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Tausend­fache illegale Daten­spei­che­rung beim nieder­säch­si­schen Verfas­sungs­schutz muss Konse­quenzen für Ämter aller Bundes­länder haben

15. Mai 2014

Die Task Force der niedersächsischen Landesregierung findet rund 3.500 illegal gespeicherte Personendaten im Landesamt für Verfassungsschutz. Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union fordert Datenüberprüfungen in allen 17 Verfassungsschutzämtern und mittelfristig deren Auflösung

Angesichts der immensen Zahl an illegal gespeicherten Personendaten im niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz fordert die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) Datenkontrollen durch unabhängige Kommissionen in allen Bundesländern und auf Bundesebene. Das Systemversagen in Niedersachsen ist für die Bürgerrechtsorganisation ein weiterer Beweis für die notwendige Abschaffung des Inlandsgeheimdienstes.

Wenn die Behörde 40 Prozent ihrer Datensätze löschen muss, weil sie entweder zu unrecht oder viel zu lange gespeichert wurden, dann hat sie versagt. Im großen Umfang hat der Inlandsgeheimdienst Gesetze gebrochen, etwa indem er 200 Kinder und Jugendliche illegal ausspionierte“, sagt Astrid Goltz, Leiterin der Kampagne „ausgeschnüffelt“ der Humanistischen Union. Goltz weiter: „Wir geben dem niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius Recht, dass es sich hier nicht um einzelne Fehler handelt, sondern dass ‚ein System versagt hat‘.

Udo Kauß, Rechtsanwalt und Landesvorsitzender der Humanistischen Union in Baden-Württemberg, fügt hinzu: „Jede illegale Speicherung ist eine zu viel. Denn hinter jedem Datensatz steht eine Person mit verletzten Rechten. So wie die Studentin, die nur deshalb in der Datenbank des Inlandsgeheimdienstes auftaucht, weil sie in einem von der Polizei als Szeneobjekt gewerteten Mietshaus wohnte. Wir glauben nicht, dass Niedersachsen schlimmer ist als die anderen Bundesländer. Niedersachsen ist kein Ausreißer in Sachen Überwachung Unbescholtener, sondern der Normalfall. Deshalb sollten die Daten jetzt in allen Bundesländern sowie auf Bundesebene von unabhängigen Kommissionen überprüft werden. Wir fordern insbesondere die Bundesländer auf, aktiv zu werden, die nach den Verstrickungen der Verfassungsschutzämter in den NSU-Skandal Reformen angestoßen haben wie Thüringen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Thomas von Zabern, Mitglied des Landesvorstands der Humanistischen Union in Bremen, meint: „Auch die Datenschutzbeauftragten der Länder sind an den Kommissionen zu beteiligen, die jetzt die Verfassungsschutzämter kontrollieren sollen. Sie brauchen mehr Mitarbeiter und sollten in allen Ländern sowie auf Bundesebene jedes Jahr die Ämter für Verfassungsschutz einer eingehenden Prüfung unterziehen und der Öffentlichkeit davon berichten. Das wäre im auch Sinne der von Verfassungsschutzpräsident Maaßen angekündigten ‚Transparenzoffensive‘.

Das Systemversagen in Niedersachsen wirft erneut die Frage auf, ob wir nicht auf den Inlandsgeheimdienst verzichten können“, sagt Astrid Goltz. „Unbescholtene zu Staatsfeinden machen und Bürger/innen ohne Verdachtsmoment ausspionieren – diese Gesinnungsschnüffelei gibt es in anderen europäischen Ländern nicht. Sie ist einer Demokratie im 21. Jahrhundert unwürdig.

Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union sieht gerade nach den jüngsten Skandalen alle Reformbemühungen für einen demokratisch agierenden und kontrollierbaren Verfassungsschutz als ungenügend an und fordert mit ihrer bundesweiten Kampagne, das Bundesamt und die Landesämter dieses Geheimdienstes zu schließen. In den kommenden Monaten sind bundesweit Veranstaltungen und Aktionen geplant. Weitere Informationen zur Kampagne finden Sie im Internet unter http://www.verfassung-schuetzen.de.

Pressekontakt:
Astrid Goltz, HU-Kampagnenleiterin
kampagne@humanistische-union.de,
Tel.: 030-20450256, mobil: 0152-56111704

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