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Scharfe Waffen

01. März 2007

Paketlösung: Eine Berliner Debatte über Sterbehilfe

FAZ-Meldung vom 01.03.2007, S. 98

…Um „die Freiheit zu sterben“ ging es, und nachdem tagsüber „Selbstbestimmung, Sterbehilfe und Patientenverfügungen aus unterschiedlicher Perspektive erörtert worden waren, sassen abends die politischen Protagonisten der Debatte auf dem Podium. Unter hinter ihnen ein Schattenheer: „Götter in Weiß“, gewissenlose Buchhalter der Gesundheitsindustrie, eiskalt berechnende Angehörige, gefühlige Todesengel. Und, gleich doppelt, der Patient selbst.

Glaubte man Monika Knoche, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der „Linken“ im Bundestag, ist der Patient ein flatterhaftes Wesen, beim Unterschreiben der Patientenverfügung in gesunden Tagen ein völlig anderer als im Zustand fortgeschrittener Demenz im Sterbezimmer.

… Knoches Verdacht, dass die Diskussion um die Selbstbestimmung Sterbewilliger nicht zufällig in Zeiten einer „Durchökonomisierung des Gesundheitwesens“ neu aufgebrochen sei, wies der Bonner Strafrechtler Torsten Verrel scharf zurück. Hier bestehe seit mehr als zwanzig Jahren erhebliche Rechtsunsicherheit.

… Unhaltbar sei es, dass über Leben und Lebensende das Vormundschaftsgericht entscheide, betonte der SPD-Abgeordnete und ehemalige Richter Joachim Strünker, der einen an einer weitgehenden Autonomie des Patienten orientierten SPD-Gruppenantrag vorgelegt hat. “ Da kommt eine grüne Akte auf den Tisch und der Vormundschaftsrichter hat den Patienten noch nie gesehen.“

… Die Patientenverfügung ohne Beschränkung sei eine scharfe Waffe, betonte der CDU- Abgeordnete Markus Grübel, der auf der Tagung den dritten derzeit diskutierten Gruppenantrag vertrat.

Deutliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Reichweitenbegrenzung hatte zuvor der Jurist Ulf Kämpfer (Kiel) geäußert, der sich in einer von Bernhard Schlink betreuten verfassungsrechtlichen Dissertation mit Fragen der Selbstbestimmung Sterbewilliger befasst hat.

… „Hohe Anforderungen an die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen und rechtliche Sicherungen zur Vermeidung von Willensmängeln und irrtümlichen oder missbräuchlichen Entscheidungen sind verfassungsgemäß“, so Kämpfer.

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