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Anfor­de­rungen an das wissen­schaft­liche Arbeiten

Mitteilungen18001/2003Seite 3

Mitteilungen Nr. 180, S.3

Vielfach werden unter dem Deckmantel der Wissenschaft Meinungen artikuliert. Doch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten in Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung folgende Anforderungen beachten:

  1. Wissenschaftliche Aussagen sind an Alltagserfahrungen zu messen. Der „gesunde Menschenverstand“, die Aufgaben der Sprache (Gerhard Roth) und ihre besondere Logik (Willy Sanders) sind dabei zu bedenken.

  2. Das Fragliche ist so zu erklären, dass es der Mann auf der Straße versteht.

  3. Aussagen sind, wenn möglich, mit Ursachen und Wirkungen zu erklären. Logische und mathematische Bedingungen sind anzugeben.

  4. Was zeitlich und räumlich begrenzt ist (wie Materie oder Lebensvorgänge), das sollte als begrenzt bezeichnet werden. Was als zeitlich und räumlich unbegrenzt angesehen wird, das sollte als unbegrenzt ausgegeben werden.

  5. Die Gedanken sind frei: Das ist ein beglückendes Gedicht. Leider sind die Gedanken nicht frei, auch wenn sie – klug – verheimlicht werden. Gedanken, auch die scheinbar freiesten Phantasien, unerläßlich für Lebensgefühl und Selbsteinschätzung, sind Lebensvorgänge und damit begrenzt. Allein das einmalige Weltbild jedes einzelnen, dazu Irrtum, Denkbehinderung und Selbsttäuschung verhindern, dass irgendein Mensch in der Lage und frei ist, sich mehr auszudenken, als sein derzeitiges Gefühl hergibt und sein Verstand bis dahin gelernt hat.

  6. Metaphysische Wörter und Sätze sind zu unterlassen. Es handelt sich um Schein-Aussagen, die u.a. Rudolf Carnap mit Hilfe der Sprachanalyse entlarvt hat.

  7. Es kann lediglich erklärt werden, was früher war und was heute ist; über die Zukunft kann nichts Endgültiges ausgesagt werden.

  8. Was ausgesagt wird, muß beweisbar, und es muß widerlegbar sein. Keine Aussage darf als unzweifelhaft richtig ausgegeben werden; denn Aussagen sind nur vorläufig richtig und bleiben verbesserungsbedürftig.

  9. Bei jeder Aussage muß dazu aufgefordert werden, sie zu widerlegen.

Konrad Schmidt

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