Einrichtung einer Beschwerdestelle bei der Bundespolizei HU fordert Nachbesserungen
aus: HU-Mitteilungen Nr. 226 (2/2015), S. 3
Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, hat die Einrichtung einer Beschwerdestelle bei der Bundespolizei angekündigt. Damit reagiert er auf die jüngst bekannt gewordenen mutmaßlichen Folterfälle bei der Bundespolizei. Die Humanistische Union begrüßte die Ankündigung Romanns in einer Pressemitteilung vom 26.5.2015 grundsätzlich als einen Schritt in die richtige Richtung, allerdings seien die Pläne nicht konsequent genug. So soll die Beschwerdestelle ausschließlich als Ansprechpartner für Polizeibeamte fungieren, Opfer von Übergriffen können sich nicht an sie wenden. Zudem soll die Stelle innerhalb der Bundespolizei selbst angesiedelt werden.
Dazu Anja Heinrich vom Bundesvorstand der HU: Eine solche Beschwerdestelle kann zur Aufklärung von polizeilichen Übergriffen nur in einem sehr begrenztem Umfang beitragen. Sie hilft nur dann, wenn polizeiliches Fehlverhalten und Übergriffe durch andere KollegInnen aufgedeckt werden. Den Opfern polizeilichen Fehlverhaltens fehlt trotz einer solchen Beschwerdestelle auch weiterhin ein adäquater Ansprechpartner. Sie sind auch künftig gezwungen, sich nach der Tat an die Ermittlungsbehörden zu wenden. In der Praxis geschieht dies nur selten, da die Betroffenen aufgrund ihrer Erlebnisse oft Angst haben, sich gerade der Polizei anzuvertrauen. Häufig bleiben polizeiliches Fehlverhalten und Übergriffe daher im Dunkeln – nicht zuletzt, weil die Betroffenen wissen, dass sie im Falle einer Anzeige gegen Polizisten mit einer Gegenanzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bedroht sind.
Die Humanistische Union fordert daher, dass die geplante Beschwerdestelle bei der Bundespolizei auch für die Opfer polizeilichen Fehlverhaltens ansprechbar sein muss. Sie soll zweitens außerhalb der Bundespolizei, zum Beispiel beim Parlament, angesiedelt und durch ein Gesetz abgesichert werden. Eine gesetzliche Regelung hätte zudem den Vorteil, dass sie nicht durch den einfachen Beschluss eines Polizeipräsidenten wieder aufgehoben werden kann. Damit die Beschwerdestelle nicht als bloßer Kummerkasten fungiere, ist die Beschwerdestelle drittens mit umfassenden Kompetenzen und Untersuchungsbefugnissen auszustatten. Dazu gehören das Recht zur sofortigen Sichtung des Tatorts, die Befragung von Beschwerdeführern, Zeugen und Sachverständigen, das Recht auf Ladung und Vernehmung von Polizeibediensteten sowie Einsichtsrechte in Akten und Datensysteme von Polizei und Staatsanwaltschaft. Den Mitgliedern der Beschwerdestelle muss es gestattet sein, Polizeidienststellen auch unangemeldet zu betreten. Zudem empfiehlt die HU jährliche Berichte der Beschwerdestelle an das Parlament sowie deren Anhörung in Gesetzgebungsverfahren. Nur so sei gewährleistet, dass polizeiliches Fehlverhalten besser aufgeklärt und strukturelle Verbesserung bei der Polizei vorgenommen werden.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung der Humanistischen Union vom 26.5.2015
Kriterien für eine unabhängige Kontrollinstanz zur Untersuchung von Polizeigewalt, siehe HU-Mitteilungen Nr. 217 (Heft 2/2012), S. 12
Gesetzentwurf der HU zur Institutionalisierung eines Polizeibeauftragten, in: vorgänge Nr. 204 (4/2013), S. 51-58