwürdiges Verhalten begründet die Notwendigkeit von Ermittlungsbefugnissen, umgekehrt darf aber der Wunsch nach mehr Ermittlungsbefugnissen nicht eine Strafbarkeit begründen.

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