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Fritz-­Bau­e­r-­Preis 2016 für die Gefan­ge­nen­-­Ge­werk­schaft / Bundesweite Organi­sa­tion

in: HU-Mitteilungen Nr. 230 (3/2016), S. 3

Die Humanistische Union (HU) verleiht ihren diesjährigen Fritz-Bauer-Preis an die Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation. Sie würdigt deren Bemühungen um angemessene Standards der Gefangenenarbeit. Die Organisation setzt sich für die Anwendung des gesetzlichen Mindestlohns auf arbeitende Gefangene, für deren Teilnahme an der gesetzlichen Sozialversicherung und die volle Gewerkschaftsfreiheit für Gefangene ein. Sie wurde im Mai 2014 gegründet. Gegen große Widerstände in den Justizvollzugsanstalten versuchen die Initiatoren, die kollektiven Arbeitnehmerrechte der derzeit ca. 45.000 inhaftierten Beschäftigten in Deutschland zu stärken.
Werner Koep-Kerstin, der Vorsitzende der HU, begründet die Entscheidung: „Es gehört seit Jahrzehnten zu den selbstgesteckten Zielen des Gesetzgebers, dass das Leben im Vollzug den Lebensbedingungen in der Freiheit so weit als möglich anzugleichen sei. Davon sind wir in Deutschland weit entfernt. Sowohl die dürftige Entlohnung (weit unterhalb des Mindestlohns), wie auch die fehlenden Beiträge zur Rentenversicherung stellen für die inhaftierten Arbeiter/innen eine doppelte Bestrafung dar. Es sind Bausteine für ihren Weg in die Altersarmut. Es gibt keine vernünftige Begründung, warum das so sein muss – außer der, dass sich an Gefangenen leicht sparen lässt, weil sie keine Lobby in der Öffentlichkeit haben.“ Mit der Vergabe des Fritz-Bauer-Preises erneuert die Humanistische Union ihre Aufforderung an die Justizminister der Länder, die im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Rentenversicherungspflicht eingesetzt haben: „Die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherungspflicht darf nicht weiter aufgeschoben werden“, so Koep-Kerstin. „Die seit 1976 bestehenden Vorgaben des Strafvollzugsgesetzes sind endlich umzusetzen.“

Die Preisverleihung findet am Samstag, dem 17. September 2016 um 19 Uhr in Hannover statt. Der Preis wird vom Sprecher der Gewerkschaftsinitiative, Oliver Rast, entgegen genommen. Beim Festakt wird die Laudatio von der Strafrechtlerin und Kriminologin Prof. Dr. Kirstin Drenkhahn gehalten; Prof. Johannes Feest, der langjährige Leiter des Bremer Straffvollzugsarchivs, wird die Preisvergabe begründen.

Der Fritz-Bauer-Preis ist die höchste Auszeichnung der Humanistischen Union. Der ideelle Preis wird im Gedenken an Dr. Fritz Bauer, den 1968 verstorbenen hessischen Generalstaatsanwalt und Mitbegründer der Humanistischen Union verliehen. Der Preis wurde von der Humanistischen Union im Juli 1968, zwei Wochen nach dem Tod Fritz Bauers, gestiftet. Er wird derzeit alle zwei Jahre vergeben.

Mit der diesjährigen Verleihung kehrt der Fritz-Bauer-Preis zu seinen Wurzeln zurück: Bereits die erste Preisvergabe an Helga Einsele (1969) war ein Signal für den dringenden Reformbedarf im Strafvollzug. Zur Begründung hieß es damals: „Die HU wollte mit dieser … Vergabe des Fritz-Bauer-Preises zugleich die Öffentlichkeit aufmerksam machen auf die Dringlichkeit gerade der Reform des Strafvollzugswesens, das von der Gesellschaft und ihren Institutionen weitgehend noch stiefmütterlich vernachlässigt wird.“

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